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Digitalisierung in der Bodenseeregion ganz konkret

Menschen an einem Messestand. Im Vordergrund ein Mann, der eine VR-Brille trägt.

Mit dieser Brille konnten die Besucherinnen und Besucher der Ostschweizer Technologietags Einblicke in die virtuelle Realität erhaschen.

Das IBH-Lab KMUdigital nimmt Fahrt auf: Das Forschungslab der Internationalen Bodensee-Hochschule testet die Digitalisierung bereits in Musterfabriken. Und es wirkt auf bessere politische, rechtliche und organisationale Rahmenbedingungen in der Region hin.

Zudem erscheint 2018 ein betriebswirtschaftlicher Leitfaden für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die Schritte in die Digitalisierung gehen müssen oder wollen. Am Ostschweizer Technologie-Symposium gaben die beteiligten Hochschulen Einblicke in die drei aktuellen Projekte des Labs.

Kurzer Rückblick: Ende März startete das Forschungslab KMUdigital der Internationalen Bodensee-Hochschule IBH mit drei vielversprechenden Projekten und einer Finanzierung von 2.3 Millionen Euro. Am Ostschweizer Technologiesymposium OTS Ende August gewährte das Lab nun spannende Einblicke in diese angelaufenen Projekte. Ein gutes Dutzend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten an einem Messestand technische Objekte aus, gaben Interessierten Auskunft und hielten Referate. Dabei drehte sich alles um die Frage: Wieviel Digitalisierung muss in KMU? Aber auch: Wieviel Digitalisierung passt in KMU?

Digitalisierte und internationale Musterfabriken

Prof. Dr. Marcus Kurth von der HTWG stellte das Projekt «i4Production» vor. Hierfür hat sich die HTWG mit der Interstaatlichen Hochschule für Technik Buchs (NTB) und der Fachhochschule Vorarlberg (FHV) zusammengetan – gemeinsam betreiben sie eine länderübergreifende Musterfabrik mit digitalisierten Produktionsprozessen und Lieferketten in Deutschland, Österreich und der Schweiz: Die NTB Buchs produziert dafür elektronische und die FH Vorarlberg mechanische Komponenten, die dann in einer Produktionsstraße der HTWG Konstanz endmontiert werden. Zusammen stellen sie ein Modellfahrzeug her, als sogenanntes «cyber-physisches System», bei dem der Kunde über eine digitale Plattform sein Produkt selber konfigurieren kann – vom Ultraschallsensor über die Kamerasysteme oder das Felgendesign bis zum autonomen Fahren.

Und was bringt das den KMU? «Je weiter wir mit dem Projekt vorwärtskommen, desto mehr Chancen und Risiken in der Digitalisierung entdecken wir», erklärt Marcus Kurth. Viele KMU seien Zulieferer von Konzernen und müssten deshalb digitalisieren, ihre Prozesse transparent machen oder neue Technik anschaffen. Rasch sind beispielsweise auch rechtliche Fragen damit verbunden. Beim IBH-Lab KMUdigital erhalten sie Beratung aus interdisziplinärer Perspektive und können Produkte sowie Prozesse testen.

Den notwendigen Rahmen schaffen

Auch beim Projekt «Digitale Agenda Bodensee» geht es darum, KMU zur Digitalisierung zu befähigen. Es beschäftigt sich mit politischen, rechtlichen und organisationalen Rahmenbedingungen der Digitalisierung – vielen KMU drückt hier der Schuh. «Deshalb haben wir vorerst bei KMU ermittelt, was für sie wichtig ist», erklärt Christopher Köhler von der Zeppelin Universität in Friedrichshafen. Es geht um Themen wie: schnelles Internet, Förderprogramme, Netzwerke, Cyber Security, Datenschutz, Mitarbeiterqualifikation und so weiter. Die entsprechende Studie soll in einem zweiten Schritt mit KMU, der Politik sowie Wirtschaftsverbänden in Workshops diskutiert werden. Ziel ist ein Weißbuch mit konkreten Empfehlungen, was in der Region getan werden muss, damit die KMU optimale Rahmenbedingungen für die Digitalisierung vorfinden. Daran beteiligt sind auch die Fachhochschule St.Gallen (FHS) und die HTWG Konstanz.

