Zurück zur Übersicht

Über Prompts und die Freude am Lehren und Ausprobieren

15.01.2024

Drei neue Gast- bzw. Vertretungsprofessor*innen haben im Wintersemester 2023/24 ihre Stellen an der HTWG angetreten. Wer sie sind und was sie an der HTWG erreichen wollen, erfahren Sie in unserem Magazin.

Gast- und Vertretungsprofessuren bieten qualifizierten Interessent*innen die Möglichkeit, für einen begrenzen Zeitraum eine Professur an einer Hochschule auszuüben. Im Wintersemester 2023/24 konnte sich die HTWG über drei Neuzugänge freuen. Dr. Kathleen Ehrlich, Dr. Elisabeth Josten und Dr. Dennis Grewe wollen sich in Lehre und Forschung engagieren.

Dr. Kathleen Ehrlich. Gastprofessorin in der Fakultät Elektro- und Informationstechnik

Dr. Kathleen Ehrlich ist für zwei Semester Gastprofessorin an der Fakultät Elektro- und Informationstechnik. 50% ihrer Arbeitszeit verbringt Ehrlich an der Hochschule Konstanz, die anderen 50% arbeitet sie bei einem Unternehmen in München, im Bereich Data Management und Data Analytics.

Studium: Finanz- und Wirtschaftsmathematik an der TU München
Promotion: Im Bereich Risikomanagement an der Universität zu Köln
Fachgebiete: Wirtschaft, Mathematik, Data Science  

 

Drei Fragen an Dr. Kathleen Ehrlich

Frau Ehrlich, Sie bilden zukünftige Wirtschaftsingenieur*innen aus. In ihrem ersten Semester an der HTWG lehren sie betriebswirtschaftliche Grundlagen, im zweiten kommen die mathematischen dazu. Wie wichtig ist die interdisziplinäre Ausbildung von Studierenden?

Als Ingenieur*in braucht man Interdisziplinarität. Wirtschaftsingenieur*innen, der Name sagt es ja schon, müssen sowohl technische als auch betriebswirtschaftliche Prozesse verstehen, aber auch über mathematisch-naturwissenschaftliche Kenntnisse verfügen. Im Arbeitsleben setzen sich Wirtschaftsingenieur*innen mit Fragen der Prozessoptimierung, Planung von Produktionsabläufen, vielleicht sogar bis hin zum Absatz auseinander. Es geht aber um mehr als Kenntnisse in Mathematik und Betriebswirtschaftslehre. Die Fähigkeit, sich auf Veränderungen einzulassen, immer wieder neue Lösungen zu entwickeln und das zunehmend in internationalen und interkulturellen Teams zählt zu den wichtigsten Kompetenzen.

Auf welche Veränderungen möchten Sie ihre Studierenden vorbereiten?

Mich beschäftigt das Thema generative KI. Fachwissen lässt sich immer schneller nachschlagen. Die Zukunft von Ingenieur*innen liegt in der Fähigkeit überfachliche Kompetenzen zu gewinnen und kontinuierlich auszubauen. Interdisziplinarität, Kommunikation, interkulturelle Kompetenzen und die Fähigkeit zum kritischen Umgang mit Daten sind schon heute sehr wichtig. Um das Potenzial voll auszuschöpfen, muss man wissen, wie man mit generativen KI-Systemen interagiert, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Das Prompt Engineering wird somit zunehmend wichtiger. Ich möchte meine Studierenden dazu ermutigen, lösungsorientiert zu denken und nicht nach der einen perfekten Lösung zu suchen. Denn Technologien und Prozesse entwickeln sich ständig weiter. Man muss sich immer fragen, welche Möglichkeiten gibt es noch? Und geht das noch besser? Das macht den Ingenieurberuf so spannend und vielfältig.

Ihre Gastprofessur wird über das Professorinnenprogramm ermöglicht. Wie schaffen wir es den Frauenanteil in den MINT-Fächern nachhaltig zu erhöhen?

