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Aktionstag "Künstliche Intelligenz und Digitalisierung"

Drei Studenten unterhalten sich an einen Tisch angelehnt. Auf dem Tisch steht ein Roboter.

Wenn trotz Rekordtemperaturen und Flohmarkt-Wochenende so viele Menschen den Weg in eine Hochschule finden, um sich in Vorträgen wissenschaftliche Erkenntnisse zu einem technischen Sujet anzuhören, kann das nur am Thema liegen.

Die Themen des Aktionstags, den die HTWG Konstanz am 29. Juni veranstaltete, treiben die Menschen zweifellos um: Es ging um „Künstliche Intelligenz und Digitalisierung“, darum zu zeigen, in welchen Bereichen sie bereits eingesetzt wird, was sie eigentlich ist, aber auch um eine kritische Bewertung. In Vorträgen, Mitmachaktionen und Infoständen konnte die Besucher/-innen Anwendungsbeispiele kennenlernen, selbst neuronale Netze trainieren oder sich über Forschungsvorhaben informieren.

Dass der Informationsbedarf groß ist, verdeutlichte der Einführungsvortrag von Prof. Dr. Oliver Dürr: Bis auf den letzten Platz gefüllt war der Saal, in dem der Experte für Data Science und Maschinelles Lernen einen Überblick darüber gab, wie sich Machine Learning, Deep Learning und Künstliche Intelligenz beschreiben und verorten lassen, wo Potentiale und Entwicklungschancen liegen. Dürr vertrat die These, dass KI eher nützlich als intelligent zu nennen sei, weil sie zwar in der Lage sei, statistische, aber keine kausalen Zusammenhänge zu erkennen. Durch ein eindrückliches Beispiel aus der Forschung belegte er dies: So war eine KI, die man mittels tausender Bilder darauf trainiert hatte, eine Kuh zu erkennen, nicht mehr dazu in der Lage, als die Kuh an einen Strand platziert wurde – weil dies eine für eine Kuh außergewöhnliche Umgebung darstellt. In der Entwicklung gibt es also noch viel zu tun, wenngleich Dürr darauf hinwies, wie rasend schnell die Fortschritte seien, die im Laufe des letzten Jahrzehnts in diesem Bereich gemacht wurden.

Wie in der Lehre folgte die Hochschule Konstanz am Aktionstag ihrem interdisziplinären Ansatz und bezog ungewöhnliche Anwendungsfelder mit ein. Bereiche also, die KI nutzen, aber die man bei dem Schlagwort „Künstliche Intelligenz“ nicht sofort im Kopf hat. Neben den technischen Fakultäten wirkten dabei ebenso die Wirtschafts- und Rechtswissenschaften und der Fachbereich Kommunikationsdesign mit. So erläuterte Manuel Treiterer in seinem Vortrag, welche Möglichkeiten KI im Hinblick auf die Risikoabschätzung von Rechtsstreitigkeiten bietet, Jo Wickert, Professor für Interface-Design der HTWG, beschäftigte sich u.a. mit der Frage, was die Existenz einer „künstlichen Kreativität“ für die Zukunft der Kreativberufe bedeutet und der Wirtschaftsexperte Prof. Dr. Frank Best stellte die Blockchain-Technologie am Beispiel der Bitcoin-Blockchain vor und veranschaulichte industrielle Anwendungen.

Nicht nur beim Thema „Autonomes Fahren“ kommen im Zusammenhang mit der Künstlichen Intelligenz ethische Fragen auf. Gerade eine Hochschule mit technischem Schwerpunkt darf sich dieser Diskussion nicht entziehen, will sie ihre Studierenden zu verantwortungsvoll handelnden Akademiker/innen ausbilden. Dass hier in der Bevölkerung viele offene Fragen, Zweifel und Ängste bestehen, kam im Vortrag „KI und Ethik“ von Prof. Dr. Annette Kleinfeld zum Ausdruck. Es war deshalb sinnvoll, diesen von Anfang für die Beteiligung der zahlreich anwesenden Gäste zu öffnen. Einigkeit herrschte darüber, dass es keine Automatismen und fatalistische Affirmation geben dürfe beim Thema Künstliche Intelligenz, sondern dass auch an diese Technologie der Maßstab angelegt werden muss: Wie kann sie positiv für den Menschen wirken?

