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Dem eigenen Selbstbewusstsein auf der Spur

Schauspielerinnen und Schauspieler steht eng nebeneinander. Sie blicken auf das weiße Herz auf dem schwarzen T-Shirt eines der Schauspieler.

Was bin ich? Und wenn ja, weshalb? Was macht unser Geschlecht aus? Die Geburtsurkunde oder die sexuelle Neigung? Oder gesellschaftliche Zwänge und Vorstellungen? Derlei Fragen thematisiert die aktuelle Inszenierung des HTWG-Theaters.

Rein in die Box, raus aus der Box. Schon das Bühnenbild, zwei große Kisten, deutet an, worum es in „Unboxing you“ geht. Die Kisten könnten auch Schubladen sein, in denen unser Denken sauber sortiert ist. Das meint man am Anfang, wenn die Schauspieler und Schauspielerinnen in schneller Taktung gängige Klischees abspulen: Ödes Eheleben, ewige maskuline Brunft, Weibchengetue, pubertäre Peinlichkeiten. Das alles bekommen die Darsteller hin, ohne ins Schlüpfrige zu geraten, weil sie es mit einer gehörigen Prise Ironie durchmischen.

Das ist die eine Seite, die sogenannte Heteronormativität. Die andere hat mehr Facetten und auch Schatten, denn klassische Denkmuster haben ihre Schwierigkeiten mit dem Verständnis etwa von Asexualität, Trans- oder Cissexualität. Dort, wo gewohnte Muster nicht mehr greifen, entstehen Reibflächen die oft zu kaum heilbaren Wundstellen werden können – körperlich und seelisch. Etwa, wenn es um Menschen geht, bei denen Mediziner ein bestimmtes Geschlecht festlegen, ohne die seelischen Konsequenzen in späteren Jahren zu bedenken. Oder ob ihre Diagnose stimmt.

Die Balance zwischen den beiden Polen der Inszenierung lösen die 18 Akteure bravourös, auch weil immer wieder musikalische Einlagen der gut aufgelegten Theaterband für Atempausen des Publikums sorgen, oder wenn aus dem Off Radiosprecher des Hochschulradios erläuternd begleiten.

Das Thema ist eigentlich nicht einfach und die Fallstricke, in denen man sich bei der Suche nach einem eigenen Selbstbewusstsein verheddern kann, zahlreich und stellenweise nicht ohne. Doch unter der Regie von Anna Hertz ist eine Inszenierung gelungen, die diese Gratwanderung zu einer ebenso humorvollen wie nachdenklichen Reise hin zu mehr Verständnis für das Anderssein macht. Und das mit Bravour.

Insgesamt haben über 40 Studierende aus allen Fakultäten an der Produktion gearbeitet, die eigenverantwortlich für alle Bereiche, vom Schauspiel über die Musik, die Texte, die Maske und die Technik bis hin zum Marketing sind. Das HTWG-Theater ist Teil des Studium generale. (ac)

 

Weitere Aufführungstermine: 15., 17. Und 18. Januar, Beginn ist jeweils um 20 Uhr. Spielort: Hochschule Konstanz, Gebäude P in der Gretel- und Paul-Dietrich-Straße.

Karten für 6 (ermäßigt) oder 8 Euro (Normalpreis) können auch unter theater@htwg-konstanz.de reserviert werden.

Bild: Ilja Mess