Wir brauchen Role Models und müssen diese viel früher sichtbar machen. Das fängt in der Schule, wenn nicht früher an. Wenn Mädchen im Alter von drei Jahren Astronautinnen, Medizinerinnen oder Programmiererinnen entdecken, dann stellt sich die Frage nach Frauen- oder Männerberufen bestenfalls gar nicht.

 

Dr. Elisabeth Josten. Vertretungsprofessorin in der Fakultät Elektro- und Informationstechnik

Dr. Elisabeth Josten übernimmt eine zweijährige Vertretungsprofessur in der Fakultät Elektro- und Informationstechnik.

Studium: Physik an der Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Promotion: Im Fach Physik im Bereich magnetischer Mikro- und Nanostrukturen an der RWTH Aachen mit Forschungsauftrag im Forschungszentrum Jülich
Fachgebiete: Physik, Mathematik Nanowissenschaften und -technologie  

 

Drei Fragen an Dr. Elisabeth Josten

Frau Josten, Sie waren an verschiedenen Helmholtz-Zentren und im Ausland forschend tätig. Wie haben Sie ihre Leidenschaft für die Lehre entdeckt?

Schon während meiner wissenschaftlichen Laufbahn merkte ich, dass präsentieren, vermitteln und erklären von wissenschaftlichen Ergebnissen und Messmethoden mir viel Spaß macht. Meine Verpflichtung an einem betroffenen Gymnasium nach der Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal haben mir noch mehr gezeigt, wie viel Freude ich an der Lehre habe. Die Ausschreibung für die Vertretungsprofessur an der HTWG kam genau zum richtigen Zeitpunkt und ich habe mich dann bei Prof. Rebholz (Dekan der Fakultät Elektro- und Informationstechnik) gemeldet und für die Stelle beworben.

Sie unterrichten Mathematik. Ein Fach, vor dem manche Studierende Respekt haben. Wie unterstützen Sie ihre Studierenden in der Lehre?

In der Vorstellungsrunde habe ich den Studierenden gesagt, dass wir die Mathematik gemeinsam schaffen werden. Gerade unterrichte ich Erstsemester, da ist die Gruppe sehr heterogen. Ich ermutige die Studierenden Fragen zu stellen und mit mir zu kommunizieren. Lehrmethodisch mache ich es zum Beispiel so, dass ich das Thema vorstelle und ein paar Beispiele vorrechne.  Dann lasse ich die Studierenden selber Aufgaben rechnen. Dabei bemerken Sie selber ganz schnell, ob Sie es verstanden haben oder nicht und ich kann dann direkt darauf eingehen und weiterhelfen. Was ich toll finde ist, dass die Studierenden sich auch gegenseitig unterstützen und die Fachstärkeren den Schwächeren Hilfestellung geben. Dies ist eine Win-Win Situation für beide Seiten, denn die einen bekommen eine zusätzliche Erklärung und der Erklärende übt das Verstandene selber Auszudrücken. Beim eigenständigen Erklären merkt man erst wirklich, ob man es selber verstanden hat.  

Was würden Sie während ihrer Vertretungsprofessur gerne umsetzen?

Ein Ziel ist es meine Lehre zu optimieren und beim Austausch mit Kollegen sich inspirieren zu lassen. Zum anderen würde ich gerne meine Erfahrungen aus den Bereichen Nanowissenschaften und die dazugehörigen Charakterisierungsmethoden weitergeben. Dessen Anwendungsgebiete reichen von den Materialwissenschaften und der Produktionstechnik bis hin zur Mikroelektronik. Der Aufbau eines wissenschaftlichen Projekts im Bereich neuartiger magnetischer Nanostrukturen zur energieeffizienten und nachhaltigen Speicherung und Übertragung von Informationen mit einem internationalen Team, Industrie und Studenten vor Ort ist ein weiteres Ziel. Wir sind hier gerade an der Grenze des Machbaren und hierüber gemeinsam hinaus zu gehen und neuartige Phänomen zu entdecken ist meine Inspiration. Auch das Einbringen meine Erfahrung aus der Industrie in der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung könnte ein interessanter Aspekt sein. Wie sagte der ehemalige Leiter der DGZFP: „In der Produktion fährt nichts, läuft nichts, blinkt nichts oder … ohne eine entsprechende Prüfung“.