KI zum Anfassen und Ausprobieren

In den Ausstellungsräumen im Erdgeschoss konnten die Besucher/-innen Künstliche Intelligenzen und digitale Technik in Aktion erleben und Berührungsängste abbauen. Das Projekt „IT Grid Design“ der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik beispielsweise machte sein Forschungsvorhaben den Gästen verständlich, indem es ihnen die Möglichkeit bot, selbst ein ganz einfaches, neuronales Netzwerk zu trainieren: Wie schafft es eine KI, handgeschriebene Zahlen zu erkennen? Unversehens war man mitten im Gespräch über die Funktionsweise neuronaler Netze und fand so Zugang zum Forschungsvorhaben: Der Einsatz neuronaler Netze bei der Leistungsoptimierung von Stromnetzen (Smart-Grid). Ein Thema, das manchem Besucher ansonsten vielleicht zu technisch und abstrakt erschienen wäre.

Ein Besuchermagnet war neben dem RoboCrawler, ein Roboter, der das Krabbeln – wie ein Baby – durch bestärkendes Lernen erlernt, auch der Infostand des HTWG-eigenen Instituts für Optische Systeme. Besucher/-innen konnten hier u.a. ihr Porträt in Echtzeit mit Hilfe einer KI in ein Bild umwandeln lassen, das den Stil eines bildenden Künstlers nachahmte. Wie sich Massenbewegungen in der virtuellen Realität abbilden lassen, konnte man ebenfalls am Stand des Instituts für Optische System lernen. Mit einer VR-Brille erlebten die Besucher/innen die Simulation im dreidimensionalen Raum.

Als eine Hochschule für Angewandte Wissenschaften, die auf vielfältige Weise mit Unternehmen kooperiert, hatte die HTWG zum Aktionstag auch Firmenvertreter eingeladen, die Anwendungsfelder von KI und Digitalisierung in ihren Unternehmen vorzustellen. Ralf Walther, Geschäftsführer des Konstanzer Unternehmens mindUP erläuterte in seinem Vortrag anhand von Beispielprojekten –  u.a. die Aussteuerung von Texten und die Bildanalyse mittels Deep Learning – die praxisnahe Verwendung von KI. Die Firma INGUN zeigte an ihrem Informationsstand, wie sie die Herausforderungen im Umgang mit gigantischen Datenmengen meistert. Mauritius Geiger, Alumnus der HTWG und Geschäftsführer der fLUMINA GmbH, zeigte, wie die von seinem Unternehmen entwickelte Technik die Qualitätskontrolle bei Verfahren wie Drehen und Fräsen effizienter gestaltet.

Es hatte seinen eigenen Reiz, dass an den Mitmach-Stationen meist Studierende und Doktoranden der HTWG den Besuchern Rede und Antwort standen. Forschungsdrang und Begeisterung vermittelte sich so ganz unmittelbar und es wurde deutlich, wie vielfältig die Praxis- und Anwendungsprojekte bereits im Studium sind und wie sich darauf Forschungsvorhaben aufbauen lassen.

Wem der Kopf dank all der vielen neuen Informationen und Eindrücke rauchte, dem boten sich vielfältige Möglichkeiten für eine kurze oder längere Pause. Dazu luden nicht nur die Verkaufsstände und die Strandbar auf dem Campus ein, sondern ebenso der Chillout-Bereich im P-Gebäude. Dort konnte man sich, relaxt im Liegestuhl verweilend, kurze Erklärfilme zu Digitalisierungstrends ansehen.