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Anlaufstelle für Nachhaltigkeit

11.12.2019

Die HTWG soll grüner werden: Auf Antrag von Studierenden wird ein Green Office eingerichtet. Noch ist es im Aufbau, ein Ziel steht bereits fest: Die HTWG soll bis 2030 klimaneutral arbeiten.

Über Jahre ließ sich der Klimawandel im Nachrichtenstrom zur Seite drängen. Im vergangenen Jahr allerdings haben Demonstrationen und nicht zuletzt weitere wissenschaftliche Erkenntnisse dazu geführt, dass niemand mehr dem Thema Nachhaltigkeit ausweichen kann. Bürgerinnen und Bürger wie auch Unternehmen und Institutionen müssen sich der Gretchenfrage stellen: „Wie hältst Du‘s mit der Nachhaltigkeit?“
Die Stadt Konstanz war die erste bundesweit, die den Klimanotstand ausgerufen hat. Ende November hat eine Vollversammlung im Audimax der Universität Konstanz mit rund 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einer deutlichen Mehrheit den Beschluss verabschiedet, von der Universitätsleitung die Ausrufung des Klimanotstands zu fordern. Damit verbunden wäre, wie auch schon bei der Stadt Konstanz, dass bei allen Aktivitäten und Maßnahmen der Klimaschutz als oberstes Entscheidungskriterium steht.

Vernetzung in Fragen der Nachhaltigkeit

Nach diesen Entwicklungen ist die Etablierung eines studentischen Nachhaltigkeits-Büros an der HTWG eine logische Konsequenz. Es soll zur Vernetzung zwischen Studierenden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Lehrenden für eine bessere und effizientere Zusammenarbeit auf dem Campus in Fragen der Nachhaltigkeit befähigen und dazu beitragen, dass die Nachhaltigkeitsausrichtung und damit die Profilschärfung der Hochschule gestärkt werden. So der Wunsch von Marco Brodscholl, Student im Studiengang Umwelttechnik und Ressourcenmanagement, und Jason Niemann, der Wirtschaftsingenieurwesen Elektrotechnik und Informationstechnik studiert.

Green Office

Das erste Green Office wurde 2010 in Maastricht gegründet. Seitdem ist eine internationale Bewegung gewachsen. Inzwischen gibt es mehr als 40 etablierte Einrichtungen an Hochschulen, vor allem in Europa, aber auch in Weißrussland und Uganda. Im Gegensatz zu ehrenamtlichen Initiativen, wird ein Green Office von der Hochschule genehmigt und finanziert, sowie von Studierenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemeinsam geführt. Mit dem Green Office soll Nachhaltigkeit strukturell an der Hochschule verankert werden und die Zusammenarbeit verschiedener Nachhaltigkeitsinitiativen an der Hochschule verbessern. Das erste Green Office an einer deutschen Universität hat sich übrigens im Jahr 2015 an der Universität Konstanz gegründet. Das Green Office der Uni Konstanz  beschreibt seine Aufgabe folgendermaßen: „Wir wollen ein ganzheitliches Bewusstsein für Nachhaltigkeit vermitteln und Sie alle dazu befähigen, nicht nur an unserer Universität, sondern auch darüber hinaus an einer gerechten und verantwortungsbewussten Gesellschaft mitzuwirken.“

Aufbau in rasantem Tempo

Die beiden Mitglieder des AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss) haben erst am 29. September den Antrag um Qualitätssicherungsmittel als Starthilfe für den Aufbau des Büros bei der QSM-Kommission (siehe Infokasten) eingereicht. In der Sitzung vom 16. Oktober genehmigte die QSM-Kommission die beantragten 6000 Euro als Starthilfe. Nun erfolgt der Aufbau in einem rasanten Tempo. Seit wenigen Wochen sind Friedrich Benrath, Marco Brodscholl, Lara Salvasohn und Mira Schmitz als studentische Hilfskräfte im Team aktiv. Sie sind direkt bei Präsident Prof. Dr. Carsten Manz mit dem Auftrag angestellt, das Green Office passend zur HTWG zu konzeptionalisieren und erste Schritte anzugehen. „Mit dem Green Office verspreche ich mir eine institutionelle Verankerung des Themas vor allem auf studentischer Ebene. Die Erfahrung hat gezeigt, dass ein derart wichtiges Thema nicht durch einzelne Personen in einer Referentenposition flächendeckend zu behandeln ist. Wichtig ist mir das Bewusstsein auf einer breiten Ebene. Hier sind Studierende für Studierende sicherlich die noch besseren Multiplikatoren“, sagt Manz zu seinen Erwartungen an das Green Office.

