Repräsentant des Landes Baden-Württemberg in China besucht HTWG

Henning Vogelsang repräsentiert seit September 2022 Baden-Württemberg in China
Auf seiner Deutschlandreise besuchte Henning Vogelsang die HTWG Konstanz, um sich über die vielfältigen Aktivitäten des China-Kompetenzzentrums Bodensee an der HTWG sowie des China-Schwerpunkts in den Asienstudiengängen zu informieren. Auch wissenschaftliche und wirtschaftliche Kooperationen zwischen Deutschland und China waren Thema.
Seit 16 Jahren lebt Henning Vogelsang in China. Im September 2022 trat er seine Stelle als neuer Repräsentant des Landes BW in China und Geschäftsführer des China-Büros der zentralen Standortförderungsagentur für Wirtschaft und Wissenschaft des Landes Baden-Württemberg BW_international in Nanjing an. Nanjing ist die Hauptstadt der Provinz Jiangsu, der am stärksten boomenden Region Chinas. Dort begleitet BW_i kleine und mittelständische Unternehmen aus dem deutschen Südwesten bei ihren individuellen Vorhaben mit Know-how, interkultureller Kompetenz und langjähriger Erfahrung. Zentral für diese Arbeit sind Netzwerke und Beziehungen zu Wirtschaft und Politik in der Region, die das Büro seit fast 35 Jahren aufbaut und pflegt. Zugleich ist die Niederlassung in Nanjing die offizielle Repräsentanz des Landes Baden-Württemberg in China.
Beim Erfahrungsaustauschs in Konstanz sprachen die Vertreter*innen des China-Kompetenzzentrums Bodensee an der HTWG und Vogelsang über die wirtschaftliche und wissenschaftliche Kooperation Deutschlands mit Partnern in China.
Neue Kooperationen mit China verhalten
Die derzeitige Stimmung der deutschen Wirtschaft und Wissenschaft hinsichtlich eines Engagements in China ist zurückhaltend. „Die großen deutschen Unternehmen sind natürlich weiterhin in China präsent und werden auch bleiben. Neu ist, dass sich derzeit kaum ein Unternehmen für ein erstmaliges Engagement auf dem chinesischen Markt entscheidet“, so Vogelsang. Dabei sei es in vielen Branchen wichtig, die Entwicklungen in China aus der Nähe im Blick zu behalten. „Die chinesischen Unternehmen bleiben weiterhin dynamisch und streben zunehmende Präsenz auf dem Weltmarkt an“, ergänzt der China-Experte.
Auch auf Seiten der Wissenschaft erkennt Vogelsang angesichts der aktuellen geopolitischen Lage eine Zurückhaltung auf der deutschen Seite, wenn es um die Etablierung neuer Kooperationen zwischen China und deutschen Hochschulen geht. Und das, obwohl das China-Büro von BW_international viele Anfragen von chinesischer Seite erreichen. In China gelte Deutschland noch immer als eins der beliebtesten Partnerländer. Dass gerade wissenschaftliche Kooperationen zwischen chinesischen und deutschen Hochschulen wichtig sind, um sich gegenseitig kennenzulernen, betont Vogelsang bei seinem Besuch am Bodensee. Vor allem auf Ebene des Studierendenaustauschs sollten chinesische Studierende die Möglichkeit haben, das deutsche System kennenzulernen und zu erleben, und den Deutschlandaufenthalt mit positiven Erfahrungen verbinden. Doch auch deutsche Studierende sollten China-Kompetenzen erwerben, denn „in Deutschland mangelt es auf allen gesellschaftlichen Ebenen an China-Kompetenzen“ so Vogelsang.
Skyline von Nanjing in der Provinz Jiangsu
Pauschales Zurückschrecken vor Kooperationen birgt Risiken
In fachlicher Hinsicht sei die wissenschaftliche Kooperation mit China nicht mehr unbedingt eine Einbahnstraße, sagt Vogelsang bei seinem Besuch in Konstanz. „China ist in vielen Bereichen der Technologieentwicklung inzwischen führend, so dass auch die deutsche Seite fachlich profitieren kann“, erklärt er weiter. Damit eine deutsch-chinesische Kooperation gelingt, sollten allerdings die jeweiligen Interessen an der Kooperation klar definiert sein und Risiken so gut wie möglich ausgeschlossen werden. „Zur Risikoabwägung gehört meiner Meinung nach jedoch sowohl in der Wirtschaft als auch in der Wissenschaft immer zu hinterfragen, welches Risiko das grundsätzliche Zurückschrecken vor Kooperationen mit China bedeutet“, argumentiert Vogelsang. Dabei gehe es nicht nur darum, welche Chancen verpasst werden, von Chinas Dynamik und Innovationsfähigkeit zu lernen. Auch gehe es um ein Verständnis, welche Konsequenzen es haben kann, die dortigen Entwicklungen in ihrer globalen Bedeutung nicht richtig einschätzen zu können.
Dr. Helena Obendiek, Co-Leiterin des China-Kompetenzzentrums, empfiehlt, bei Kooperationen zwischen Deutschland und China genau hinzuschauen. Das umfasst zum Beispiel die Fragen: wer ist involviert und um welche Form der deutsch-chinesischen Zusamenarbeit handelt es sich? Genaues Hinschauen heißt auch, gegebenenfalls auf ein Kooperationsprojekt zu verzichten. „Andererseits ist es auch wichtig, in den vielen unkritischen Bereichen, die Chancen guter Kooperationen wahrzunehmen und den Austausch aufrechtzuerhalten", so Obendiek.
Für das kommende Wintersemester sind gemeinsame Veranstaltungen zwischen dem China-Kompetenzzentrum und dem Nanjing-Büro des BW_i geplant. Wir freuen uns schon auf den weiteren Austausch und die Zusammenarbeit.
Fotoquelle Nanjing: Istock