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Ingenieurwissen für ein soziales Projekt

03.03.2020

Konstruktion soll Leben retten: Das Startup i-CRS will erschwingliche Kindersitze für Autos in Schwellenländern herstellen. Die Idee hat überzeugt: Das Gründerteam erhält ein EXIST-Stipendium.

„Wenn Kinder in Indien sterben, dann ist die Todesursache bei jedem zweiten Kind ein Verkehrsunfall“, sagt Nikil Abraham. Das klingt erschreckend genug. Ergreifend aber ist es, wenn der Inder die Zahl noch weiter konkretisiert: „Alle 30 Minuten kommt ein Kind im Straßenverkehr in Indien ums Leben.“ Eine der Hauptursachen für schwerwiegende Verletzungen und Todesfälle ist, dass kaum jemand Sicherheitssitze für Kinder nutzt. Oft sind sie schlicht zu teuer.
Dagegen möchte das Team von i-CRS etwas tun. Das Team, das sind Nikil Abraham, Diya Anna Abraham, Christoph Hoser und weitere Unterstützerinnen und Unterstützer. Sie haben einen innovativen Kindersitz für Autos und Busse entwickelt, der für Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführer in Schwellenländern finanziell erschwinglich und dennoch sicher sein soll.

Weil derzeit die Patentanmeldung läuft, kann das Team zu seinem Produkt noch nicht viel verraten. Das Konzept hat jedoch bereits überzeugt: Das Team bekommt ein EXIST-Stipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Es gewährleistet den drei Gründern über ein Jahr ein festes Einkommen, ermöglicht Coachings und den Kontakt zu Investoren. Die nötige Begleitung, Unterstützung und Tipps für die Antragstellung hatte Christina Ungerer von der Gründerinitiative Kilometer1 der HTWG und der Uni Konstanz geleistet. „Das Team hat bereits im Vorfeld ungewöhnlich viel Vorarbeit geleistet. Es ist ein sehr gut aufgestelltes Team, das mit seiner interdisziplinären Zusammensetzung ideal die verschiedenen gefragten Kompetenzen mitbringt“, sagt die Gründerberaterin. Gerade in der Entwicklung der Technologie und in der Forschung sei es weit. Das ist schließlich der Leitsatz des Teams: „Save lives through research“, prangt auf der Website.

So viel sei zum Kindersitz verraten: Er wird an die Größe des Kindes anpassbar sein. Die Verwendung soll unkompliziert sein. „Selbst bei hochpreisigen Kindersitzen in Europa werden viele Anwendungsfehler gemacht, die dann doch wieder die Sicherheit des Kindes gefährden“, sagt Christoph Hoser. Er hat an der HTWG BWL studiert und steckt nun in der Masterarbeit zum Abschluss des Studiengangs Unternehmensführung. Im Team von i-CRS übernimmt er alle Aufgaben im Bereich Finanzplanung und Marketing. Christoph Hoser sieht im Startup i-CRS nicht nur eine Chance, den Wunsch nach einer Ausgründung auszuleben, sondern ist überzeugt: „Das ist ein soziales Projekt!“

Seine Mitgründer, Nikil Abraham und Diya Anna Abraham, sind beide im südindischen Kerala geboren. Sie kamen zum Studium nach Deutschland. Nikil Abraham hatte schon immer großes Interesse an Sicherheit im Fahrzeugbau. Nach dem Masterabschluss in International Automotive Engineering an der FH Aachen und ersten beruflichen Erfahrungen hat der Ingenieur das nach dem Motorsportsicherheitspionier Prof. Sid Watkins benannte Watkins Stipendium 2017 erhalten. Dieses beinhaltete eine einjährige Anstellung am „Global Institute für Motor Sport Safety“, dem Forschungspartner des Weltmotorsportverbandes „Fédération Internationale de L’Automobile“ (FIA). Davor hatte sich Abraham bereits während eines Praktikums bei Toyota Motor Europe in Belgien mit Verletzungen durch Auffahrunfälle auseinandergesetzt. Während seiner Zeit am Trinity College in Dublin untersuchte er Fahrzeugunfällen im Zusammenhang mit Leitplanken. Am Global Institute arbeitete Abraham zuletzt in einem Forschungsprojekt zur Motorsportsicherheit bei allen von der FIA organisierten Wettbewerben. Ziel dieses Projektes: weniger Todesfälle im Motorsport durch erhöhte Sicherheit der Rennstrecken, Fahrzeuge und Ausrüstung.

