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Zum Wohle der Hochschule

30.09.2021

Wechsel im Hochschulrat: Zwei Mitglieder verlassen turnusbedingt das Gremium, zwei neue folgen. Wer sind sie und was motiviert sie für die Aufgabe?

Die Arbeit im Hochschulrat der HTWG muss einen besonderen Reiz haben: Warum sonst hätten Dr. Andrea Leu und Prof. Dr. Silke Michaelsen gleich drei aufeinander folgende Amtszeiten ehrenamtlich in dem Gremium gearbeitet? Andrea Leu, bisher stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, lacht und bestätigt die Vermutung: „Ja, es war eine spannende Aufgabe.“ Sie sagt „war“, da sie wie Silke Michaelsen nach neun Jahren, der höchstmöglichen Mitgliedschaft im Hochschulrat, ausschied. Auf Dr. Andrea Leu als externes Mitglied folgte Dr. Rita Hermanns-Stengele, auf Prof. Dr. Silke Michaelsen als internes Mitglied folgte Prof. Dr. Susanne Engelsing.

Der Hochschulrat

Nach den Bestimmungen des baden-württembergischen Landeshochschulgesetzes ist der Hochschulrat neben Senat und Präsidium das dritte zentrale Organ der Hochschule (an Universitäten kann er auch Universitätsrat, an der DHBW Aufsichtsrat genannt werden). Der Hochschulrat trägt Verantwortung für die Entwicklung der Hochschule und schlägt Maßnahmen zur Profilbildung und zur Erhöhung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit vor. Er beaufsichtigt die Geschäftsführung des Präsidiums. Das Gremium wählt unter anderem die Präsidiumsmitglieder (gemeinsam mit dem Senat), beschließt den Struktur- und Entwicklungsplan sowie den Wirtschaftsplan. Dem siebenköpfigen Hochschulrat der HTWG gehören fünf externe sowie zwei hochschulinterne Mitglieder aus den Bereichen Wirtschaft, berufliche Praxis und Wissenschaft an. Die Arbeit im Hochschulrat erfolgt ehrenamtlich.

Alle Anspruchsgruppen betrachtet

Neben Senat und Präsidium ist der Hochschulrat das dritte zentrale Organ der Hochschule. Oft wird er „Aufsichtsrat“ genannt. Prof. Dr. Silke Michaelsen nutzt lieber die Bezeichnung „kritischer Freund“. Sie hatte Freude an der beratenden und unterstützenden Funktion des Gremiums. Die Mathematikerin lehrt seit 22 Jahren an der Fakultät Bauingenieurwesen und wirkte einige Jahre als Vizepräsidentin Lehre. Ihre umfassenden internen Kenntnisse konnte sie in die Arbeit des Gremiums einfließen lassen. Was ihr dabei besonders wichtig war: „Die gesamte Hochschule zu betrachten und die Interessen aller Gruppen, der Lehrenden, Mitarbeiter*innen  und Studierenden zu berücksichtigen.“

Konstruktive Zusammenarbeit

Neben den Gremiensitzungen zählte sie deshalb die Gespräche mit Hochschulangehörigen zu ihren Aufgaben. All das mit ihrer eigentlichen Arbeit an der HTWG unter einen Hut zu bekommen, war nicht immer leicht. Rückblickend sagt sie: „Ich werde mich gerne an die konstruktive Zusammenarbeit erinnern, egal, ob es um angenehme oder weniger angenehme Themen ging.“
Fast wortgleich formuliert Dr. Andrea Leu ihren Rückblick. Die Arbeit im Hochschulrat sei nicht immer einfach gewesen, „aber immer konstruktiv, immer vorwärtsorientiert, mit viel Wohlwollen und Engagement.“

 

Schweizer Perspektive

Ihr Blick auf die Hochschule habe sich seitdem akzentuiert. „Die HTWG ist für mich ein Beispiel dafür, wie sich eine Hochschule weiterentwickeln kann, indem sie immer vorausschaut“, sagt Dr. Andrea Leu, die sich auch hauptberuflich mit Bildung und Wissenschaft beschäftigt. Sie ist Mitgründerin und -Leiterin einer Agentur für strategische Kommunikation, die sich auf die Bereiche Technologie, Bildung und Wissenschaft spezialisiert hat.

Wer wählt die Hochschulrät*innen aus?

