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Energiewendebericht für den Landkreis zeigt Handlungsbedarf

Ein Plakat mit dem Titel "Monitor Energiewende 2017": Es zeigt eine Karte desLandkreis Konstanz. Die einzelnen Orte sind in unterschiedlichen Orangetönen eingefärbt.

Das Kompetenzzentrum Energiewende Region Konstanz hat den dritten Monitor Energiewende veröffentlicht. Ein Ergebnis: Effizienzsteigerungen im Bereich Gebäudebeheizung und Einsparungen im Sektor Industrie stehen einem Anstieg der Emissionen im motorisierten Individualverkehr gegenüber.

Das Kompetenzzentrum Energiewende Region Konstanz hat im dritten Jahr in Folge einen Energiewende-Bericht für den Landkreis Konstanz auf Basis der neuesten vorliegenden Daten veröffentlicht. Demnach ist der Endenergieverbrauch pro Person im Vergleich zum Vorjahr um 2,5 Prozent auf 23,7 Megawattstunden pro Einwohner gesunken. Dies liegt allerdings kaum am Rückgang individuellen Konsums, sondern zum einen an einem deutlichen Rückgang des Energieverbrauchs in der Industrie (minus 9,4 Prozent), zum anderen daran, dass der Zuwachs der Wohnfläche hinter dem Zuwachs der Bevölkerungszahl zurück geblieben ist. Die daraus resultierenden energiebedingten Emissionen lagen im Jahr 2014 bei rund 7,9 Tonnen CO2 pro Einwohner. Die Klimaschutzziele der Landesregierung sehen eine Reduktion auf 6 bis 6,5 Tonnen pro Einwohner bis zum Jahr 2020 vor.

Wenn auch die erzielten Einsparungen nicht ausreichen, zeigt der Energiewendebericht zumindest, dass der Energieverbrauch in fast allen Bereichen sinkt und bei einem bewussteren Umgang mit Energie noch deutlich größere Einsparungen möglich wären. Jedoch kam es im Gegensatz zu den übrigen Sektoren zu einer Trendumkehr im Sektor Verkehr, in dem der Energieverbrauch deutlich gestiegen ist. Vor allem die Zunahme des Pkw-Verkehrs pro Einwohner hat sich in den Jahren 2014 und 2015 im Vergleich zum Zeitraum zwischen den Jahren 2000 und 2013 erheblich beschleunigt.

„Die Zunahme des Verkehrs insgesamt und der Trend zu größeren Fahrzeugen mit höherem Treibstoffverbrauch kompensieren einen großen Teil der in anderen Sektoren erzielten Energieeinsparungen“, sagt Sven Simon, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung den Bericht verfasst hat. Der Individualverkehr ist deshalb neben einer Erhöhung der Sanierungsquote und einem beschleunigten Zubau erneuerbarer Energien einer der wichtigsten Schlüssel zu einer gelingenden Energiewende.

Vier Jahre nach der Gründung des Kompetenzzentrums Energiewende Region Konstanz legt das Projektteam der Hochschule Konstanz – Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) mit Unterstützung der 24 partnerschaftlich verbundenen Unternehmen, Kommunen und Organisationen zum dritten Mal eine umfangreiche Datensammlung vor. Der Monitor führt landkreisweite Daten zum Energieverbrauch, zu Treibhausgas-Emissionen und der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien vor. Dabei gibt er detailreich Auskunft beispielsweise über Emissionen nach Energieträgern oder den Energieverbrauch pro Einwohner nach Verwendung.

Bei der Datenerhebung des aktuellen Monitors lag der Fokus auf der Frage, wie sich die ungewöhnlich hohe Bevölkerungszunahme in den Jahren 2014 und 2015 um 7700 Neubürger im Landkreis ausgewirkt hat. Zum anderen wurde untersucht, welche Stellschrauben sich eignen, um den Energiebedarf und die Treibhausgasemissionen in dem Umfang zu reduzieren, dass die von der Landesregierung Baden-Württemberg 2014 definierten Klimaschutzziele zu erreicht werden. Dabei wurde der Endenergieverbrauch und die daraus folgenden Treibhausgasemissionen innerhalb der Sektoren Wohnen, Verkehr, Industrie, Landwirtschaft sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistung betrachtet.