 

EXIST – Existenzgründungen aus der Wissenschaft

EXIST ist ein Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Ziel ist es, das Gründungsklima an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu verbessern. Darüber hinaus sollen die Anzahl und der Erfolg technologieorientierter und wissensbasierter Unternehmensgründungen erhöht werden. Hierzu unterstützt das BMWi Hochschulabsolventinnen, -absolventen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studierende bei der Vorbereitung ihrer technologieorientierten und wissensbasierten Existenzgründungen. Darüber hinaus fördert EXIST eine lebendige und nachhaltige Gründungskultur an öffentlichen und privaten Hochschulen.
EXIST umfasst drei Förderprogrammlinien:
•    EXIST-Gründungskultur unterstützt Hochschulen dabei, eine ganzheitliche hochschulweite Strategie zu Gründungskultur und Unternehmergeist zu formulieren und nachhaltig und sichtbar umzusetzen.
•    EXIST-Gründerstipendium unterstützt die Vorbereitung innovativer technologieorientierter und wissensbasierter Gründungsvorhaben von Studierenden, Absolventinnen und Absolventen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.
•    EXIST-Forschungstransfer fördert sowohl notwendige Entwicklungsarbeiten zum Nachweis der technischen Machbarkeit forschungsbasierter Gründungsideen als auch notwendige Vorbereitungen für den Unternehmensstart.
Weitere Informationen zum EXIST-Förderprogramm
Kilometer 1, die Gründerinitiative von Universität Konstanz und HTWG

Ergänzt wird die betriebswirtschaftliche und technische Kompetenz von Christoph Hoser und Nikil Abraham von Diya Anna Abraham. Sie hat Biotechnologie studiert und bringt ihr Wissen von der Anatomie des menschlichen Körpers und seiner Empfindlichkeit sowie Belastbarkeit ein. „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“, betont sie. Damit sie nicht verletzt werden, sind andere Kriterien zu erfüllen. Gemeinsam haben sie den Kindersitz entwickelt. Derzeit durchläuft er sämtliche Tests zur nötigen Zertifizierung. Das Team strebt das orangene ECE R44 Zulassungsetikett an. Es garantiert, dass der Autokindersitz den Mindestanforderungen der EU-Sicherheitsverordnung ECE R44 entspricht.
Christoph Hoser betrachtet den Kindersitz zwar als soziales Projekt, betont aber auch: „Wir sind kein gemeinnütziger Verein.“ Selbstverständlich sei auch ein Ziel, Geld zu verdienen. Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Entwicklung von günstigen, aber sicheren Kindersitzen sinnvoll. Davon ist das Team überzeugt.

Um auch Kundinnen und Kunden mit geringerem Einkommen die Möglichkeit zu geben, ihren Kinder Sicherheit zu gewährleisten, soll der von i-CRS entwickelte Kindersitz für einen den Einkommensverhältnissen angemessenen Betrag verkauft werden. Um ihre Pläne noch weiter konkretisieren zu können, benötigt das Team allerdings Investoren. Die Gründer haben konkrete Vorstellungen: „Der Investor soll ein strategischer Partner sein“, betont Christoph Hoser. Seitens der HTWG erhält das Gründerteam hierbei Unterstützung. So war es bereits Gast beim German Indian Round Table, den Prof. Dr. Beate Bergé, Vizepräsidentin für Lehre und Qualitätssicherung, in Konstanz ins Leben gerufen hat. Er hat zum Ziel, Unternehmer, die in Indien aktiv sind, die indische Community der Bodenseeregion und Indieninteressierte zusammenzubringen. Über dieses Netzwerk hat das Team bereits eine Einladung zum indischen Konsulat in München erhalten. Als Mentor betreut Prof. Dr. Klaus Schreiner, Dekan der Fakultät Maschinenbau, das Team. Bei steuerlichen Fragen werden sie von Prof. Dr. Werner Volz aus dem Studiengang BWL unterstützt.

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