Die Mitglieder des Hochschulrats werden von der*dem Wissenschaftsminister*in bestellt. Zur Auswahl der Mitglieder des Hochschulrats wird eine Findungskommission aus Mitgliedern des Senats, die nicht dem Rektorat angehören, und Vertreter*innen des Wissenschaftsministeriums gebildet. Ein*e Vertreter*in des Hochschulrats und die Gleichstellungsbeauftragte nehmen beratend an den Sitzungen der Findungskommission teil. Die Findungskommission stellt mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen ihrer Mitglieder eine Liste auf. Die Liste insgesamt bedarf der Bestätigung des Senats mit Stimmenmehrheit.
Die Mitglieder der Findungskommission, der Senat und das Wissenschaftsministerium tragen bei Auswahl, Bestätigung und Bestellung der Mitglieder dafür Sorge, dass sich der Hochschulrat aus Persönlichkeiten zusammensetzt, die zur Gewährleistung einer Perspektivenvielfalt unterschiedlichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens angehören, mit dem Hochschulwesen vertraut sind und in Bereichen der Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft oder beruflichen Praxis tätig sind oder waren, die für die Aufgaben der Hochschule relevant sind.

Die Welt hat sich in den vergangen neun Jahren ihrer Amtszeit weitergedreht. Aktuelle Herausforderungen sehen Prof. Dr. Silke Michaelsen und Dr. Andrea Leu in der Digitalisierung sowie im weiteren Ausbau der Inter- und Transdisziplinarität in Lehre und Forschung, nach innen und nach außen. Ihren Nachfolgerinnen wünschen sie, dass Zeit und Platz für strategische Überlegungen gemeinsam mit der Hochschulleitung bleibt. „Der Hochschulrat kann und soll nicht an kleinen Rädchen schrauben, aber an den großen Bahnen arbeiten und dafür Leitplanken und Weichen stellen“, betont Andrea Leu.

„Ich werde die beiden sehr vermissen“, sagt Dr. Stefan Keh, der Vorsitzende des Hochschulrats. „In den vergangenen Jahren teilweise sehr intensiver Zusammenarbeit durfte das Hochschulrats-Team viele schöne Dinge unterstützen oder mitgestalten, wie z.B. den Struktur- und Entwicklungsplan. Manchmal war aber auch das ganze Spektrum von Diplomatie bis zu operativ korrektiven Vorschlägen gefragt, wie z.B. beim Thema der Leistungs- und Forschungszulagen, intern und gegenüber dem Ministerium. Silke Michaelsen und Andrea Leu waren dabei immer sehr initiativ und gestaltend, auch wenn es manchmal viel Anstrengung bedeutete.“

Unterstützung bei strategischen Überlegungen

In Zusammenarbeit mit Hochschulrat, Präsidium und Senat in ihrer neuen Funktion an der strategischen Weiterentwicklung der Hochschule mitwirken zu können – das empfindet Prof. Dr. Susanne Engelsing als „eine schöne und ehrenvolle Aufgabe“. Die Juristin ist seit elf Jahren Professorin an der HTWG und hat den Studiengang Wirtschaftsrecht mitaufgebaut. Davor wirkte sie unter anderem als Partnerin in einer wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Großkanzlei.

Prof. Dr. Susanne Engelsing sagt: „Sichere rechtliche Handlungsformen helfen der Hochschulleitung und dem Hochschulrat, nicht nur kluge politische, zukunftsweisende, sondern auch rechtssichere Strategieentscheidungen zu treffen. Als Juristin kann ich in diesem Spannungsfeld zwischen politischem und rechtssicherem Planen, Entscheiden und Handeln einen konstruktiven Beitrag leisten.“  

Verankerung des Gremiums in der „Hochschulgemeinde“

Für die bestimmungsmäßige Beratungs- und Kontrollfunktion gegenüber der Hochschulleitung strebe sie eine kollegiale, jedoch nicht unkritische, Zusammenarbeit an. „Ich empfinde es so, dass ein Vertrauensverhältnis zwischen der Hochschule und ihrem Hochschulrat bestehen sollte, im besten Fall sind wir ein Gremium mit starker Verankerung in der ‚Hochschulgemeinde‘ aller an der Hochschule Tätigen.“ Als internes Mitglied im Hochschulrat sieht sie ihre besondere Aufgabe auch darin, die Interessen aller Lehrenden im Blick zu behalten, damit ihnen in Forschung und Lehre der notwendige, verfassungsrechtlich verbriefte, methodische und inhaltliche Freiraum bleibe.

Bereicherung durch fachlich geprägte „Denke“

Die zwei neuen Mitglieder wollen den Hochschulrat sowohl mit ihrem beruflichen Hintergrund wie mit ihrer jeweils fachlich geprägten Denkweise bereichern. „Gerade Juristen sind gut darin, in Worst-Case-Szenarien zu denken. Sie sind aber auch geübt, Chancen und Risiken abzuschätzen, durch Einsatz der richtigen Instrumente Schaden zu vermeiden und Zukunftsprojekte und Erfolge abzusichern“, erläutert Prof. Dr. Susanne Engelsing. Im weiten Feld zwischen Strategie, Politik und Recht könne sie einen Beitrag dazu leisten, Risiken und mögliche Krisen frühzeitig zu erkennen und Strategien dagegen zu entwickeln.
Dr. Rita Hermanns Stengele wird ihre Ingenieur-Denke einbringen. „Das Denkschema hilft in vielen Situationen, nicht nur im konkreten Ingenieur-Berufsleben“, betont die Bauingenieurin. Was es auszeichnet? „Strukturiert denken, Ziele fokussieren – und dann mit lösungsorientierter Arbeit auch wirklich zum Ziel kommen“, zählt Dr. Rita Hermanns Stengele auf. Dazu komme der Mut, Entscheidungen zu treffen, Verantwortung nicht zu scheuen, während man Risiken und Unwägbarkeiten im Blick behalte.

