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Auslandssemester mit Hindernissen: Während Corona nach Hongkong und Hanoi

13.08.2021

Ein Auslandssemester während der Pandemie? Leah Brückner und Dorothea Dähn von der HTWG haben es gewagt und können es nur empfehlen. Wir haben mit ihnen über ihre Vorbereitungen, die Quarantäne in Hongkong und Hanoi und ihre bisherigen Erlebnisse gesprochen.

„Dass es wirklich klappt, wusste ich erst, als ich im Flieger saß“, sagt Leah Brückner. Sie studiert Wirtschaftssprachen Asien und Management an der HTWG und absolviert seit April ihr Praxissemester bei Fiducia Management Consultants im Bereich Business Development und Marketing in Hongkong.

Plan B: Die Studentin nahm anfangs noch an Vorlesungen des Sommersemesters teil

Fiducia unterstützt internationale Unternehmen in China mit einer Reihe von Beratungs- und ausgelagerten Dienstleistungen und ist ein neuer Kooperationspartner der Asienstudiengänge der HTWG. Begonnen hat die Studentin ihr Praktikum von Deutschland aus. „Ich habe lange gar nicht zu hoffen gewagt, dass es überhaupt klappt“, sagt sie.

Auslandssemester in Corona-Zeiten

Trotz des Coronavirus können Sie sich auch für einen Auslandsaufenthalt im Sommersemester 2022 wieder bewerben. Die HTWG und unsere Partnerhochschulen weltweit führen die Bewerbungsverfahren Stand heute unter der Annahme durch, dass die weltweite Lage im nächsten Sommersemester einen Austausch zulässt bzw. ergänzende virtuelle Austauschalternativen geschaffen werden. Aufgrund der Dynamik der COVID-19-Pandemie ändern sich die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes laufend. Das Akademische Auslandsamt informiert Sie über die aktuellen Entwicklungen bzgl. der Austauschprogramme.

Als Alternative zum Auslandsaufenthalt hat das Akademische Auslandsamt zusammen mit HAW.International im Rahmen eines Pilotprojekts mit der Hong Kong Baptist University ein virtuelles Austauschprogramm geschaffen. Student*innen der HTWG können im Wintersemester an einzelnen digitalen Vorlesungen der Partnerhochschule in Hongkong teilnehmen und Student*innen der Baptist University haben die Möglichkeit, virtuelle Lehrveranstaltungen der Hochschule Konstanz zu besuchen.

Weitere Informationen zum virtuellen Austauschprogramm mit Hongkong.

Anfang des Jahres, als Leah Brückner ihr Praktikum antreten wollte, war die Inzidenz in Deutschland noch so hoch, dass sie befürchten musste, dass Hongkong seine Grenze für Einreisende aus Deutschland komplett schließt. Deshalb hatte sie sich auch einen Plan B zurechtgelegt. Noch zu Hause nahm sie an Vorlesungen des Folgesemesters an der HTWG teil, um es im Notfall vorzuziehen und ihr Auslandspraktikum im Wintersemester 2020/21 zu absolvieren.

Quarantäne in Hongkong: Begleitung vom Flughafen bis ins Hotel

Als sich abzeichnete, dass sie ihr Praxissemester in Hongkong würde antreten können, begann sie schon in Deutschland aus dem Homeoffice für Fiducia zu arbeiten. Und bei der rein digitalen Arbeit sollte es auch erst einmal bleiben. Denn die Praktikantin musste nach ihrer Ankunft zuerst einmal für drei Wochen in Quarantäne.

„Vom Flugzeug bis zum Hotel, in dem ich meine Quarantäne verbracht habe, wurde ich auf Schritt und Tritt von Menschen in weißen Schutzanzügen begleitet. Obwohl ich getestet war, hatte ich so wirklich das Gefühl, eine lebensgefährliche Seuche einzuschleppen“, sagt Leah Brückner.

Drei Wochen im Hotelzimmer mit Essen aus der Großküche und Lieferdiensten

Ihr Hotelzimmer, in dem sie die Quarantäne verbrachte, hatte Ficudia für sie organisiert. „Für Hongkonger Verhältnisse war das Zimmer glücklicherweise recht groß. Wenn ich mich doch beengt gefühlt habe, habe ich mich ans Fenster gestellt, von dem aus ich einen guten Blick auf die Stadt hatte“, erzählt die Studentin.

Dreimal am Tag bekam sie Essen aus einer Großküche, die mehrere Hongkonger Quarantänehotels versorgt, vor die Zimmertür gestellt. „Das war leider nicht immer ein Genuss, ich hatte aber glücklicherweise auch die Möglichkeit Lieferdienste zu nutzen und die sind wirklich super in Hongkong“, sagt sie.

