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Karrierewegweiser von Frauen für Frauen

Auf der Illustration ist das Profil eines Frauenkopfs zu sehen. Um den Kopf kreisen wie auf Atome auf Ellipsen Schnuller.

Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern im Berufsleben? Nun ja, da gibt es noch eine Menge zu tun. Wer unter anderem einen entscheidenden Beitrag dazu leisten kann?

Die Frauen! Das war ein Ergebnis des Frauendialogforums, das zwei BWL-Studentinnen für Kommilitoninnen und Alumnae organisiert hatten. Victoria Mayer und Marie Walther, beide im siebten Semester im Studiengang Betriebswirtschaftslehre, hatten ein Veranstaltungsformat wieder aufgegriffen, das die frühere Fakultätssekretärin ins Leben gerufen hatte. Das Ziel: Ein Austausch auf Augenhöhe in einem geschützten Rahmen, in dem Wegweiser für den Karriereweg abgesteckt werden können. Mit finanzieller Unterstützung des BWL-Alumni-Vereins und des Studiengangs BWL hatten sie Kontakte zu BWL-Alumnae geknüpft und Coaching-Expertinnen wie auch eine Expertin aus der Finanzbranche eingeladen.

Dabei ging es auch an Grundsätzliches: „Wo stehe ich, wo will ich hin, mit meinem Studium und mit meinem Leben?“, war zum Beispiel das Thema eines Programmpunkts, den Tina Koch und Kristina Schray von „Die Coacher“ aus Konstanz gestalteten. Das generalistisch aufgebaute BWL-Studium der HTWG eröffnet den Absolventinnen und Absolventen einen breiten Weg ins Berufsleben. Praktika, Praxissemester und schließlich die Abschlussarbeit können jedoch bereits eine Richtung für Spezialisierungen vorgeben. „Bei mir war es genau anders herum: Ich wusste nach meinem Praxissemester, in welchem Bereich ich definitiv nicht werde arbeiten wollen“, erinnerte sich eine Absolventin in einer Podiumsdiskussion. Aber auch diese Erkenntnis sei eine wichtige Hilfe gewesen. Sechs Alumnae gaben in der Diskussion ehrliche Einblicke in ihre stark unterschiedlichen Karrierewege einschließlich unerwarteter Höhen und Tiefen.

Ihre Lebenswege hatten sich nach dem Hochschulabschluss weit voneinander entfernt, nicht nur in geografischer Hinsicht. Eine Absolventin lehrt inzwischen selbst als Professorin, einige arbeiteten bei deutschen Firmen im Ausland, eine im Qualitätsmanagement einer Hochschule, eine promovierte Absolventin hat sich bewusst gegen bessere Verdienstmöglichkeiten, aber für mehr Freude am Job entschieden.
Die Diskussion machte deutlich: Den einen Weg zum Erfolg und zur Zufriedenheit gibt es nicht. „Packt Euren Werkzeugkoffer, dann seid Ihr maximal flexibel“, war der Tipp einer Alumna. Eine andere verwies auf die Stärken des Konstanzer BWL-Studiengangs: „Ihr habt hier so viele verschiedene Möglichkeiten etwas auszuprobieren, nutzt die Chancen, die Ihr habt!“, rief sie den Absolventinnen zu. Ist der Einstieg in den Beruf geschafft, sei ein roter Faden in den folgenden Karriereschritten sinnvoll: Sprünge seien innerhalb einer Firma möglich, bei Firmenwechseln sollte jedoch der rote Faden erkennbar sein. Tipps, die auch für Kommilitonen wertvoll waren. Doch Victoria Mayer und Marie Walther warfen auch Fragen zu frauenspezifischen Themen ein, wie zum Beispiel: „Inwiefern hat Eure Familienplanung berufliche Entscheidungen beeinflusst?“

Eine Frau als Chefin? Dann ändert sich manches.

