IST Institut

    Das Institut für Strategische Innovation und Transformation ist das Kompetenzzentrum zum Thema Innovation und Strategie. Forschungsschwerpunkte sind Strategische Transformation, Corporate Entrepreneurship, Startups, Ambidextrie, Agilität und Digitalisierung.

    Dekoratives grafisches Element

    Forschungsinitiative STRIVE.io

    Strategic Innovation Venturing Portfolio

    Unternehmerische Initiativen und Projekte haben nicht zuletzt angesichts der Herausforderungen der digitalen Transformation zunehmend Einzug gehalten in die Unternehmenspraxis der Innovationsentwicklung. Unterschiedliche Formen der Umsetzung solcher Aktivitäten des Corporate Entrepreneurship bzw. Corporate Venturing sind bekannt, beispielsweise als Inkubation, Acceleration, Corporate Startups, Innovation Labs und dergleichen.

    Die grundsätzlich positive Wirkung solcher Aktivitäten auf die Innovationskultur und -fähigkeiten ist breit akzeptiert. Welche Teile der eigenen Technologie- und Innovationsstrategie jedoch am ehesten mit solchen alternativen (statt mit „traditionellen“) Vorgehensweisen des Corporate Venturing angegangen werden sollten, ist bisher nicht klar, empirische Untersuchungen fehlen, Best Practices können noch nicht identifiziert werden.

    Daher ist folgerichtig zu beobachten, dass in der Großindustrie (z.B. Daimler oder Telekom) parallel verschiedene dieser Corporate Venturing Formen zum Einsatz kommen – deren Vernetzung und Abstimmung stellt jedoch auch dort eine bisher nicht gelöste Herausforderung dar. In Technologieunternehmen eher mittlerer oder mittelständischer Größe besteht aufgrund der typischen Ressourcen- und Kapitalknappheit nicht die Möglichkeit, solche breitflächigen und aufwändigen „Organisationsexperimente“ mit diesen alternativen Vorgehensweisen des Corporate Venturing bzw. des Corporate Entrepreneurship zu unternehmen. Folglich ist hier eher der Einsatz einzelner Corporate Venturing Formen zu beobachten (Inkubation ODER Innovation Labs ODER Corporate Startup etc.) – jedoch ist hier nicht klar, ob bezogen auf die jeweils unternehmenseigene Technologie- und Innovationsstrategie genau diese gewählte Form die geeignetste ist, eine andere möglicherweise besser geeignet wäre oder nicht vielleicht eine sinnvolle Kombination mehrerer dieser Corporate Venturing Formen zielführender wäre.

    Deshalb soll das Projekt STRIVE.io Erfahrungen aus der Großindustrie in der breiteren Nutzung verschiedener Formen des Corporate Venturing und mit Erfahrungen spezialisierter Dienstleister (z.B. Pioniergeist oder What-a-Venture) für den Einsatz solcher Methoden auswerten, Best Practices ableiten und daraus Vorgehensweisen, Prozesse und Werkzeuge für die Ableitung und Umsetzung eines strategiefokussierten Corporate Venturing Portfolios entwickeln. Dieses Portfolio unternehmerischer Initiativen und Projekte in einem Unternehmen ergänzt die bisherigen Vorgehensweisen und Prozesse zur Unterstützung eher transformativer Technologie- und Innovationsstrategien.

    Details

    • Hintergrund & Motivation

      Baden-Württemberg ist heute ein führender High-Tech-Standort in Europa. Seine Industrielandschaft ist geprägt durch hochspezialisierte Technologieunternehmen, die in ihrem jeweiligen Marktsegment oft weltweit führend sind – „Hidden Champions“. Heute stehen diese oft mittelständisch geprägten Unternehmen jedoch vor enormen Herausforderungen, ausgelöst u.a. durch die Auswirkungen rasant fortschreitender Globalisierung und Digitalisierung.

      Als Folge dieser Entwicklungen verändern sich Märkte immer dynamischer und radikaler. Die daraus resultierende Komplexität und Unsicherheit verlangt von Unternehmen die Fähigkeit, gleichzeitig das heutige, bekannte Kerngeschäft effizient zu optimieren (inkrementelle Innovation) und mit transformationalen Innovationsinitiativen mögliche neue Geschäftsmodelle von morgen zu testen und aufzubauen (strategische Innovation). Gelingt eine organisationale Transformation durch strategische Innovation nicht, kann die Dynamik im Wettbewerbsumfeld schnell existenzgefährdend werden.

      Transformationale Initiativen sind darauf gerichtet, Kompetenzen und Fähigkeiten aufzubauen, die teilweise fernab der aktuellen Kernkompetenzen liegen und eine organisationale Transformation erfordern. Daher können für diese Initiativen zumeist − aufgrund der hohen Unsicherheit in (möglichen) neuen Geschäfts- und Technologiefeldern − weder die Qualität der Marktchance noch die Wahrscheinlichkeit des Umsetzungserfolges gut abgeschätzt werden. Daher arbeiten transformationale Innovationsinitiativen in einem Umfeld hoher Ambiguität und müssen durch „Experimente“ (‚Trial and Error‘) neues Wissen generieren, um diese Unsicherheit zu reduzieren.

