Kommunikationsdesign

    Bachelorstudiengang

    Dekoratives grafisches Element

    Ein Professor auf Spurensuche

    Andreas P. Bechtold schreibt in seinem Ateliersemester einen fast autobiografischen Familienroman

    Eine abgründige Geschichte gibt es in fast jeder Familie. Eine Wäsche-Liste, die beweist, dass der Bruder der Oma im Konzentrationslager in Auschwitz gearbeitet hat, das ist allerdings ein Abgrund, den es zu bewältigen gilt. Vermisst wurde er, dieser Bruder, der nach dem Krieg nicht heimkehrte. Und betrauert. Und dann so etwas …

    Prof. Andreas P. Bechtold hat sein Ateliersemester der Aufarbeitung seiner eigenen Familiengeschichte gewidmet. Eine Geschichte, die programmatisch für eine ganze Generation von damaligen »Flüchtlingen« steht und in der sich die Verwerfungen des Zweiten Weltkriegs und des Nationalsozialismus spiegeln. Bechtolds Vorfahren waren als »Donauschwaben« aus dem Schwäbischen ausgewandert nach Ungarn, um dann 200 Jahre später als Flüchtlinge wieder zurückzukehren. Beide Erfahrungen haben sich ins kollektive Familiengedächtnis eingebrannt. Über beiden steht das Gefühl fremd zu sein, zuerst in Ungarn, wo sich die Stimmung immer mehr gegen die eingewanderten Deutschen wendet – und dann in Deutschland, der vermeintlichen Heimat, die die »Flüchtlinge« nach dem Krieg nicht gerade mit offenen Armen empfängt.

    Doch Bechtold ist nicht nur Ahnenforscher, sondern auch Geschichtenerzähler. Und so kommt das Buch nicht als Erfahrungsbericht daher, sondern als waschechter Roman, dessen Hauptfigur Johannes durch einen Blitzschlag sein Gedächtnis verliert und sich seine Erinnerungen wieder erarbeiten muss. Dank dieses Kunstgriffs kann Bechtold Dinge einflechten, die über das Biografische hinausgehen; fiktive Erzählstränge und eine Meta-Ebene, in der er Reflektionen einbaut über das eigentlich Wesentliche dieser Erzählung: die Erinnerung. »Wer sind wir, wenn nicht der, an den wir uns erinnern?«, lässt er seine Hauptfigur fragen.

    Johannes klebt die Fotos seines Lebens als Filmstreifen zusammen und versucht sich anhand dieser Mosaike zu erinnern. Einige dieser Ausschnitte gab es bei der Lesung im Studio des L-Gebäudes zu hören, gelesen von den Schauspielern Sylvana Schneider und André Rhode, ergänzt von Bechtold selbst. Da ist der Tod der Oma, die russische Invasion, das Dorftheater in der ungarischen Gemeinde – und eben die besagte Wäsche-Liste. Und die Erkenntnis: »Die Ahnen wohnen in uns wie Geister aus der Vergangenheit.«

    Das Buch mit dem Titel »Die Erinnerungsmaschine« will Bechtold in den nächsten Monaten zu Ende schreiben und dann, wenn möglich, veröffentlichen.