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Auf dem Weg zum nachhaltigsten Quartier der Welt

Ein Besprechungsraum voller Menschen, die um runde Stehtische stehen. Im Hintergrund hängt eine Frau etwas an eine weiße Moderationstafel.

Welche Faktoren machen einen Stadtteil umfassend nachhaltig? Und wie können diese in Planung, Verwaltung und Zivilgesellschaft umgesetzt werden? Dazu erarbeiteten rund 70 Teilnehmer der Tagung „Zukunft findet Stadt“ konkrete Ideen.

Dass nachhaltiges Bauen nicht nur das Einzelgebäude im Blick hat, machte Prof. Dr. Thomas Stark schon in der Begrüßung deutlich: „Der Fokus verschiebt sich auf das Quartier, den Stadtteil und die Region“, sagte der Leiter des Fachgebietes energieeffizientes Bauen an der Fakultät Architektur und Gestaltung. Deshalb konzentrierten sich die Fragestellungen der Tagung nicht nur auf das Bauen an sich, Fragen lauten auch: „Was macht eine nachhaltige Stadt aus? Wie entwickelt sie sich zukunftsfähig, gerade eine wachsende Stadt wie Konstanz?“ Denn gerade um Konstanz ging es in der Tagung, die auch im Kontext des Projekts ZukunftsStadt stattfand.
In diesem Projekt geht es darum, das Leben in der Stadt der Zukunft mit möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern zu erarbeiten. Im Fokus steht die Konzeption eines neuen Stadtquartiers auf dem Gelände der Christiani-Wiesen – eine neue Herangehensweise, mit der die Stadt Konstanz gleichermaßen alternative, besonders nachhaltige Wohnmodelle entwickeln, die vielfältige Expertise der Stadtbewohner nutzen, wie auch eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung erzielen möchte.

70 Teilnehmer aus Hochschule, Verbänden und Bürgerschaft

Zur Tagung hatte Hauptorganisatorin Nicole Conrad nicht nur Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) eingeladen, sondern auch des Vereins Cradle to Cradle e.V. (C2C) – übersetzt „von der Wiege zur Wiege“. Der Verein verfolgt das Prinzip, dass alle genutzten Ressourcen in einem Kreislauf konsequent wieder genutzt werden. „Wir sind uns darüber im Klaren, dass wir damit einen etwas radikaleren Ansatz einbringen, der uns aber sicher Visionen und Ideale für die Weiterentwicklung bietet“, so Stark – schließlich lautete der Veranstaltungstitel ehrgeizig „Neue Ideen für das nachhaltigste Quartier der Welt“.
So erhielten die rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Hochschule, Verbänden und Bürgerschaft vielseitigen Input durch die Vorträge von Vertretern der Stadtverwaltung, der DGNB, des C2C e.V. und Praktikern des Nachhaltigen Bauens.

"Bauen hat Auswirkungen auf gesellschaftliche Entwicklungen"

„Das Bauen ist schon lange in puncto Materialien und Energie der ressourcenaufwändigste Lebensbereich. Zu Recht ist uns Wohnraum wichtig, immerhin verbringen wir 90 Prozent unserer Lebenszeit in geschlossenen Räumen. Das Unglaubliche daran ist eigentlich, dass die verbauten Materialien häufig nicht darauf ausgelegt sind, unsere Gesundheit zu fördern. Solange Grenzwerte eingehalten werden, wird hier nicht weiter nachgefragt“, sagte Andreas Wittmann, Sprecher Bündnis Bau und Architektur im Cradle to Cradle e.V. „Die Art und Weise wie wir Stadt denken, entwickeln und Gebäude bauen, hat massive Auswirkungen darauf, wie sich unsere Gesellschaft entwickelt“, zitierte er den Präsidenten der Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen und betonte: „Design ist eine Absichtserklärung. Wir wollen eine Lebenswelt, die alle Kinder aller Zeiten wirklich willkommen heißt, und die Bauwirtschaft hat einen enormen Hebel, genau dies zu gestalten.”

Die Referentinnen und Referenten vermittelten ein breites Wissen zum Thema und stimmten ein auf den Workshop, bei dem die Teilnehmer kreative Ideen zur praktischen Umsetzung aufs Papier brachten und in Kleingruppen mit Experten diskutierten. „Im Workshop nutzten die Teilnehmer die Gelegenheit, eigene Ideen zu generieren und sich so intensiv inhaltlich mit den Zusammenhängen gebauter Umwelt, unterschiedlicher Lebenswelten und nachhaltiger Entwicklung auseinander zu setzen“, berichtet Nicole Conrad.