Optimale Work-Life-Balance: Hongkong ist vielseitig

Ob sich das Hoffen, die Parallelarbeit für Plan B und die Quarantäne gelohnt haben? „Oh ja, ich würde am liebsten hierbleiben“, sagt Leah Brückner. Dabei sind die Corona-Einschränkungen in Hongkong noch viel strenger als in Deutschland. Im öffentlichen Raum dürfen sich maximal vier Personen treffen. Eine Maske müssen die Menschen überall tragen, auch an der frischen Luft.

An Hongkong gefällt Leah Brückner besonders, dass die Stadt unzählige Möglichkeiten für eine optimale Work-Life-Balance bietet: „Sie ist natürlich riesig und sehr international. Daher bietet sie vielfältige Möglichkeiten für die Freizeitgestaltung. Zum Beispiel hat Hongkong sehr viele unterschiedliche Gesichter. Es gibt Stadtteile, in denen hat man das Gefühl, man könnte auch ganz woanders sein, zum Beispiel in Frankreich“, sagt sie.

Hongkong ist leerer als sonst: Tourist*innen aus Deutschland dürfen aktuell nicht einreisen

Ihre Wohnung hat sich die Studentin nach der Quarantäne selbst gesucht. Dafür hatte sie sich für die ersten zehn Tage ein Apartment über Airbnb gebucht. „Ich habe tatsächlich recht schnell etwas gefunden, obwohl ich mir bei der Suche auch viele Angebote angesehen habe, die wohl für die meisten Europäer*innen nicht in Frage kämen. Mit meinem Apartment hatte ich letztendlich aber großes Glück“, sagt sie.

Möglicherweise hat bei der Suche auch geholfen, dass die Stadt auf Grund der Pandemie leerer ist als sonst. Die Einreise ist aktuell nur für Personen mit dauerhafter Aufenthaltsberechtigung möglich. „Als Touristin hätte ich die Stadt aktuell nicht besuchen können“, sagt Leah Brückner.

Strände und Ausgangspunkte für Wanderungen sind von Hongkong aus schnell zu erreichen

Ihren Aufenthalt in Hongkong als Ausgangspunkt für Reisen in Asien zu nutzen, ist für die Studentin auf Grund von Corona nicht möglich. Das stört sie aber nicht, da sie auch die nähere Umgebung von Hongkong schön und sehr abwechslungsreich findet: „Mit Bussen und Fähren gelangt man hier innerhalb kurzer Zeit zu wunderschönen Stränden und an Orte, an denen man zum Beispiel toll wandern gehen kann“, berichtet sie.

Auf der Grundlage ihrer eigenen Erfahrung würde sie ein Auslandssemester trotz Corona auf jeden Fall weiterempfehlen, auch wenn viele ihrer Kommiliton*innen ihr Praxissemester, das im Studiengang Wirtschaftssprachen Asien und Management eigentlich im Ausland stattfindet, auf Grund der Pandemie in Deutschland absolvieren.

Durchhalten: Die ersten Wochen im Ausland sind ungewohnt und schwierig

Einen Tipp für alle, die ihren Aufenthalt im Ausland noch starten hat sie auch: „Wir haben im Studium viel über den Kulturschock gesprochen, den man bekommt, wenn man für einige Zeit im Ausland lebt und ich kann bestätigen, dass die ersten Wochen nicht ganz einfach sind. Das liegt vor allem daran, dass viele Dinge einfach anders und ungewohnt ablaufen. Ich habe mich aber daran gewöhnt und kann sagen, dass es sich lohnt durchzuhalten.“

 

Auch Dorothea Dähn musste lange hoffen, bevor sie sicher sein konnte, dass sie ihr Pflichtauslandssemester im Bachelorstudiengang Asienmanagement Südost- und Südasien tatsächlich im Ausland würde absolvieren können. Hätte die HTWG nicht kurz vorher eine Kooperation mit der University of Languages & International Studies in Hanoi (ULIS) gestartet, hätte sie ihr Auslandssemester wie viele ihrer Kommiliton*innen anhand von Onlinevorlesungen von Deutschland aus absolvieren müssen.

Auch das Auslandssemester von Dorothea Dähn startet im Hotel

„Als ich das Angebot bekam, mich in Vietnam an der ULIS bewerben zu können, habe ich nicht lange gezögert. Ich wollte sowieso schon immer mal nach Vietnam zum Backpacken reisen“, sagt sie. Ob sie während ihres Aufenthaltes überhaupt reisen kann, ist aktuell aber noch nicht abzusehen. Bis zum Start ihres Semesters an der ULIS ist sie erst einmal in Quarantäne. Essen bekommt sie, wie auch Leah Brückner in Hongkong, aufs Hotelzimmer gebracht. Einmal am Tag kommt jemand zum Fiebermessen vorbei. Die Fenster in ihrem Zimmer kann sie leider nicht öffnen.

