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Gratulation an Jugend-forscht-Bundessieger

30.05.2021

Maschinenbau-Student Tobias Neidhart ist Jugend-forscht-Bundessieger im Fachgebiet "Technik". Er hat die Jury mit seinem innovativen Kunstharz 3D-Drucker überzeugt.

„Ach das, das war noch eine Spielerei“, sagt Tobias Neidhart zu seiner Entwicklung, mit der er 2019 den zweiten Platz im Bundesfinale in der Kategorie Technik erlangt hat. Die Entwicklung: Tobias Neidhart hatte – damals noch als Schüler des Konstanzer Ellenrieder-Gymnasiums – einen Zusatz für einen 3D-Drucker konstruiert, der verschiedene Druckdüsen automatisch wechseln kann. Dabei sorgt ein Elektromagnet dafür, dass die jeweilige Düse während des Druckens stabil mit dem Gerät verbunden bleibt. Der Wechselmechanismus ist besonders verschleißarm, auch für Fräsen und Laser einsetzbar. Aber vor allem ist damit ein sauberer Druck eines mehrfarbigen Objekts möglich, erläutert Tobias Neidhart. Der „Tool-Changer“ funktioniert so überzeugend, dass der Jungforscher ihn als Gebrauchsmuster angemeldet hat.

Innovationen optimieren Kunstharz-Druck

Mit seiner neuesten Entwicklung hat er nicht nur im Regionalwettbewerb Donau-Hegau und beim Landeswettbewerb den 1. Platz im Fachgebiet "Technik" belegt. In einer Online-Preisverleihung von "Jugend forscht" wurde er nun als Bundessieger ausgezeichnet - er hatte sich gegen 20 weitere Bundesfinalisten im Fachgebiet Technik durchgesetzt, "durch die exzellente, technisch fokussierte, wenig verspielte und sehr produktnahe Weiterentwicklung eines kommerziellen 3D-Druckers und seine insgesamt sehr umfangreiche mechatronische Systemarchitektur", sagte VDI-Vorsitzender Dr. Volker Kefer in seiner Laudatio. Tobias Neidhart studiert im zweiten Semester Maschinenbau an der HTWG. Beim Wettbewerb können Tüftler*innen bis zum Alter von 21 Jahren teilnehmen.

Eigentlich ist sein innovativer Kunstharz-3D-Drucker eine Weiterentwicklung. Schon im vergangenen Jahr hat er mit seinem SpeedX-I Modell den ersten Platz im Regionalwettbewerb im Bereich Technik belegt. Der Wettbewerb wurde jedoch coronabedingt abgebrochen. Kein Anlass für den Tüftler, sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Ganz im Gegenteil: „Das motivierte mich zur Entwicklung der noch leistungsfähigeren SpeedX-II Version“, erzählt Tobias Neidhart. Dabei handelt es sich um einen optimierten Kunstharz-3D-Drucker. Von der aktuellen Entwicklung verspricht er sich noch mehr Wirkung als vom „Tool-Changer“. Schließlich hat er in SpeedX-II gleich mehrere Innovationen eingebaut.

Die Verarbeitung von Kunstharz ist nicht profan. Ist es zu kalt, ist es zäh und schwer zu verarbeiten. Deshalb wird es zur Verarbeitung erhitzt. Wird es aber zu stark erhitzt, ist es ebenfalls schwer zu verarbeiten. Im schlechtesten Fall ist es degeneriert und für den Druck gar nicht mehr nutzbar. Tobias Neidhart schafft es, genau die Konsistenz zu erreichen, die zum Drucken mit Kunstharz ideal ist.

