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Am Puls der Zeit: Studierende vergleichen Corona-Strategien

Aktualität in der Lehre? Das ist wohl gegeben, wenn die Nachrichten vom Vormittag noch ins Referat am Nachmittag einfließen. Studierende der Asien-Studiengänge haben die Reaktionen asiatischer Länder auf die Pandemie verglichen.

In den Studiengängen Wirtschaftssprache Asien und Management ist derzeit der Blick nach Asien noch spannender als sonst schon. Hier hatte das Corona-Virus vor einem Jahr seinen Ursprung. Doch während viele Länder Europas gegen hohe Todeszahlen kämpfen, scheinen asiatische Länder das Virus erfolgreich in den Griff bekommen zu haben. Aber so einfach ist es nicht: Auch wenn die Infektionszahlen in Asien insgesamt geringer sind, gab und gibt es in den Ländern unterschiedliche Strategien seit und sogar schon vor der ersten Corona-Infektion. Und auch die wirtschaftlichen Auswirkungen unterscheiden sich stark. Anlass für des Lehrbeauftragten Dr. Eberhard Gohl in der Veranstaltung „Strukturmerkmale der Entwicklungs- und Schwellenländer“ ein Referatsthema dazu zu vergeben, wie sich die Strategien ärmerer und wohlhabenderer Länder in Asien unterscheiden.

„Es war unglaublich spannend, ein so aktuelles Thema zu bearbeiten“, sagt Tania Maire. So aktuell, dass sich die Vielzahl an Informationen ständig überholen. „Wir haben die Tage vor dem Referat und noch am Vormittag aktualisiert“, erinnert sich Rumeysa Efilti lachend.

Vergleich von Kambodscha und Indonesien mt China und Singapur

Für ihren Vergleich haben die beiden Drittsemester vier Länder ausgewählt: Rumeysa Efilti hat Kambodscha und Indonesien als ärmere Länder, Tania Maire hat Singapur und China als wohlhabendere Länder betrachtet. Dabei fanden sie heraus: Der Erfolg in der Eindämmung der Pandemie steht nicht mit wirtschaftlicher Stärke in Zusammenhang. „Kambodscha hat mich deshalb besonders interessiert, weil es das extrem arme Land geschafft hat, die Infektionszahlen sehr gering zu halten. Bis heute, 29. Januar, wurden dort 463 Infektionen und kein Todesfall verzeichnet, obwohl Kambodscha beteuert, viel getestet zu haben“, fasst die Studentin ihre Recherchen zusammen.

Vergleich auch mit Deutschland

Spannend waren die Recherchen zudem, weil die Thematik unser aller Lebenswelt derzeit stark prägt. „Klar haben wir dann auch immer verglichen, was läuft in Deutschland anders, und halten wir das so für besser oder schlechter“. Die Querdenker-Demos zum Beispiel, „die würden in Singapur nicht erlaubt. Und das finde ich auch nachvollziehbar, schließlich kann sich genau dabei das Virus ausbreiten“, sagt Tania Maire. Die WHO hat Singapur für die Maßnahmen gelobt, schon vor der ersten Infektion im Land Maßnahmen ergriffen zu haben, weiß Tania Maire. Die Maßnahmen könnten auch als massive Überwachungsmechanismen beschrieben werden - ein Eingriff in Persönlichkeitsrechte, der so in Europa undenkbar wäre. Auch Chinas Entscheidung, eine Multi-Millionen-Metropole vom einen auf den anderen Tag für drei Monate in den Lockdown zu schicken, sieht sie aus verschiedenen Perspektiven: „Das ist eine diktatorische Maßnahme, aber es war eine klare Entscheidung. Sie wurde überwiegend akzeptiert und hat funktioniert.“ Demgegenüber stehen die immer wieder aufs Neue diskutierten, von Bundesland zu Bundesland variierenden Maßnahmen und damit verbundene Unsicherheiten in Deutschland.

Blick auf Strafmaßnahmen und Impfstrategien

Einen Blick wert war den Studentinnen auch der Strafenkatalog bei Missachtung der Vorschriften: Während schon kleine Vergehen in Singapur mit Freiheitsstrafe geahndet werden können, sanktioniert Indonesien beispielsweise mit Geldstrafe, Liegestützen, gemeinnütziger Arbeit oder Probeliegen im Sarg.

Unterschiedliche gesellschaftliche Werte ließen sich nun auch in den Impfstrategien erkennen: Rumeysa Efilti führt Indonesien als Beispiel an. Es ist das Land in Südostasien, das am stärksten von der Pandemie getroffen worden ist: Zunächst werden dort nicht die älteren Menschen, sondern die Arbeitnehmer im Alter zwischen 18 und 59 Jahren (mit Impfstoff aus China) geimpft. Der Inselstaat, in dem ein Großteil der Bevölkerung als armutsgefährdet gilt, will so die Wirtschaft wieder ankurbeln. Für das Ziel sprächen auch die vielen Handelsabkommen, die Indonesien 2020 abgeschlossen hat.

Auslandsjahr in Indonesien?

Die Studiengänge Wirtschaftssprachen Asien und Management sehen im Studienverlauf einen einjährigen Aufenthalt in Asien vor: Ein Semester Studium an einer Partnerhochschule und ein Praxissemester in einer Firma oder Institution. Auch deshalb war die Recherche für Tania Maire und Rumeysa Efilti hochinteressant. Sie möchten im August zu ihrem Asienjahr aufbrechen. „Wir waren am Boden zerstört, als die Pandemie ihren Lauf nahm“, erzählt Rumeysa Efiliti. Die Recherche hat in ihnen jedoch das Vertrauen geweckt, dass ihnen ihr Jahr in Indonesien bald möglich sein wird. „Ich sehe die unglaubliche Zielstrebigkeit und denke, Indonesien ist ein Land, das sich schnell erholen wird.“ (aw)

Foto: Alexandra_Koch/Pixabay