Die Fragen an die Teilnehmer:

Welche konkreten Ideen zur praktischen Umsetzung im "nachhaltigsten Quartier der Welt" haben Sie bezüglich
- Reinhaltung von Luft, Wasser und Böden ( z.B. Begrünung von Fassaden und Dachflächen, Nutzung von Regenwasser und Grauwasser, Kompostierungsanlagen )
- regenerative Energien (z. B. Photovoltaik-Anlagen als Sonnenschutz, Wasserstoffnutzung, Energiespeicherung im Quartier)
- gesunde Produkte in geschlossenen Materialkreisläufen (z.B. Einsatz von Holz, Hanf, Glas oder Stein, Wertstoff-Rücknahmesysteme)
- Fördern von Vielfalt (z.B. durch flexible Eigentumsverhältnisse, zentrale Treffpunkte, Urban Gardening)

Bei der Abschlussdiskussion wurden Fragen, die bei der Arbeit an konkreten und umsetzbaren Lösungsansätzen aufgeworfen worden waren, geklärt und die Redner zogen ihr persönliches Fazit auf die Frage, wie es denn nun aussehen sollte, das „nachhaltigste Quartier der Welt“. Die Veranstaltung war von RENN.Süd (Regionale Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien), die die Kosten für Verpflegung, Honorare und Reisekosten der Redner übernahmen, unterstützt worden.

Im Anschluss an das Symposium fand in Überlingen, unterstützt durch die Klinik Buchinger Wilhelmi, das zweitägige Treffen des Baubündnisses des C2C e.V. statt, bei dem die Ergebnisse aus dem Workshop direkt weiter bearbeitet und ausgefeilt wurden. Hier wurden konkrete Handlungsempfehlungen entwickelt, die dann Mitte April bei einer öffentlichen Großveranstaltung des BMBF-geförderten Projekts ZukunftsStadt Konstanz als Empfehlungen in weitere Planungsprozesse einfließen werden. (aw)

Die nächste Veranstaltung:

Vom 18. bis 20. April wird an der HTWG eine dreitägige Akteursgruppen- und Planerwerkstatt stattfinden.
Konstanz 2030: Qualität statt Quadratmeter. Jetzt wird’s konkret! Hier werden die bis dato entstandenen Konzepte für die Umsetzung des Modellprojektes “Christiani Wiesen” in Konstanz vorgestellt und diskutiert. Drei geladene Planerteams entwickeln drei unterschiedliche ganzheitliche städtebauliche Entwürfe. Ein bereits erstellter planerischer Werkzeugkoffer für alle Konstanzer Zukunftsquartiere soll hier zudem priorisiert und weiterentwickelt werden.
Weitere Informationen auf den Internetseiten von Zukunftsstadt Konstanz: www.zukunftsstadt-konstanz.de

Eine Vision, die im Zuge der Tagung entwickelt wurde, lautet:

"Wäre es nicht großartig, wenn wir durch Gebäude und Städte einen positiven Fußabdruck hinterlassen könnten? Indem zum Beispiel
durch grüne Fassaden die Bio-Diversität steigt, Sauerstoff erzeugt und Feinstaub gebunden wird? Indem die verwendeten Baumaterialien für Mensch und Umwelt gesund sind, ihren Wert erhalten und niemals zu Müll werden? Indem jedes Gebäude mehr erneuerbare Energie erzeugt als in ihm verbraucht wird? Indem durch intelligente Wasserfilter und Pflanzenkläranlagen aus Regenwasser-Trinkwasser und aus Schmutzwasser wieder Nutzwasser wird? Quartiere, in denen gesunder Boden aufgebaut und reichhaltigste Nahrungsmittel erzeugt werden? Quartiere, in denen Menschen mit vielfältigsten Lebensmodellen in harmonischer Gemeinschaft Lebensraum finden und ihre Bedürfnisse befriedigen können? Städte, die dazu gemacht sind, ihren Bewohnern ein wunderbares, gesundes Leben zu ermöglichen und gleichzeitig den Planeten und alle anderen Lebewesen zu schützen?“