Betriebswirtschaftliche Überlegungen

Das dritte Projekt ist ein «Digitalisierungsnavigator» - kurz: DigiNav. Prof. Dr. Peter Jaeschke von der FHS St.Gallen stellte diesen in einem Referat vor. DigiNav blickt aus betriebswirtschaftlicher Sicht auf die Digitalisierung. Wie sollen KMU an das Thema herangehen? «Schlussendlich wollen wir den Unternehmen aufzeigen, was ihnen konkret hilft, um noch erfolgreicher zu werden – ohne zu große Risiken einzugehen», sagt Peter Jaeschke. Oder anders formuliert: «Was genau aus dem Bereich der Digitalisierung soll ich mir herauspicken, um Vorteile zu gewinnen?» Dafür erarbeitet Jaeschke mit Kolleginnen und Kollegen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, der NTB Buchs, der HTWG Konstanz und Projektpartnern aus der Praxis einen Leitfaden. «Mit gesundem Menschenverstand wollen wir erstmals systematisch dokumentieren, was alles möglich ist, welchen Nutzen es bringt, was beachtet werden muss und damit Entscheidungsgrundlagen liefern.»

In alle Projekte sind KMU der Bodenseeregion aktiv integriert. «Ab Januar 2018 wollen wir drei weitere Projekte starten», sagt Alexandra Boger, die das IBH-Lab KMUdigital von der HTWG Konstanz aus koordiniert. Auch dann sind wieder interessierte Projektpartner aus der KMU-Praxis zur Teilnahme eingeladen. (pt)

Weitere Informationen auf der Website von KMUdigita: www.kmu-digital.eu

Eine Gruppe Menschen posiert vor einem Messestand fürs Foto.

Am IBH-Stand: Dr. Jürg Meierhofer, Sebastian Potzel, Alexandra Boger, Prof. Dr. Marcus Kurth, Prof. Dr. Jürgen Prenzler, Prof. Dr. Harold Tiemessen, Prof. Dr. Peter Jaeschke, Prof. Dr. Petra Kugler, Prof. Guido Piai, Prof. Dr. Christian Thiel, Olga Ramanouskaya, Christopher Köhler, Yvonne Schröder.
Urs Heiz, Projektleiter OTS

IBH verbindet 30 Hochschulen in vier Ländern

Die Internationale Bodensee-Hochschule IBH ist der grösste hochschulartenübergreifende Verbund Europas. Die 30 Mitgliedshochschulen in den vier Ländern Deutschland, Liechtenstein, Österreich und Schweiz bilden ein aktives Netzwerk und nutzen Synergien, in dem sich Hochschulen, Forschende, Lehrende und Studierende vernetzen sowie Wissen und Ressourcen austauschen. Die IBH will damit einen Beitrag zu relevanten Themen in der Bodenseeregion leisten. Die Finanzierung der IBH setzt sich aus Beiträgen der Länder und Kantone der Internationalen Bodenseekonferenz und dem Interreg-V Programm „Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein“ (ABH) zusammen.


IBH-Labs

Auf Initiative der Internationalen Bodensee-Hochschule IBH und der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK) wurden IBH-Labs ins Leben gerufen. Hierbei handelt es sich um Forschungs- und Innovationsnetzwerke von Hochschulen und Praxispartnern aus Wirtschaft und Gesellschaft. Sie leisten einen nachhaltigen Beitrag zur Förderung des Wissens-, Innovations- und Technologietransfers und damit zur Standortattraktivität der Bodenseeregion. Die Förderung der IBH-Labs erfolgt aus Mitteln des Interreg V-Programms «Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein». Für die Internationale Bodensee-Hochschule bilden die IBH-Labs einen strategischen Schwerpunkt. Die thematische Ausrichtung der IBH-Labs orientiert sich an regional relevanten Themen und den Entwicklungspotenzialen der Bodenseeregion. Die IBH-Mitgliedshochschulen starteten 2017 gemeinsam mit Praxispartnern folgende IBH-Labs:
-    IBH Living Lab Active and Assisted Living
-    IBH-Lab KMUdigital
-    IBH-Lab Seamless Learning