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Aufstieg durch Bildung?

Vier Männer in Anzügen sitzen auf einer Bühne hinter runden Tischen, auf denen Karaffen und Wassergläser stehen. Sie diskutieren.

Auch in der jüngsten Veranstaltung der Reihe "Grenzgänger Wissenschaft" überschritten die Diskutanten Grenzen. Beim Blick auf soziale Mobilität lenkte Prof. Dr. Helmut Weber den Blick nach Asien.

Drei Wissenschaftler aus Konstanz und Kreuzlingen haben beim Wissenschafts-Talk «Grenzgänger Wissenschaft» die Zusammenhänge zwischen sozialer Herkunft, Schulerfolg, Ausbildung und Aufstiegschancen unter die Lupe genommen. Die Pädagogische Hochschule wurde von Damian Miller vertreten, die Uni Konstanz von Marius Busemeyer und die HTWG Konstanz durch Helmut Weber.
Steigert Bildung tatsächlich die Aussicht auf soziale Mobilität, also den sozialen Aufstieg? Wie hängen Bildung und politisches Engagement zusammen? Welche Auswirkungen hat die Bildungsexpansion? Welche Unterschiede von Bildungssystemen gibt es im internationalen Vergleich?

Bildung ist ein Faktor von Vielen

In einem waren sich die drei Wissenschaftler einig: Bildung kann die Chance auf den sozialen Auf-stieg verbessern, sie muss es aber nicht. Die Realität auf dem Arbeitsmarkt entscheidet über die Einbindung und somit über den wirtschaftlichen Erfolg. Bildung, die auf dem Arbeitsmarkt nicht gefragt ist, wird dort auch nicht angenommen. Dies habe sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich gezeigt, sagte Marius Busemeyer, Politikwissenschaftler an der Universität Konstanz. Trotz Bildungsexpansion stagniere die soziale Mobilität. «Der Bildungsabschluss hat auf dem Arbeitsmarkt an Wert verloren.» Helmut Weber, Sozial- und Regionalwissenschaftler an der HTWG, beobachtete eine ähnliche Entwicklung im Bildungssystem verschiedener asiatische Länder, vorab Indonesien. Bildung sei enorm teuer und es fehle an adäquaten Arbeitsplätzen. Daraus resultiere Arbeitslosigkeit trotz teurer Ausbildung. Damian Miller, Bildungshistoriker an der Pädagogischen Hochschule Thurgau (PHTG), führte aus, dass die Schule die Gesellschaft reproduziert und somit auch die soziale Ungleichheit. Als Beispiel wurden die getrennten Oberstufen genannt, die sich auf die Chancengleichheit und soziale Mobilität ungünstig auswirken.

Nomen est Omen

Unter Moderation des Journalisten Mario Testa kristallisierten die Referenten der Diskussion mit dem Publikum weitere Faktoren heraus, die den sozialen Aufstieg maßgeblich beeinflussen. Studien wurden zitiert, nach denen ehemalige soziale Eliten in höheren sozialen Schichten überdurchschnittlich vertreten sind. Die Herkunft und die Netzwerke der Eltern werden vererbt, man sprach von versteckten feudalen Strukturen.
Bei der Frage zum Zusammenhang von Bildung und politischem Engagement wurde lebhaft diskutiert. Weber zeigte auf, dass Bildung in autokratischen Systemen nicht zu mehr politischem Engagement führt. «Integrieren und nicht kritisieren ist hier gewünscht». Miller betonte, dass sich viele sogenannte Verlierer der Gesellschaft politisch am rechten Rand sehr engagieren. Engagement habe hier mehr mit Leidensdruck und nicht mit Bildung zu tun. Busemeyer wies darauf hin, dass ein Zusammenhang zwischen Bildung und politischem Engagement bestehe und es unterschiedliche Arten gebe, sich zu beteiligen. Ob Wahlen oder Proteste oder die Mitarbeit in einer Partei – die Art der politischen Beteiligung habe oft auch ökonomische Hintergründe. «Ökonomisch Schwache haben weniger Ressourcen, sich zu organisieren.» (Monique Stäger)

Über Grenzgänger Wissenschaft

«Grenzgänger Wissenschaft» ist eine gemeinsame Veranstaltungsreihe der Universität Konstanz, der Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG), der Pädagogischen Hochschule Thurgau (PHTG) in Kreuzlingen und der Stadt Konstanz. Der Wissenschafts-Talk bringt Forscherinnen und Forscher aus drei Hochschulen zusammen, um ein gemeinsames Thema über die Grenzen von Fachdisziplinen hinweg zu diskutieren – miteinander und mit dem Publikum, stets mit besonderem Fokus auf die Städte Konstanz und Kreuzlingen sowie auf die Region. «Grenzgänger Wissenschaft» überschreitet zugleich die Landesgrenzen und findet alternierend in Konstanz und in Kreuzlingen in der Schweiz statt.

Weitere Informationen und Termine auf der Seite von Grenzgänger Wissenschaft: www.grenzgaenger-wissenschaft.de

Impressionen der Veranstaltung Grenzgänger Wissenschaft in der Bildergalerie: www.grenzgaenger-wissenschaft.de/impressionen/demokratie/23-januar-2018

Grenzgänger Wissenschaft vom 23. Janaur 2018 im Video zum Nachschauen: www.streaming.uni-konstanz.de/lectures/wintersemester-2017/grenzgaenger-wissenschaft/grenzgaenger-wissenschaft-2018-01-23-01


Bildtext: Mario Testa, Marius Busemeyer, Damian Miller und Helmut Weber (v.l.) auf dem Podium der Veranstaltung «Grenzgänger Wissenschaft».
Bildquelle: Monique Stäger, PHTG