Ziel: klimaneutral bis 2030

Das studentisch geführte Büro ist verständlicherweise angesichts der Kürze der Zeit im Wintersemester noch im Aufbau, will aber erste Projekte schnellstmöglich realisieren und im Sommersemester dann in die Vollen gehen. Übergreifendes Ziel aller Aktivitäten sei, Nachhaltigkeit in allen Bereichen auf dem Campus zu fördern: In Lehre, Forschung und im Betrieb. Und ein Ziel ist bereits definiert: Bis 2030 soll die HTWG klimaneutral arbeiten.
„Um das erreichen zu können, müssen wir in den nächsten Wochen ausloten, an welchen Hebeln wir ansetzen können“, erläutert Mira Schmitz. Die Masterstudentin im Fach Kommunikationsdesign hat bereits an ihrem bisherigen Wohnort Aachen Workshops zum Thema Nachhaltigkeit geleitet. Auch an der HTWG plant sie Workshops, beispielsweise zu nachhaltiger Ernährung, Kleidung, Abfallvermeidung. Ihre Mitstreiter wollen sich den Betrieb näher anschauen und die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts angehen. Weitere Projekte sollen folgen. Präsident Prof. Manz begrüßt das: „Bereits in der Vergangenheit konnten Studierende als Vorreiter für hervorragende studentische Projektideen agieren. Es freut mich stets Ideen von Studierenden aufzunehmen, zu diskutieren und die Umsetzung gemeinsam mit Lehrenden und Forschenden zu realisieren. So kann es uns gelingen, ganz im Sinne unseres anwendungsorientierten Hochschulprofils die heute oft genannten Reallabore direkt bei uns auf dem Campus umzusetzen.“

Mit Herzlichkeit motivieren

Bei seinen Aktivitäten ist dem Team vom Green Office wichtig, nicht mit erhobenem Zeigefinger über den Campus zu laufen. „Wir wollen mit Herzlichkeit motivieren, inspirieren und Lust machen, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen und Maßnahmen im eigenen Alltag umzusetzen“, betont Schmitz. Vorneweg soll das Green Office Ansprechpartner und Schnittstelle für alle sein, die sich in Sachen Nachhaltigkeit engagieren möchten. Es ist naheliegend, dass das Green Office auch mit der Senatsbeauftragten für Nachhaltige Entwicklung Prof. Dr. Maike Sippel zusammenarbeiten will. „Ich freue mich, dass die HTWG-Studierenden das Green Office gegründet haben - aus ihren Reihen und aus vor allem von Studierenden verwalteten QSM-Mitteln. Das ist ein starkes Signal, dass die Studierenden es wichtig finden, dass unsere Hochschule die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimakrise aktiv angeht“, sagt Prof. Dr. Maike Sippel. Sie erhofft sich durch das Green Office wertvolle frische Impulse für die Nachhaltigkeitsthemen - von den Studierenden als größter Personengruppe der HTWG.

Qualitätssicherungsmittel

Seit dem Sommersemester 2012 werden an den Hochschulen des Landes Baden-Württemberg keine Studiengebühren mehr erhoben. Als Ersatz für die entfallenen Studiengebühren erhalten die Hochschulen Qualitätssicherungsmittel zur Sicherung der Qualität in Studium und Lehre. Die Höhe der Summe hängt von der Anzahl der eingeschriebenen Studierenden ab und variiert entsprechend. Im Jahr 2018 standen an der HTWG QSM in Höhe von 300.000 Euro zur Verfügung. Über die Verwendung der Mittel wird in der zentralen QSM-HTWG-Kommission beraten und entschieden. Hier haben überwiegend Studierende Stimmrecht. Ausschließlich Studierende der Hochschule sind berechtigt, Vorschläge zur Verwendung der Qualitätssicherungsmittel einzureichen. Im Jahr 2018 wurden 34, im Jahr 2019 36 Anträge gestellt.

Blick über den Campus hinaus

Auch die Vernetzung außerhalb des Campus ist dem Team wichtig, auch mit dem Green Office der Universität Konstanz, das bereits über einen reichen Erfahrungsschatz verfügt. Es hat sich im Jahr 2015 gegründet und war das erste Green Office an einer deutschen Universität. „Die Nachricht über den Aufbau eines Green Office an der HTWG hat uns sehr gefreut und wir hoffen, in Zukunft eng kooperieren zu können“, sagt Dominik Reitermann, der für die interne Koordination des Green Office der Uni Konstanz verantwortlich zeichnet. Er und sein Team ist der Ansicht, dass langfristig jede größere Institution eine Einrichtung benötigt, die das Thema Nachhaltigkeit vorantreiben und ein breiteres Bewusstsein bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – und an Hochschulen den Studierenden - schaffen will. „Darum haben wir uns auch schon mit dem Team der HTWG getroffen, um ihnen einige Fragen zu beantworten und Einblick in unsere Prozesse zu geben“, berichtet Reitermann. Die erste Zusammenarbeit ist im Rahmen der Nachhaltigkeitswoche geplant, die jedes Semester an der Uni Konstanz stattfindet. Innerhalb der Woche sollen am 15. Januar Aktionen an der HTWG stattfinden.