Dorothea Dähn sieht aber auch die positiven Seiten: „Ich habe gestern zum ersten Mal seit einem Jahr wieder gezeichnet“, erzählt sie. Die Zeit in der Quarantäne vertreibt sie sich ansonsten mit Hilfe ihrer Yogamatte und der Suche nach Themen für ihre Bachelorarbeit. Bevor sie im Hotel ankam, musste die Studentin aber erst einmal darum bangen, überhaupt einreisen zu dürfen.

Für die Einreise nach Vietnam war ein ganzer Ordner an Dokumenten notwendig

Schon der Abflug in München begann mit Hindernissen: „Es gibt aktuell gar keine regulären Flüge nach Vietnam, nur eine Verbindung speziell für Student*innen und Diplomat*innen“, erzählt die Studentin. Beim Einchecken wollte die Airline sie jedoch zuerst nicht an Bord des Flugzeugs lassen, weil sich die Mitarbeiter*innen nicht sicher waren, ob sie würde einreisen dürfen. Erst wenige Minuten vor dem Start war klar: Dorothea Dähn würde mitfliegen.  

Im Gepäck hatte sie einen ganzen Ordner mit Dokumenten, die sie bei ihrer Ankunft am Flughafen in Hanoi vorweisen musste, darunter eine Erlaubnis des lokalen Gesundheitsamtes, den Distrikt bis zu ihrem Hotel durchqueren zu dürfen, eine Buchungsbestätigung ihres Hotels und eine Visumsbestätigung. Das eigentliche Visum sollte sie erst in Vietnam erhalten.

Im Schutzanzug, mit Handschuhen, Face Shield und Begleitung vom Gesundheitsamt durch Hanoi

Noch am Flughafen bei ihrer Ankunft in Hanoi mitten in der Nacht erlebte sie dann eine weitere Schrecksekunde: Die Behörden nahmen allen Einreisenden die Pässe ab. „Ich wusste, dass ich meinen Reisepass im Hotel würde abgeben müssen, nicht aber am Flughafen“, erzählt sie. Glücklicherweise war die Betreuerin für Austauschstudent*innen der ULIS die ganze Nacht wach geblieben, um für die Neuankömmlinge per SMS erreichbar zu sein.

Sie konnte in Erfahrung bringen, dass das aktuelle Einreiseprozedere die Abgabe des Passes am Flughafen vorsah und die Studentin ihn nach ihrer Quarantäne im Hotel zurückerhalten würde. Beruhigt durch diese Nachricht durfte Dorothea Dähn in Schutzanzug, Handschuhen und mit Face Shield in Begleitung eines Mitarbeiters des Gesundheitsamtes mit dem Taxi in ihr Hotel fahren und die Quarantäne antreten.

Sich und andere schützen, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten

Ob sie, wenn das Semester beginnt, ihr Studium vor Ort an der Universität wird aufnehmen können, weiß sie aktuell noch nicht. „Im Moment sind alle Geschäfte, Schulen und Universitäten hier geschlossen“, erzählt sie im Interview. Die Stadt befindet sich im Lockdown. Nach der 14-tägigen Quarantäne im Hotel muss sie sich aber sowieso noch sieben Tage in Selbstquarantäne in ihrem Airbnb-Zimmer, das sie für den ersten Monat gebucht hat, aufhalten. Direkt danach, beginnt das Semester – „hoffentlich in Präsenz“, sagt Dorothea Dähn.

Trotz der Strapazen sieht sie ihrem Aufenthalt positiv entgegen und bereut ihre Entscheidung nicht. „Ich würde mich auch im Nachhinein nicht von Corona davon abbringen lassen, ein Auslandssemester zu machen“, sagt sie. Wichtig sei aber zu bedenken, dass das Gesundheitssystem anderer Länder häufig schlechter sei als in Deutschland und es deshalb wichtig sei, sich an Hygienemaßnahmen zu halten, um sich und andere zu schützen.

Die Studentin würde nach dem Auslandssemester gerne noch länger bleiben

Die Studentin ist bereits erfahren mit dem Leben im Ausland. Vor dem Studium an der HTWG hat sie eine Ausbildung zur Reisekauffrau gemacht und schon in Indonesien, den USA, auf Fuerteventura und in der Schweiz gearbeitet. „Trotzdem war ich dieses Mal so nervös wie noch nie. Jetzt wo ich hier bin, bin ich aber zuversichtlich“, sagt sie. Ihr Auslandsaufenthalt umfasst eigentlich nur ein Semester. Weil sie aber ein Visum für ein ganzes Jahr bekommen hat, hofft sie, im Anschluss noch ein Praktikum in Vietnam machen zu können oder sogar ihre Bachelorarbeit dort zu schreiben.

Titelbild: Impressionen von Leah Brückners Auslandsaufenthalt in Hongkong.