Insbesondere geschlechtsspezifische Unterschiede im Führungsverhalten waren Thema. Sobald die Absolventinnen eine Frau als Vorgesetzte hatten, hätten sich nicht nur der Ton in der Abteilung, sondern auch zeitliche Abläufe geändert: „Plötzlich fanden Meetings nicht mehr vor 7.30 Uhr und nach 16:30 Uhr statt, weil dann die Kinder aus der Kita abgeholt werden mussten“, berichtete eine Absolventin. Einig waren sich die Teilnehmerinnen, dass sie mit ihrem Verhalten die Kultur im jeweiligen Unternehmen mitprägen: „Was jeder einzelne tut, hat Einfluss auf die Unternehmenskultur, ein Umdenken im Kopf passiert mit jeder Handlung, die wir tun.“ Das gelte gleichermaßen für männliche Kollegen, die in Elternzeit gehen, damit einen Karriereknick in Kauf nehmen und zum Nachdenken über verkrustete Strukturen anregen.

Grundsätzlich rieten sie dazu, Allianzen mit starken Persönlichkeiten zu schließen, sichtbar zu sein, und für die eigenen Ziele einzustehen. Ihre Erfahrungen haben gezeigt: "Wenn man etwas erreichen möchte, muss man sich selbst darum kümmern. Jemand anderes macht es nicht für einen."

Die eigenen Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen, dazu riet auch Finanzberaterin Annika Peters. Sie rüttelte die Teilnehmerinnen mit ihrem Beitrag „Frau von heute denkt an morgen – Strategien für alle Lebensphasen“ wach. „Das war keine Verkaufsveranstaltung, wie man vielleicht bei einer Finanzberatung befürchten könnte“, betont Organisatorin Victoria Mayer. Ganz im Gegenteil, für sie sei der Programmpunkt ein Höhepunkt des Tages gewesen, habe er doch deutlich gemacht, wie dringend Frauen sich um ihre Finanzen in Versicherungs- und Vorsorgefragen annehmen sollten. „Der gender-pension-gap, also die Geschlechter-Altersvorsorgelücke, ist noch viel größer als der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen – oft aber, weil sich Frauen nicht darum gekümmert haben“, erläutert die Studentin.

„Frau kann etwas erreichen, manchmal auch in kleinen Schritten.“

Zu einem ganz besonderen Tag machte das Frauendialogforum diesen Samstag für Elisabeth Reith. Die ehemalige Fakultätssekretärin, die inzwischen ihren verdienten Ruhestand genießt, hatte das Veranstaltungsformat vor vielen Jahren gemeinsam mit drei damaligen Diplomstudentinnen ins Leben gerufen. Sie dankte den Organisatorinnen Victoria Mayer und Marie Walther für ihr Engagement, das Thema wieder aufgegriffen zu haben und rief mit einem Blick zurück Erinnerungen wach. Der Mangel an weiblichen Vorbildern hatte sie einst dazu bewegt, das Format ins Leben zu rufen. Sie erlebte und erfuhr von Machtspielen in Unternehmen, deren Spielregeln Frauen fremd waren. Gleichzeitig forderte das Landeshochschulgesetz von den Studiengängen Hilfen für den Übergang ins Berufsleben und auch in Akkreditierungsverfahren des Studiengangs waren frauenfördernde Maßnahmen zunehmend gefordert. Anstoß genug für Elisabeth Reith, einen geschützten Rahmen zu schaffen, in dem Frauen sich unterstützten. „Wie verhalte ich mich in Bewerbungsgesprächen oder auch Gehaltsverhandlungen, wie kann ich Familie und Beruf vereinbaren – das waren Themen der ersten Frauendialogforen, die auch heute noch aktuell sind.
Doch beanspruchte die Bolognareform (Umstellung der Studiengangabschlüsse auf Bachelor und Master) immer mehr Zeit auch von Elisabeth Reith, so dass das Frauendialogforum einige Jahre nicht mehr stattfinden konnte. Dass die beiden Studentinnen nun das Engagement wieder aufgegriffen hatten, beweist für Elisabeth Reith: „Frau kann etwas erreichen, manchmal auch in kleinen Schritten.“
Nächstes Jahr soll die Veranstaltung wieder stattfinden. Zumindest ist das nun nicht mehr nur der Wunsch der früheren Veranstalterin Elisabeth Reith, sondern auch von Victoria Mayer und Marie Walther. (aw)

Illustration: Wadim Petunin