Besondere Verantwortung von Hochschulen

„Hochschulen besitzen eine gesellschaftliche Vorbildfunktion und sind große Potentialträger für eine Transformation hin zu einer nachhaltigen Entwicklung“, haben Marco Brodscholl und Jason Niemann in ihrem Antrag an die QSM-Kommission formuliert. 6000 Euro hat die Kommission für den Aufbau des Büros genehmigt. Von dem Betrag sollen drei studentische Hilfskräfte sowie Sachmittel für Workshops und Materialien finanziert werden. Im März wollen die Studierenden dann einen Folgeantrag stellen. „Über die zentral zu vergebenden Qualitätssicherungsmittel, bei denen die Studierenden maßgeblich über die Zuteilung entscheiden, wird sich auch in Zukunft eine gute Möglichkeit bieten, Einzelprojekte ganz im Interesse des Green Office zu fördern“, stellt Präsident Prof. Dr. Carsten Manz in Aussicht.

Viele Projekte in Forschung und Lehre

Die HTWG kann als Hochschule für angewandte Wissenschaften auf vielen verschiedenen Wegen dazu beitragen, bei der konkreten Umsetzung von Maßnahmen gegen den Klimawandel zu unterstützen. In nahezu allen Fakultäten spielen in Lehre und Forschung Nachhaltigkeitsthemen eine Rolle. Als Beispiele seien Herausforderungen der Energiewende, einer umweltverträglichen Mobilität und ressourcenschonenden Bauens genannt. Im Studium generale stehen allen Studierenden Projekte wie #Climatechallenge oder die Exkursion Energiewende offen, der AStA lädt regelmäßig zum Klamottentausch ein. Konkrete Maßnahmen für den Campus hat beispielsweise das vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst geförderte Projekt mprove erarbeitet, das einen emissionsfreien Campus zum Ziel gesetzt hat. Hier setzt auch das Projekt "RE-USE" an, welches ein neues Campusgebäude ausschließlich aus wiederverwendeten Baumaterialien aufbauen will.
Das Green Office hat sich nun zum Ziel gesetzt, die Aktivitäten und Umsetzung von Maßnahmen noch weiter voranzutreiben. Interessentinnen und Interessenten, die dabei mithelfen möchten, sind beim Green Office willkommen. Noch ist die Infrastruktur im Aufbau. Trotz des „Office“ im Namen haben die Studierenden zwar noch kein Büro, aber über greenoffice@htwg-konstanz.de ist das Team erreichbar.

Struktur des Green Office

Das Office-Team hat verschiedene Tätigkeitsfelder für sich definiert:

  • Hochschule als Betrieb: Hier sieht das Team als Hauptaufgabe, einen Nachhaltigkeitsbericht für die HTWG zu verfassen und die Hochschule wie auch das Studierendenwerk Seezeit zu motivieren, nachhaltiger zu agieren; „Hier spielen zum Beispiel Themen wie der Klimacent und vegane Gerichte in der Mensa eine Rolle“, erläutert Mira Schmitz.
  • Lehre und Forschung: Hier sieht das Team die Chance, Nachhaltigkeit in Lehre und Forschung zu fördern und noch stärker zu verankern
  • Community/Vernetzung: Dieser Tätigkeitsbereich steht zunächst für das Team im Vordergrund. Gremien und Initiatoren von Nachhaltigkeitsprojekten sollen noch besser zusammenarbeiten können und auch die Vernetzung mit Akteuren außerhalb des Campus vorangetrieben werden.
  • Eigene Veranstaltungen: Das Green Office will nicht nur Veranstaltungsorganisatoren vernetzen, sondern auch eigene Vorträge und Workshops initiieren. Zum ersten Mal will das Green Office der HTWG bei der Nachhaltigkeitswoche vom 13. bis 17. Januar in Erscheinung treten. In die Woche, die vor allem vom Green Office der Uni Konstanz bestritten wird, wird damit ein Aktionstag an der HTWG integriert sein.
  • Beirat mit internen und externen Expertinnen und Experten
  • Derzeit gibt es die Überlegung, einen Beirat ins Leben zu rufen. Die Beiräte beraten und unterstützen das Green Office bei seinen Aktivitäten mit ihrer Expertise und Erfahrung. Der Beirat soll aus Verantwortungsträgern der Hochschule, aber auch externen Experten bestehen.