Wie trotz des Bevölkerungswachstums Energiebedarf und Emissionen reduziert werden können, zeigen verschiedene Szenarien in dem Bericht, die im Detail die Auswirkungen verschiedener Bauweisen von Neubaugebieten, unterschiedliche Wohn- und Belegungsdichten und Sanierungsquoten vergleichen.
Der Trend geht weiter dahin, dass technologisch mögliche Effizienzsteigerungen großenteils durch verändertes Konsumverhalten kompensiert werden und bisher sämtliche Klimaschutzziele verfehlt werden: „Das zeigt, dass technische Effizienzsteigerungen alleine nicht ausreichen, um die Klimaziele zu erreichen. Auch Lebensstilentscheidungen, wie die Wahl des bevorzugten Verkehrsmittels oder der beanspruchten Wohnfläche sind entscheidend“, erläutert Sven Simon.

Wie bereits in den Berichten der letzten Jahre liegt der Landkreis im Endenergieverbrauch und bei den Treibhausgasemissionen pro Einwohner deutlich unter dem Bundesdurchschnitt, doch tatsächlich unterscheidet sich das Verbraucherverhalten nicht vom Rest Deutschlands. Der geringere Verbrauch lässt sich mit Blick auf die Sektoren Verkehr und Industrie erklären: Hier schlägt sich der geringere Anteil von Industrie, Flug- und Schwerlastverkehr im Landkreis nieder.

„Der Bericht zeigt, dass wir noch einen weiten Weg zu gehen haben. Die bisherigen Anstrengungen werden nicht ausreichen, um das Landesziel zu erreichen oder auch das in Paris vereinbarte Klimaabkommen einhalten zu können“, sagt Prof. Dr. Thomas Stark, mit Prof. Dr. Maike Sippel Leiter des Kompetenzzentrums Energiewende.

Parallel zu Energie-Einsparungen müsste die Erzeugung erneuerbarer Energien stark ausgebaut werden. Hier verzeichnet der Bericht im Landkreis nahezu einen Stillstand seit 2011. Sechseinhalb Prozent des Endenergieverbrauchs wurden im Jahr 2014 aus regionalen erneuerbaren Energiequellen gedeckt. Das Ziel für 2025 liegt bei 25 Prozent. Ohne erheblich verstärkte Anstrengungen in diesem Bereich bleiben die Ziele der Landesregierung im Landkreis klar außer Reichweite. (aw)

Kompetenzzentrum Energiewende

Das Kompetenzzentrum Energiewende Region Konstanz will als Impulsgeber die Energiewende in der Region beschleunigen. Über drei Jahre wird das Projekt unter der Leitung von Prof. Dr. Maike Sippel (Fakultät Bauingenieurwesen) und Prof. Dr. Thomas Stark (Fakultät Architektur und Gestaltung) der Hochschule Konstanz – Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) vom baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gefördert.
Neben dem Ziel, das Thema Energiewende in Lehre und Forschung an der HTWG zu positionieren und auszubauen, steht die Zusammenarbeit mit Verantwortlichen in der Region im Mittelpunkt. 24 Organisationen haben sich als Partner im Kompetenzzentrum zusammengeschlossen – darunter Unternehmen wie Solarcomplex, Stadtwerke Konstanz GmbH und Sunny Solartechnik wie auch die Städte Konstanz und Radolfzell sowie gemeinnützige Organisationen wie Caritas oder der Bund für Umwelt- und Naturschutz BUND. Das Kompetenzzentrum ist offen für weitere Partner.

Weitere Informationen zum Kompetenzzentrum Energiewende Region Konstanz sowie der Monitor Energiewende zum Download im Internet: www.energiewende-konstanz.de

Wer seine individuelle CO2-Bilanz errechnen möchte, dem bietet die Energieagentur Konstanz einen Online-Rechner: www.ea-kn-engen.klimaktiv-co2-rechner.de/de_DE/page/start