Baden-Württemberg ist heute ein führender High-Tech-Standort in Europa. Seine Industrielandschaft ist geprägt durch hochspezialisierte Technologieunternehmen, die in ihrem jeweiligen Marktsegment oft weltweit führend sind – „Hidden Champions“. Heute stehen diese oft mittelständisch geprägten Unternehmen jedoch vor enormen Herausforderungen, ausgelöst u.a. durch die Auswirkungen rasant fortschreitender Globalisierung und Digitalisierung.
Als Folge dieser Entwicklungen verändern sich Märkte immer dynamischer und radikaler. Die daraus resultierende Komplexität und Unsicherheit verlangt von Unternehmen die Fähigkeit, gleichzeitig das heutige, bekannte Kerngeschäft effizient zu optimieren (inkrementelle Innovation) und mit transformationalen Innovationsinitiativen mögliche neue Geschäftsmodelle von morgen zu testen und aufzubauen (strategische Innovation). Gelingt eine organisationale Transformation durch strategische Innovation nicht, kann die Dynamik im Wettbewerbsumfeld schnell existenzgefährdend werden.
Transformationale Initiativen sind darauf gerichtet, Kompetenzen und Fähigkeiten aufzubauen, die teilweise fernab der aktuellen Kernkompetenzen liegen und eine organisationale Transformation erfordern. Daher können für diese Initiativen zumeist − aufgrund der hohen Unsicherheit in (möglichen) neuen Geschäfts- und Technologiefeldern − weder die Qualität der Marktchance noch die Wahrscheinlichkeit des Umsetzungserfolges gut abgeschätzt werden. Daher arbeiten transformationale Innovationsinitiativen in einem Umfeld hoher Ambiguität und müssen durch „Experimente“ (‚Trial and Error‘) neues Wissen generieren, um diese Unsicherheit zu reduzieren.
In der Großindustrie ist heute immer häufiger der parallele Einsatz solcher Experimente zu beobachten – bspw. Daimlers Incubator ‚Lab1886‘ und Innovationshub ‚FC Think Tank‘ sowie Telekoms Incubator ‚Hub:raum‘ und Accelerator ‚Uqbate‘. Diese unterschiedlichen, unternehmerischen (‚entrepreneuerial‘) Innovationsinitiativen – sogenannte Corporate Venturing (CV) Formen – sollen hier auf unterschiedliche Art und Weise die Transformationsstrategie unterstützen. Deren Vernetzung und Abstimmung stellen jedoch eine bisher nicht gemeisterte Herausforderung dar – ganz abgesehen von der Frage, ob und in welcher Weise diese CV Experimente tatsächlich zur Umsetzung der Transformationsstrategie beitragen.
Technologieunternehmen des Mittelstandes (KMU) können sich solche breiten, eher unsystematischen und ressourcenintensiven „Organisationsexperimente“ aufgrund ihrer typischerweise vorliegenden Ressourcen- und Kapitalknappheit kaum leisten. Daher experimentieren sie, wenn überhaupt, mit einzelnen Formen – ohne Handreichung, ob sich die gewählte CV Form für die jeweilige Zielsetzung tatsächlich eignet, eine andere möglicherweise geeigneter oder eine bestimmte Kombination mehrerer CV Formen zielführender wäre. Es überrascht daher nicht, dass KMU von der Großindustrie in der digitalen Transformation abgehängt werden. Um das zu ändern, muss für KMU die Ressourcenallokation für transformative Initiativen effizienter gestaltet und dafür geeignete Organisationsstrukturen entwickelt werden.
Die Motivation dieser Initiative ist es, einen innovativen Brückenschlag von ersten Erfahrungen der Großindustrie aus Experimenten zur Umsetzung unterschiedlicher CV Formen in die spezifischen Anforderungen und Herausforderungen von KMU herzustellen. Dies wird von den wichtigsten Technologieunternehmen Baden-Württembergs (Großindustrie wie auch Mittelstand) als hoch relevant und signifikant für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrielandschaft eingeschätzt. Daher konnte der Antragsteller bereits die Unterstützung dieser Unternehmen (u.a. Mahle, STIHL, Bosch, Aesculap), der Wirtschaftsinitiative Baden Württemberg: Connected (bwcon) und der gerade für den Mittelstand so relevanten Industrie- und Handelskammern (Hochrhein-Bodensee, Ulm) gewinnen.