Zurück zur Übersicht

Wie es das ausgefallene Oktoberfest in ein Praxisprojekt schaffte

Ein Dirndl hängt an einem Kleiderbügel. Im Bild ist das Oberteil des rot-weiß-karierten Dirndls mit einer grünen Schürze und einer weißen Kurz-Arm-Bluse zu sehen.

Anwendungsorientierte Lehre? Das geht auch in einem Online-Semester. BWL-Studierende haben unter anderem die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Marketingstrategien von Unternehmen untersucht. Und sind dafür belohnt worden.

Cannstatter Wasen, Oktoberfest, Volksfest – alle diese Feste sind in diesem Jahr ausgefallen. Das trifft nicht nur Schausteller hart, sondern zum Beispiel auch die Hersteller von Trachtenmode. „Ohne die Traditionsfeste fehlt der Kaufanreiz für ein neues Dirndl“, sagt Anna Thalhofer. Was sie wie dagegen tun könnten, damit hat sich die BWL-Studentin mit ihren Kommilitoninnen Laura Kirchhof und Melanie Weißer intensiv beschäftigt. So erfolgreich, dass ein Dirndl-Hersteller dem Team als Anerkennung Dirndl aus seiner aktuellen Kollektion geschenkt hat.

Lehrbeauftragte Katrin Mattes hatte die Studierenden in ihren Veranstaltungen – Vorlesung Marketing und Vorlesung Brandmanagement - mit der Aufgabe betraut, sich mit einer Marke intensiv auseinanderzusetzen. Produkte, Zielgruppen sowie die spezifischen Markt- und Wettbewerbsumfelder sollten sie beleuchten, aufzeigen, wo sich die Marke aktuell befindet und kurz- und langfristige Entwicklungsstrategien entwickeln.

Nischenmarke als eigene Marke

Die Aufgabenstellung war eine Reaktion auf die Einschränkungen durch die Corona-Maßnahmen. Schon in den vorausgegangenen Semestern hatte Katrin Mattes auf die Praxisorientierung großen Wert gelegt und Besuche, Führungen und Gespräche mit Marketingverantwortlichen bei bekannten Marken organisiert. Exkursionen mit allen Teilnehmer*innen und Diskussionen vor Ort waren jedoch im zurückliegenden Semester nicht möglich, weshalb die Lehrbeauftragte andere Wege beschritt. Die Studierenden sollten nun nicht eine der großen, allen bekannten Marken vor Ort kennenlernen, sondern sich eine Nischenmarke aussuchen und „zu ihrer eigenen machen“.

Viel Input auch aus anderen BWL-Veranstaltungen

Axel Treffeisen hat mit seinem Kommilitonen Benjamin Schmidt zum Beispiel den Auftritt des Bauunternehmens Schneestern „von Grund auf durchleuchtet“, wie er sagt. Die Firma ist spezialisiert auf den Bau von Skate-Anlagen, Bike-Parks, Ski- und Snowboardparks und Wakeboardanlagen. Bei der Analyse definierten die Studenten zwei Hauptzielgruppen, die sich allerdings stark voneinander unterscheiden: Zum einen die „Initiatoren“, hippe junge Leute, die die Gerätschaften für einen Actionpark nutzen. Zum anderen die eher seriösen „Entscheider“, Vertreter*innen von Kommunen, die letztlich die Aufsicht über die Anlage und Ausgaben für einen Actionpark haben. „Die differenzierte Ansprache der beiden Zielgruppen ist eine Herausforderung, wir haben darüber sehr viel diskutiert“, betont Treffeisen. Dabei stellten sie fest, dass sie in der Arbeit viel Input auch aus anderen BWL-Veranstaltungen zusammenführen konnten, so zum Beispiel das Thema Strategieentwicklung und Implementierung bei Prof. Dr. Klaus Kohlöffel.

Präsentation vor Firmenvertretern

Nachdem sie sich so intensiv mit der Firma beschäftigt hatten, wollten die Studenten ihre Analyse und Empfehlungen nicht in der Schublade verschwinden lassen. Katrin Mattes ermutigte sie, mit Schneestern in Kontakt zu treten. Prompt waren dort die Türen weit offen für die Studenten. Und die Marketingverantwortlichen bescheinigten ihnen, sehr gut die Knackpunkte des Marketings herausgearbeitet zu haben. Ein wichtiger Punkt für Katrin Mattes: „Eine Präsentation vor der Firma ist nicht ohne. In der Regel sind die Studierenden maximal nervös. Aber sie mausern sich und sind zu Recht stolz auf ihre Arbeit.“

Untersuchungsobjekt Dirndl

Stolz und zufrieden sind auch Anna Thalhofer und ihre Kommilitoninnen. „Das war eine supercoole Aufgabenstellung und hat riesig Spaß gemacht“, sagt sie. Die Studentin hatte mit ihrer Mädelsclique die „Krüger Dirndl GmbH“ zur Untersuchung gewählt. „Die Dirndl-Hersteller sind von der Corona-Pandemie gleich doppelt getroffen: Durch die Ladenschließungen während des Lockdowns erlitten sie erste Umsatzeinbußen. Dann auch noch durch die Absage sämtlicher großen Feste, für die Frauen sich gerne ein Dirndl anschaffen“, erläutert die Studentin. In einer Umfrage im Bekanntenkreis erhoben sie die Bekanntheit der Marke, untersuchten Zielgruppen und Vertriebswege, betrachteten gründlich den Online-Auftritt. Mehrere Nachmittage und einige Nachtschichten später hatten sie nicht nur die Marke analysiert, sondern auch Vorschläge für künftige Maßnahmen – kurzfristig zum Beispiel das Angebot einer „Oktoberfest-Box“ für das Fest Zuhause, langfristig zum Beispiel die Bereicherung des Online-Shops mit individualisierten Dirndln durch den Einsatz digitaler Mittel.

Dank aus der aktuellen Kollektion

„Es wäre doch cool, wenn Krüger von unseren Handlungsempfehlungen profitieren könnte, wenn wir uns die Arbeit schon gemacht haben“, gibt Anna Thalhofer die Stimmung in ihrer Arbeitsgruppe wieder. Auch die Krüger Dirndl GmbH war an den Ergebnissen interessiert, sodass die drei Studentinnen dem Unternehmen ihre Ergebnisse zur Verfügung stellten. „Solche Erfahrungen sind für die Studierenden sehr wertvoll, sinnstiftend und motivierend und machen mich als Lehrende unglaublich stolz und zuversichtlich, dass die HTWG Absolventen gut für ihre berufliche Laufbahn vorbereitet werden“, sagt Katrin Mattes.
Als Dank und Anerkennung für ihre Leistung konnten sich die drei Studentinnen schließlich jeweils ein Dirndl aus der aktuellen Kollektion auswählen. Das Oktoberfest Zuhause ist für die drei jungen Frauen also auch in diesem Jahr möglich. Und für die Feste in der Nach-Corona-Zeit hängt das passende Outfit bereits im Kleiderschrank. (aw)