Austausch von Wissenschaft, Lehre und Privatwirtschaft

Dr. Rita Hermanns Stengele kennt das Ingenieurwesen in der Praxis genauso wie in Forschung und Lehre. 2003 übernahm sie die Geschäftsführung bei FRIEDLIPARTNER AG in Zürich. Seit 2019 konzentriert sie sich als Präsidentin des Verwaltungsrats der FRIEDLIPARTNER AG auf Projektarbeit und Expertentätigkeit. Sie berät Bauherren und Ingenieur*innen bei komplexen grundbaulichen Fragestellungen und findet als Expertin bei Schadensfällen Ursachen und Lösungen. Besondere Expertise und langjährige Erfahrung hat sie im Bereich Deponiebau und Nachsorge.

 

Viele Jahre Verbandstätigkeit finden sich in ihrem Lebenslauf, unter anderem war sie Mitglied des Vorstands der Schweizerischen Vereinigung der Ingenieurinnen (SVIN). „Ich engagiere mich gerne, bringe mich und meine Erfahrung gerne ein“, erläutert sie, weshalb sie die Anfrage, ob sie Interesse an der Arbeit im Hochschulrat der HTWG habe, positiv beschied. Der besondere Reiz besteht für sie im Austausch von

Wissenschaft und Lehre sowie Privatwirtschaft.

Sie selbst hat Anfang der 1980er Jahre an der Universität Braunschweig Bauingenieurwesen mit den Schwerpunkten Geotechnik studiert – als eine von sieben Frauen unter 150 Männern. Der Reiz an anwendungsorientierter Forschung führte sie weiter. Sechs Jahre nach der Promotion an der ETH Zürich kehrte sie für eine Assistenzprofessur zurück. „Ich fand es interessant, anwendungsorientiert arbeiten und die Erkenntnisse in die Praxis umsetzen zu können.“ Nun freut sie sich darauf, die anwendungsorientierte Lehre und Forschung an der HTWG begleiten und die Hochschule in ihrer Weiterentwicklung mitgestalten zu können.
„Die beiden neuen Hochschulrätinnen haben andere Profile, als ihre Vorgängerinnen. Beide werden die HTWG mit genauso viel Kompetenz und Herzblut voranbringen,“ ist sich der Hochschulratsvorsitzende Dr. Stefan Keh sicher. „Nachdem wir gemeinsam mit dem Senat mit Prof. Dr. Sabine Rein vor einem Jahr eine hervorragende Präsidentin gefunden haben und mit Herrn Schnell einen exzellenten designierten Kanzler gewählt haben, können wir die Beiträge des Hochschulrats auf Zukunftsthemen konzentrieren. Dabei reicht das Spektrum von strategischer Ausrichtung des Profils der HTWG über nationale und internationale Vernetzung bis hin zu Fort- und Weiterbildung.“ Wichtig ist ihm dabei, dass „der Hochschulrat für die HTWG da ist und nicht umgekehrt. Wir sind ein Kontrollgremium, verstehen uns aber eher als Berater, die sowohl die Hochschulwelt wie auch Industrie und Wirtschaft sehr gut kennen.“

Die Mitglieder des Hochschulrats

Vorsitzender:  Dr. Stefan Keh, selbstständiger Senior Advisor, ehem. CEO Siemens Logistics Automation und Vertriebs- und Strategieleiter TTL Deutsche Telekom
Stellvertretender Vorsitzender:  Thomas Regele, Geschäftsführer Sybit GmbH, Radolfzell
Marion Diener, Sales Compensation Manager Germany and Headquarter EMEA (Europe, Middle East, Africa), Hewlett-Packard Enterprise, Böblingen
Prof. Dr. Susanne Engelsing, Professorin an der HTWG, Fakultät Wirtschafts-, Kultur- und Rechtswissenschaften, Studiengang Wirtschaftsrecht
Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin Bundesarchitektenkammer e.V. | Of Counsel ANP Architektur und Nutzungsplanung mbH, Kassel
Dr. Rita Hermanns Stengele, Präsidentin des Verwaltungsrats | FRIEDLIPARTNER AG, Zürich
Prof. Dr. Bernd Jödicke, Professor an der HTWG, Institut für Naturwissenschaften und Mathematik

Geschäftsführerin:  Karin Denner