 

Dr. Dennis Grewe. Professurvertretung in der Fakultät Informatik

Dr. Dennis Grewe hat eine einjährige Professurvertretung in der Fakultät Informatik übernommen. 50% seiner Arbeitszeit verbringt er an der Hochschule Konstanz, die anderen 50% im Unternehmen als Entwicklungsingenieur in der Voraus- und Produktentwicklung.

Studium: Informatik an der Hochschule der Medien Stuttgart
Promotion: Im Bereich zukünftiger Netzwerkarchitekturen mit Schwerpunkt vernetzte Fahrzeuge an der Universität Koblenz
Fachgebiete: Softwareentwicklung, Software-Architekturen, Rechnernetze, Protokolle

 

Drei Fragen an Dr. Dennis Grewe

Herr Grewe, hatten Sie vor ihrer Zeit an der HTWG schon Lehrerfahrung und wie kamen Sie zur Professurvertretung?

Schon während meiner Promotion an der Uni Koblenz hatte ich die Möglichkeit zu lehren. Auch später dann im Unternehmen gab es einen regen Austausch mit Hochschulen und die Möglichkeit als Dozent zu arbeiten. Die Arbeit mit Studierenden hat mir immer sehr viel Spaß gemacht. Die Professur war deshalb immer eine mögliche Option für mich. Auf die Professur an der HTWG wurde ich über soziale Medien aufmerksam. Die Fakultät Informatik der HTWG Konstanz hat mich über LinkedIn angeschrieben und zur Bewerbung ermutigt. Das habe ich dann auch getan.

Sie arbeiten 50% an der HTWG und 50% im Unternehmen. Was ist der größte Unterschied zwischen einer forschenden Tätigkeit im Unternehmen und an der Hochschule?

Das hängt sehr von der Brille ab, durch die man schaut. Beide Bereiche sind spannend. In der Industrie ist die Forschung eng geknüpft an Ziele und Strategie des Unternehmens. Natürlich bietet Forschung im Unternehmen auch die Möglichkeit, Dinge auszuprobieren. Die Forschung an der Hochschule hat meiner Meinung nach jedoch einen noch größeren Freiheitsgrad.

Man sagt ja auch, wer lehrt, der lernt. Was haben Sie in ihrer Zeit an der HTWG schon gelernt?

In meiner kurzen Zeit konnte ich bereits viel durch die Arbeit mit Studierenden lernen, zum Beispiel im Bereich Körpersprache und Didaktik. Im Rahmen meiner Lehre versuche ich meine Praxiserfahrung einfließen zu lassen, beispielsweise durch praktische Beispiele und Anteile, die ich in den Programmierübungen oder in die Programmierthematik einfließen lasse. Hierbei ist es mir auch möglich zu überprüfen, ob die Studierenden das Gelehrte wirklich verstanden haben und anwenden können. Auch der Austausch mit Kolleg*innen hat mir zum Beispiel gezeigt, dass es in der Programmierung hilfreich sein kann, mal ein, zwei Themen etwas rauszunehmen und den Stoff zu entzerren. So kann man den Fokus in den unteren Semestern auf die Grundlagenarbeit legen. Bei regelmäßigem Austausch mit Studierenden und Kollegen lerne ich in meiner Arbeit, mich selbst zu reflektieren und meine Vorgehensweisen stetig zu verbessern.

 

Vielen Dank für die Gespräche und weiterhin eine erfolgreiche Zeit an der HTWG!

 

Das Interview führte Dr. Janna Heine

Fotos: Annabell Heitz