Wirtschaftsrecht

    ... schließt die Lücke zwischen Jura und BWL.

    Möglichkeiten für Wirtschaftsrechtsjuristen

     

    Der Masterstudent Tim Nauthe des Studiengangs Legal Management gibt einen Einblick von seinen Praxiserfahrungen in den Bereichen Unternehmenskäufe und -umstrukturierungen. Er gibt damit einen Eindruck der Möglichkeiten, die sich für die Absolventen unserer Studiengänge am Arbeitsmarkt bieten und wie der Arbeitsalltag von Wirtschaftsrechtlern im Berufsleben aussehen kann. 

    Basierend auf meinen persönlichen Erfahrungen möchten ich Ihnen einen Einblick in die vielfältigen Möglichkeiten geben, die sich mit dem Bachelorstudiengang Wirtschaftsrecht und dem darauf aufbauenden Masterstudiengang Legal Management eröffnen. Gemeinsam werfen wir einen Blick darauf, welche beruflichen Perspektiven sich auftun und wie der Alltag von Wirtschaftsrechtlern im Berufsleben aussehen kann.

    Im Wintersemester 2018 habe ich mein Wirtschaftsrechtsstudium an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) begonnen. Mittlerweile befinde ich mich im Masterstudium und absolviere gerade ein Auslandssemester in Irland. Parallel zum Beginn meines Masterstudiums im Sommer 2022 bot sich mir die Chance, als Werkstudent in den Bereichen Unternehmenskäufe und -umstrukturierungen einzusteigen. Diese Gelegenheit sah ich nicht nur als eine Möglichkeit, mein Interesse in diesen Bereich zu vertiefen, sondern auch als einen wertvollen Schritt, um meine im ohnehin praxisnahen Studiengang erworbenen Kenntnisse in der realen Berufswelt anzuwenden. In diesem Beitrag möchte ich auf ein Unternehmenskauf eingehen, an dem ich aktiv beteiligt war, um die breitgefächerten Aufgabenfelder von Wirtschaftsjuristen aufzuzeigen. Wir haben als Schnittstelle zwischen unserem Mandanten als Käufer des Unternehmens und dem Unternehmensbroker fungiert.

    Bei dem Kaufobjekt handelte es sich um ein E-Commerce-Unternehmen mit etwa 20 Beschäftigten. Meine Aufgabe umfasste die Überprüfung des Datenraums anhand unserer Due-Diligence-Checkliste, inklusive der Koordination mit der Gegenseite, um Rückfragen zu stellen und fehlende Dokumente anzufordern. In engem Austausch mit meinen Kollegen analysieren wir die Unterlagen auf einschlägige rechtliche und wirtschaftliche Risiken. Auf der rechtlichen Ebene lag der Fokus insbesondere auf Aspekten des Gesellschaftsrechts, Vertragsrechts, geistigen Eigentums und steuerlichen Angelegenheiten. Zugleich war ich in zahlreiche wirtschaftliche Themen involviert, darunter Bewertung und Bilanzierung sowie Fragen zum Wettbewerb, Kunden- und Lieferantenbeziehungen.  Nicht selten kam es vor, dass wir wiederum bei spezifischen Fragen Experten kontaktieren mussten, um beispielsweise eine Analyse über zukünftige Absatzchancen zu erhalten oder aber zur Klärung eines steuerlichen Risikos. Am Ende des Prüfprozesses waren wir zwei Tage vor Ort, um uns ein umfassendes Bild vom Unternehmen und den Verkäufern zu machen.

    Der M&A-Bereich ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass sowohl juristische als auch betriebswirtschaftliche Kompetenzen in der Unternehmenspraxis unverzichtbar sind und Wirtschaftsjuristen ideal als Schnittstelle fungieren können. Bereits in diesem Stadium des Projekts sah ich mich mit nahezu allen Bereichen konfrontiert, die ich während meines Studiums erlernt hatte. Obwohl ich selbstverständlich nicht in allen Bereichen Experte war, konnte ich auf einer soliden Grundlage aufsetzen und hatte ein Problembewusstsein für die relevanten Punkte, um mich schrittweise tiefer in die relevanten Themen einzuarbeiten.

    Im weiteren Verlauf der Unternehmenstransaktion war ich daran beteiligt, eine Cashflow-Prognose für die kommenden Jahre zu erstellen, um das Ertragspotential abzuschätzen. Gleichzeitig überlegten wir, wie die Anteile am besten übertragen und das Unternehmen in die bestehende Konzernstruktur unseres Mandanten integriert werden könnte. Aus Finanzierungs- und steuerlichen Gründen entschieden wir uns zunächst für die Gründung einer neuen Gesellschaft, um daraufhin die Anteile der Käufer auf diese neu zu gründende Gesellschaft zu übertragen. Nach intensiven Verhandlungen zum Kaufpreis und Klärung konkreter Umsetzungsdetails legte die Gegenseite ein Vertragsmuster vor, das ich eingehend prüfte. Die Verhandlungen erstreckten sich über mehrere Wochen, bis beide Parteien Kompromisse eingingen und sowohl ein passendes Übertragungsdatum als auch die Finanzierung mit den Banken geklärt waren.

    Nachdem die Transkation im Januar letzten Jahres vollzogen war, übernahm ich die Verantwortung für die Vertragsumsetzung und unterstütze das gekaufte Unternehmen bis heute bei rechtlichen Anliegen. Kürzlich wir es zum Beispiel meine Aufgabe, rechtliche Zuständigkeiten in kritischen Bereichen wie Datenschutz zu klären und kommunizierte dies an die Mitarbeiter. Neben der Abgrenzung der Aufgabenbereiche entwickelte ich Schulungsmaterial für Compliance-Themen.

    Dieses Projekt verdeutlichen die vielfältigen Aufgaben, die von der rechtlichen Beratung bis hin zur strategischen Planung reichen. Als Wirtschaftsrechtler sind Sie entscheidender Akteur bei der Lösung rechtlicher Herausforderungen im wirtschaftlichen Kontext. Dies beinhaltet die Ausarbeitung und Überprüfung von Verträgen, die Gestaltung von Unternehmensstrukturen, die Verhandlungsführung sowie die Navigation durch komplexe gesetzliche Regelungen. In der Zusammenarbeit mit verschiedenen Abteilungen und externen Partnern fungieren Wirtschaftsrechtlern als Vermittler und strategische Berater, die dazu beitragen, geschäftliche Entscheidungen auf eine solide rechtliche Grundlage zu stellen. Ihr Einsatzgebiet erstreckt sich über ein breites Spektrum, von der Due Diligence in M&A-Transaktionen bis zur Compliance-Überwachung und Risikobewertung. Als potenzielle Arbeitgeber kommen Unternehmen verschiedenster Art und Größe aus diversen Branchen in Frage, darunter auch Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzleien.

    Die Entscheidung, Wirtschaftsrecht zu studieren, erweist sich im Nachhinein als eine äußerst gute Wahl, die ich ohne Zweifel wieder treffen würde. Die täglichen Herausforderungen, mit denen ich konfrontiert werde, machen mir Spaß, und ich schätze die Vielseitigkeit der Tätigkeiten. Nach meinem Auslandssemester werde ich im Februar die Masterarbeit in Angriff nehmen und anschließend beruflich durchstarten. Auf mein Studium in Konstanz und meine Praxiserfahrungen als Werkstudent werde ich immer gerne zurückblicken, das steht für mich bereits jetzt fest.

    Tim Nauthe