IT-Grid Design Projekt

Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Gunnar Schubert forscht an neuartigen intelligenten Optimierungsverfahren für die Betriebsführung und Planung von Stromnetzen auf Verteilnetzebene.

Ziel ist das bestehende Verteilnetz optimal zu nutzen und somit Netzausbaukosten, die im Rahmen der Energiewende durch den vermehrten Zubau von beispielsweise PV-Anlagen oder Elektromobilität nötig sein werden, zu verringern oder gar zu vermeiden.
Im Verbundvorhaben IT-Grid-Design (FKZ: BWSGF18001) wurde in enger Zusammenarbeit mit den Forschungsinstituten ISC Konstanz und Fraunhofer ISE sowie mit Energieversorgern und Industrieunternehmen ein Netzoptimierungsalgorithmus auf Basis von künstlichen neuronalen Netzen (KNN) entwickelt.

Zum Training des KNN wurden Störfälle generiert, die auf reellen Erzeugungs- und Lastprofilen basieren. Im Falle einer Überlastung oder des Ausfalls einer Stromleitung ist es möglich, die Topologie des Netzes durch die im Netz installierten Schalter zu verändern. Dadurch kann der Stromfluss umgelenkt und das Netz stabilisiert werden. Eine weitere Möglichkeit bietet die Spannungsanpassung an der Transformatorstation mittels des Stufenreglers. Für jeden Störfall kann somit aus allen möglichen und sinnvollen Netzkonfigurationen eine optimierte Netztopologie anhand von Lastflussberechnungen ermittelt werden, die das Netz in einen sicheren Zustand.

Beispiel: Gleichzeitiges Laden von Elektroautos

In Zusammenarbeit mit dem Projektpartner der Firma Siemens wurde ein virtuelles Testnetz entworfen, welches in der Abbildung dargestellt ist.
Das Testnetz besteht aus zwei Bereichen: Einem Industrieareal und einem Wohnareal, die jeweils über einem Transformator mit der darüber liegende Netzebene verbunden sind. In dem Netz sind 3 Industriebetriebe, 6 Wohngebäude und 2 Transformatoren angesiedelt. Zusätzlich zu den Stufenschaltern der beiden Transformatoren kann das Netz über 11 fernsteuerbare Schalter gesteuert werden. Die dargestellte Standard-Netzkonfiguration wurde nach gängiger Praxis der Netzbetreiber definiert.

Betrachten wir die folgende Situation:

Drei der Haushalte wollen ihr Elektroauto gleichzeitig laden. In der Abbildung ist auf der linken Seite die entsprechende Leitungsauslastung im Testnetz dargestellt. Die der Transformatorstation des Wohnareals nächstgelegene Leitung ist überlastet, wodurch die Leitung durch Überhitzung geschädigt werden kann. Dieser Zustand wird dem KNN, das zuvor mit ähnlichen Situationen trainiert wurde, übergeben. Der vom KNN ausgegeben Lösungsvektor stellt eine Wahrscheinlichkeit für die optimale Lösung dieses Problems dar. In diesem Fall schlägt das KNN eine Topologie vor bei der der Schalter, der die beiden Bereiche verbindet, geschlossen wird. Dadurch kann ein Teil des Stroms von dem Industrieareal bezogen werden und die Auslastung der gefährdeten Leitung sinkt auf ca. 70 Prozent, wie auf der rechten Hälfte dargestellt ist.

Ergebnisse

Innerhalb der 3-jährigen Projektlaufzeit war es nicht nur möglich, die prinzipielle Funktionsweise und –fähigkeit des entwickelten Optimierers zu belegen, sondern auch diesen anhand von Daten eines Quartiers in Friedrichshafen mit realen Messdaten zu testen.

Beispielsweise konnte so untersucht werden, ob die Einbringung von zusätzlichen 200 kW Elektromobilität im Netz durch die Verwendung des Optimierers möglich ist.
Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse, die innerhalb des Projekts erzielt werden konnten, wird die Forschung in dem Verbundprojekt AI4Grids ab September 2020 für weitere 3 Jahre im vom BMU fortgeführt mit dem Ziel, die entwickelten Algorithmen weiter zu optimieren und diese in einer Hardware-in-the-Loop-Simulation und schlussendlich im Feld zu testen.

Die Ergebnisse finden Sie über den QR-Code:

Weiterer Artikel zur Nachlese: "Chaos im Stromnetz? Ein selbstlernender Algorithmus soll helfen"
Bericht zum Folgeprojekt AI4Grids: "Wie künstliche Intelligenz die Energiewende unterstützen kann"