      In der Großindustrie ist heute immer häufiger der parallele Einsatz solcher Experimente zu beobachten – bspw. Daimlers Incubator ‚Lab1886‘ und Innovationshub ‚FC Think Tank‘ sowie Telekoms Incubator ‚Hub:raum‘ und Accelerator ‚Uqbate‘. Diese unterschiedlichen, unternehmerischen (‚entrepreneuerial‘) Innovationsinitiativen – sogenannte Corporate Venturing (CV) Formen – sollen hier auf unterschiedliche Art und Weise die Transformationsstrategie unterstützen. Deren Vernetzung und Abstimmung stellen jedoch eine bisher nicht gemeisterte Herausforderung dar – ganz abgesehen von der Frage, ob und in welcher Weise diese CV Experimente tatsächlich zur Umsetzung der Transformationsstrategie beitragen.

      Technologieunternehmen des Mittelstandes (KMU) können sich solche breiten, eher unsystematischen und ressourcenintensiven „Organisationsexperimente“ aufgrund ihrer typischerweise vorliegenden Ressourcen- und Kapitalknappheit kaum leisten. Daher experimentieren sie, wenn überhaupt, mit einzelnen Formen – ohne Handreichung, ob sich die gewählte CV Form für die jeweilige Zielsetzung tatsächlich eignet, eine andere möglicherweise geeigneter oder eine bestimmte Kombination mehrerer CV Formen zielführender wäre. Es überrascht daher nicht, dass KMU von der Großindustrie in der digitalen Transformation abgehängt werden. Um das zu ändern, muss für KMU die Ressourcenallokation für transformative Initiativen effizienter gestaltet und dafür geeignete Organisationsstrukturen entwickelt werden.

      Die Motivation dieser Initiative ist es, einen innovativen Brückenschlag von ersten Erfahrungen der Großindustrie aus Experimenten zur Umsetzung unterschiedlicher CV Formen in die spezifischen Anforderungen und Herausforderungen von KMU herzustellen. Dies wird von den wichtigsten Technologieunternehmen Baden-Württembergs (Großindustrie wie auch Mittelstand) als hoch relevant und signifikant für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrielandschaft eingeschätzt. Daher konnte der Antragsteller bereits die Unterstützung dieser Unternehmen (u.a. Mahle, STIHL, Bosch, Aesculap), der Wirtschaftsinitiative Baden Württemberg: Connected (bwcon) und der gerade für den Mittelstand so relevanten Industrie- und Handelskammern (Hochrhein-Bodensee, Ulm) gewinnen.

    • Forschungsteam

      Projektleiter

      Prof. Dr.-Ing. Guido H. Baltes, Direktor des IST Innovationsinstituts und Professor für Strategisches Management und Innovationsmarketing an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Konstanz

      Forschungsleiter

      M. Eng. Nicolai Heinzelmann, PhD Student am IST Innovationsinstitut mit dem Forschungsschwerpunkt Corporate Venturing Ecosystems

    • Projektinhalt

      Die Forschungsinitiative STRIVE.io legt den Schwerpunkt darauf, mittelständische Technologieunternehmen in Baden-Württemberg in ihrer Wettbewerbsfähigkeit durch ein effektives Konzept für die Ableitung, das Design und die Implementierung eines strategiefokussierten Portfolios transformativer Innovationsinitiativen zu stärken. Die organisationale Umsetzung solcher Initiativen ist der Domäne des ‚Corporate Entrepreneurship‘, im Speziellen dem ‚Corporate Venturing‘ zuzuordnen, das sich mit dem Aufbau unternehmerisch handelnder Einheiten (z.B. Projekte, Initiativen, Individuen) in etablierten Unternehmen befasst.

      STRIVE.io baut dazu die Fähigkeiten der Technologieunternehmen zur strategischen Anpassung aus (‚Dynamic Capabilities‘), insbesondere Fähigkeiten, parallel zum etablierten, effizienten Kerngeschäft transformationale Initiativen als ein strategiefokussiertes Portfolio von CV Formen zu implementieren (‚Organisationale Ambidextrie‘).

      Das Konsortium strebt die Entwicklung eines Vorgehensmodells und Werkzeugen zur Entscheidungsunterstützung an, welche gerade mittelständische Unternehmen in die Lage versetzen sollen, ein solches CV Portfolio als systematischen (Budget-)Teil der eigenen Technologie- und Innovationsstrategie abzuleiten (Ressourcenallokation). Weiterhin werden effektive Organisations- und Führungsmodelle für die Implementierung der einzelnen CV Formen vorgeschlagen. Dies ermöglicht gleichzeitig die Effizienz der eingesetzten Ressourcen (z.B. als Teil des F&E Budget) und das Chance-Risiko-Profil der transformationalen Innovationsinitiativen (z.B. im Sinne des ‚Portfolio Management‘) zu verbessern. Damit adressiert STRIVE.io gezielt Hemmnisse zur Umsetzung organisationaler Ambidextrie und digitaler Transformation in mittelständischen Technologieunternehmen.

