Wirtschaftsrecht

    ... schließt die Lücke zwischen Jura und BWL.

    4. Konstanz "Legal Tech Day" - Digitale Innovationen revolutionieren die Rechtsbranche

     

    Am 26. Mai 2023 fand der 4. Konstanz "Legal Tech Day" an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) in Konstanz statt. Die hybrid abgehaltene Konferenz des Studiengangs Wirtschaftsrecht unter der Leitung von Prof. Strittmatter fand zum vierten Mal statt und lockte eine Rekordzahl von über 150 Teilnehmer aus den verschiedensten Bereichen der Rechtsbranche wie Forschung, Lehre, Justiz und Rechtsberatung an.

     

    Unter dem diesjährigen Thema "Legal Tech in der Unternehmenspraxis" lag der Fokus auf teilautomatisierter Rechtsberatung und dem Legal Design Thinking. Die Teilnehmer erhielten spannende Einblicke in die neuesten Entwicklungen der Branche, zwei Workshops zum Thema Generative KI im Recht und dem Design von Legal Tools boten Gelegenheit, die aktuellen Themen zu vertiefen.

    Bereits am Vorabend bot ein Aperó in der Strandbar die Gelegenheit, sich auf den Legal Tech Day einzustimmen. Die Tagung nahm ihren Auftakt mit einem Grußwort der HTWG-Präsidentin Prof. Dr. Rein, welche die Bedeutung des Forschungs- und Anwendungsgebietes für die Hochschule hervorhob. Anschließend setzen zunächst die beiden im Bereich Legal Tech forschenden HTWG-Professoren Strittmatter und Maier mit ihrer Keynote den Rahmen zu den aktuellen wissenschaftlichen Diskursen im Bereich der Digitalisierung des Rechts im Allgemeinen und zu Legal Tech im Besonderen.

    "Die Unternehmen und ihre Berater treiben die Digitalisierung der Rechtsprozesse längst gezielt und erfolgreich voran", so Prof. Strittmatter. "Jetzt sind wir als Wissenschaftler aufgerufen, die methodischen Grundlagen weiterzuentwickeln, um effizientere Rechtsprozesse zu ermöglichen, die im Einklang mit der juristischen Arbeitsweise stehen."

    Hochkarätige Sprecher aus der Industrie, Rechtsanwaltskanzleien und der Legal Tech Branche bestätigten diese These, indem sie wertvolle Einblicke in die Unternehmenspraxis gaben und die Konferenz mit ihren Vorträgen bereicherten. Unter anderem waren die Allianz Technology SE (München), die Kanzlei Gleiss-Lutz (Stuttgart), die Kanzlei Vogel&Partner (Karlsruhe/ Stuttgart) sowie die Schweizer Post AG (Basel) und die Gründerin von This is Legal Design (Berlin) mit Beiträgen vertreten. Die Vielfalt der Teilnehmer - von Rechtsexperten über innovative Unternehmen bis hin zu Studierenden - trug zur lebendigen Atmosphäre bei und schuf eine inspirierende Umgebung für den Austausch neuer Ideen für künftige Legal Tech Initiativen.

    Eines der Kernthemen beschäftigte sich mit der Veränderung der Methoden in der Rechtsbranche, insbesondere durch den Einfluss der Forschungsrichtung der „quantitativen Rechtswissenschaften“. Juristen nutzen dabei die Erkenntnisse aus den komplementären Disziplinen der Betriebswirtschaftslehre (BWL) und Informatik, um Entscheidungsprozesse mithilfe generativer Künstlicher Intelligenz (KI) nachvollziehbar zu machen. Der Einsatz von KI ermöglicht es, empirische und stochastische Analysen durchzuführen und daraus Muster abzuleiten, um Prognosen hinsichtlich der Rechtslage anstellen zu können.

    Prof. Maier betonte im Zusammenhang von KI, dass man am Anfang einer Explosion der Datenwissenschaft stehe, die zu fundamentalen Veränderung der Arbeitsweise von Juristen führen werde: „Die Zukunft gehört den „Legal Engineers“ und verlangt das Verlassen der eigenen Komfortzone. Die heute Mutigen werden später sagen, es war das Beste, was ihnen passieren konnte.“

    Ein weiterer Schwerpunkt des 4. Konstanz Legal Tech Day lag auf dem Thema Legal Design, das darauf abzielt, die Rechtsprozesse insgesamt und auch die Vertragsgestaltung im Speziellen zu vereinfachen und zu optimieren. Ein Ziel besteht darin, verständlichere, benutzerfreundlichere und effizientere Prozesse und Vertragsstrukturen zu schaffen, die durch interaktive Tools, visuelle Elemente und Infografiken unterstützt werden.

    Im Rahmen dieser Diskussion wurde auch die Standardisierung von Rechtsvorgängen hervorgehoben. Ein Beispiel hierfür ist die teilautomatisierte Zusammenführung vergleichbarer Kleinstschäden mehrerer Einzelpersonen zu einer Sammelklage. Durch diese Zusammenführung können die Ansprüche gebündelt und gemeinsam vor Gericht verhandelt werden, was sowohl Zeit als auch Ressourcen spart.

    Ein Aspekt, der besonders hervorstach, war die Offenheit für den interdisziplinären Austausch zwischen rechtlichen und betriebswirtschaftlichen und informationstechnologischen Aspekten.

    Im Workshop zum Thema Chat GPT präsentierten Masterstudierende des Studiengangs Legal Management gemeinsam mit Prof. Maier die Funktionsweise von Large Language Models (LLMs). Dabei stellten sie einen eigens entwickelten Legal Chatbot vor, der sowohl auf einen eigenen Datenbestand als auch auf intelligente Prompts zugreifen kann, wodurch der Output bei rechtlichen Fragestellungen erheblich verbessert wird. In enger Zusammenarbeit mit Informatikern wurde im Anschluss an das Legal Tech Tool darüber hinaus ein Tool entwickelt, das Texte nach voreingestellten Parametern zusammenfassen kann und mittlerweile öffentlich zugänglich ist. Im zweiten Workshop „Entwicklung von Tools in der Rechtsberatung“ führten Absolventen des Studiengangs, die mittlerweile in der Beratungspraxis tät sind durch Anwendungsbeispiele für toolbasierte Rechtsberatung.

    Prof. Strittmatter zeigte sich sehr zufrieden mit dem Verlauf der Tagung und betonte die Wichtigkeit des Legal Tech Day als Plattform zwischen Hochschule und Rechtspraxis für den Austausch über die neuesten Trends und Entwicklungen in der Branche, aber auch für die Positionierung der HTWG als Hochschule für angewandte Wissenschaften und insbesondere des Studiengangs Wirtschaftsrecht. Er kündigte an, dass der Legal Tech Day im nächsten Jahr wieder vom Studiengang Wirtschaftsrecht veranstaltet werde.

    Die HTWG Konstanz freut sich sehr über den großen Zuspruch und die Teilnahme von Legal Tech Interessierten in und außerhalb Konstanz, darunter viele ehemalige Absolventen des Studiengangs Wirtschaftsrechts und Praktiker, z.T. auch aus dem Ausland, die online teilnahmen. Die Hochschule bietet mit ihrem praxisorientierten und interdisziplinären Ansatz die ideale Plattform, um die Digitalisierung des Rechts zu begleiten und ihre Studierenden auf eine erfolgreiche Karriere vorzubereiten.

    Wir bedanken uns bei allen Sprechern und Teilnehmern und freuen uns auf weitere erfolgreiche Veranstaltungen in Zukunft!

    Von Marc Strittmatter und Thomas Maier