Kontrollierte Erwärmung durch Ultraschall

Seine patentierte Hauptinnovation liegt in der Optimierung der Kunstharzeigenschaften auf Basis von Ultraschall. „Der Energieeintrag durch Ultraschall in Verbindung mit einer selbstentwickelten gekühlten, homogenen, flächig angeordneten UV-Lichtquelle führt zur kontrollierten Erwärmung des Kunstharzes und zu einer deutlichen Reduzierung der Viskosität, so dass bei geringerer Belichtungs- und Stellzeiten der Mechanik die Druckgeschwindigkeit ohne qualitative Einbußen gesteigert und auch die Stabilität der Druckobjekte selbst erhöht wird“, schreibt er in der Zusammenfassung an die Stiftung „Jugend forscht e.V.“ und führt weiter aus: „Zusätzliche, positive Effekte der Ultraschallbehandlung sind auch die Deglomeration und die Dispergierung des Kunstharzes, wodurch Zusatzstoffe sowie die für die Polymerisation notwendigen chemischen Bestandteile, wie z.B. die Additive und Photoinitiatoren etc. gleichmäßig verteilt werden, so dass eine optimale Polymerisation mit den Begleitstoffen erfolgen kann.“ Die Steuerung für optimale Bedingungen ist über Temperatursensoren geregelt.

Der sogenannte SLA-Druck (Stereolithographie) basiert auf der Härtung von Harz. Die Härtung erfolgt über eine LED-Lichtquelle. „Das Licht wird nur selektiv durch ein LCD gelassen, um dann an entsprechenden Stellen direkt auf das Harz zu treffen“, erklärt Neidhart das Verfahren. Aber auch dieses hat er weiterentwickelt: Sein LED Panel hat maximal 120 Watt Leistung. Durch ein verwendetes Monochrom-Display wird im Vergleich mehr Licht zum Harz durchgelassen und weniger vom LCD absorbiert. Damit sorgt er dafür, dass die Schichten schneller härten und somit das ganze Druckverfahren beschleunigt wird.

Noch dazu hat er Energieverbrauch und den Verschleiß im Blick: Dank einer ausgeklügelten Kühlung könne eine längere Inbetriebnahme der LCDs gewährleistet werden, so Neidhart. Und: Tobias Neidhart hat die LED-Dioden flächig auf einem Panel angeordnet. Daher härtet das Harz schneller und gleichmäßig. Damit lässt sich ausschließen, dass Harz in der Mitte der Druckplatte bereits ausgehärtet, aber in den Außenbereichen noch nicht vollständig gehärtet ist. Damit nicht genug: Zu den weiteren Verbesserungen zählt zudem die Entwicklung eines Kippbades zur Reduzierung der Abzugskräfte beim Druckprozess.

Bundesfinale vom 26. bis 30. Mai

Vom 26. bis 30. Mai zeigten die Sieger der Landeswettbewerbe im Bundesfinale ihre Entwicklungen in den Bereichen Arbeitswelt, Chemie, Biologie, Geo- und Raumwissenschaften, Mathematik, Physik und Technik. Für das Bundesfinale 2021 hatten sich 169 junge MINT-Talente mit 113 innovativen Forschungsprojekten qualifiziert. Auf der Webseite der Stiftung Jugend forscht e.V. gibt es viele weitere Informationen - und auch die Preisverleihung zum Nachschauen. Hier der Link (aktiv bis 13.6.2021) zum virtuellen Messestand von Tobias Neidhart.

„Beim Druck mit Kunstharz sind viele Parameter zu beachten, aufgrund derer etwas schiefgehen kann“, sagt Tobias Neidhart. Der Erstsemester hat jedoch alles detailliert durchdacht. Sämtliche Optimierungen hat er per CAD digital geplant und erst abschließend die Bauteile für seinen SpeedX-II am 3D-Drucker ausgedruckt. Ergänzend hat er zum Teil auch die Software selbst programmiert, schließlich sind vier Arduinos und ein Raspberry Pi im Drucker verbaut.

Durch die Weiterentwicklung werde eine enorme Beschleunigung des Druckprozesses erreicht. Tobias Neidhart hat errechnet, dass „die Druckzeiten gegenüber den Vergleichsgeräten aus dem Consumer-Bereich um das viereinhalbfache bei einer Schichtdicke von 0,1 mm bzw. sogar um das Fünffache bei einer Schichtdicke von 0,2 mm gesenkt werden, ohne dass dabei qualitative Einbußen beim Druckergebnis entstehen“. Durch Zugversuche im Labor der HTWG habe sich darüber hinaus abhängig von dem eingesetzten Kunstharz eine ca. zehnprozentige Steigerung der Zugfestigkeit der Druckobjekte nachweisen lassen.