      Inhaltliches Ziel des Projektes ist daher die Entwicklung und Validierung einer auf mittelständische Technologieunternehmen angepassten Methode (STRIVE.io) für die strategiefokussierte Ableitung und Implementierung eines CV Portfolios zur Unterstützung der jeweiligen Technologie- und Innovationsstrategie.

      STRIVE.io soll gerade KMU in ihrer organisationalen Fähigkeit stärken, neben der Optimierung des bestehenden Kerngeschäftes, die eigene Kompetenzbasis durch den effektiven Aufbau neuer Handlungsmöglichkeiten zu erweitern. Diese resultieren aus transformationalen Innovationsinitiativen, umgesetzt mit CV Formen. Ein effektiv gestaltetes Portfolio solcher Initiativen ermöglicht daher den Aufbau eines flexiblen, „experimentellen“ Pools an Handlungsmöglichkeiten, die mit strategischen Optionen gleichgesetzt werden können (z.B. Testen neuer Geschäftsmodelle, Validierung neuer Technologien, Aufbau neuer Kompetenzen).

      Ein effektives CV Portfolio stellt somit strategische Optionen zur Verfügung, die es einem Unternehmen ermöglichen, agiler und schneller auf Veränderungen im Umfeld zu reagieren. Im besten Fall können Unternehmen diese damit antizipieren und so den immer dynamischer werdenden Wettbewerb um Innovation nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance für Wachstum in neue Geschäftsfelder begreifen. Wechselwirkungen und Synergien zwischen unterschiedlichen CV Formen können hierbei das Chance-Risiko-Profil der CV Aktivitäten verbessern. Eine geeignete Portfolio-Steuerung steigert somit nicht nur die Effektivität, sondern auch die Effizienz eingesetzter Ressourcen.

      Hierzu sollen vereinzelt existierende Untersuchungen zur spezifischen Eignung von CV Formen zusammengeführt und in ein Referenzmodell für die Ableitung eines strategiefokussierten CV Portfolios weiterentwickelt werden. Dazu werden neben den spezifischen Transformationseffekten insbesondere auch die Wechselwirkungen und Synergien zwischen CV Formen analysiert und ausgewertet. Die nachhaltige Implementierung der Ergebnisse wird über aktiven Wissenstransfer in die Praxis sichergestellt. Das erarbeitete Wissen wird durch Schulungs- und Coaching-Angebote, wissenschaftliche und praxisorientierte Veröffentlichungen sowie eine kooperative Promotion auf verschiedenen Ebenen in die Praxis transferiert.

    • Forschungsmethodik

      Die Projektmethodik folgt dem Forschungsansatz der Aktionsforschung, deren Vorteil in der gleichzeitigen Erarbeitung anwendungsorientierter Innovation im Sinne praktischer Lösungen und theoretischer Erkenntnisse liegt. Die Logik des Projektplans folgt daher zwei Zyklen:

      (1) Analyse der Anforderungen von KMU

      (2) Entwicklung geeigneter Lösungen, die praktisch eingesetzt und getestet werden

      Der Aktionsaspekt zeigt sich in den Fallstudien; der Lernaspekt wird in der begleitenden Erstellung von Methoden- und Schulungsdokumenten sowie der Diskussion in Experten- und Erfahrungskreisen deutlich.

      In der ersten Phase werden dazu die eingebrachten Vorarbeiten des Antragstellers mit dem Know-how der Kooperationspartner sowie den Anforderungen der Anwendungsunternehmen auf die Zielsetzung hin orientiert.

      In der zweiten Phase werden in zwei Action-Learning-Zyklen die eigentlichen Innovationen im Sinne der angestrebten Geschäftslösung für die strategiefokussierte Ableitung und Umsetzung von CV Portfolios erarbeitet. Die erarbeiteten Inhalte werden im Industrieerfahrungskreis der ‚SIG: Corporate Entrepreneurship‘ und in einem Experten- und Anwenderpanel diskutiert, evaluiert und iterativ weiterentwickelt. Die Erkenntnisse daraus werden in konkreten Pilotprojekten durch die Anwendungsunternehmen umgesetzt. Dafür wurden bereits Unternehmen identifiziert, die ihre Bereitschaft schriftlich dokumentiert haben (s. LOI). In der dritten Phase folgt die Ergebnissicherung durch vertiefte Analyse, Veröffentlichung und Kommunikation sowie der Erstellung von Best Practice-Handbüchern.

      Die Projektmethodik ist gekennzeichnet durch schnelle Feedbackzyklen und daher nicht linearen Projektfortschritt. Dies erhöht die Projektkomplexität, da Arbeitsteilpakete nicht sequenziell, sondern parallel bearbeitet werden. Zur Koordination der Partnerinteressen und des Forschungsprozesses ist ein aktives Projektmanagement zu installieren.