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Bauen in fünf Dimensionen

21.06.2019

Hochwertige Ausstattung, unzählige Möglichkeiten: Die HTWG hat ein BIM-Labor eröffnet. BIM steht für die digitale Revolution in der Baubranche.

Angenommen, Konstanz bekommt ein großes Konzerthaus. Dann würde Prof. Dr. Uwe Rickers, Professor für Baubetrieb, vermutlich empfehlen, dass bereits bei der Planung des Gebäudes BIM-Methoden eingesetzt werden. Denn dank Building Information Modeling ist für alle Baubeteiligten und die Bauherren eine enorme Planungssicherheit gegeben. Zeitplan, Kosten, Material und Materialmengen – all dies kann dank der Anwendung digitaler Technologien in der Baubranche bis ins Detail vorausgeplant und überprüft werden. Änderungen lassen sich schnell in die Planungen übernehmen. Und noch ein entscheidender Vorteil ist damit verbunden: Für alle Beteiligten herrscht ein hohes Maß an Transparenz. Denn: Noch während die Baugrube ausgehoben wird, könnte bei Anwendung von BIM-Methoden beispielsweise nachprüfbar sein, wie weit der Baufortschritt am Donnerstag in zwei Monaten sein wird. Und wie hoch die bis in vier Monaten angefallenen Kosten sein werden. Alle Bauwerksdaten werden digital erfasst. Sie stehen während des gesamten Gebäudelebenszyklus von der Planung ab zur Verfügung. Wie das alles möglich ist? Das können Studierende, aber auch externe Bauingenieure und Architekten im neu eröffneten BIM-Labor der HTWG trainieren.

Bauplanung mit hoher Transparenz

Das BIM-Labor verfügt neben leistungsstarken Rechnern zum Beispiel über eine Drohne mit hochauflösender 4K-Kamera, VR-Brille (um sich in virtuellen Simulationen bewegen zu können) und eine HoloLens (für augmented reality/die Ergänzung der Realität um virtuelle Informationen). Mit der Ausstattung können die Bauingenieure über Laserscanning und Photogrammetrie 3D-Modelle von bestehenden Gebäuden erstellen. So werden hochauflösendeAufnahmen erstellt, aus denen ein Programm dann das aufgenommene Gebäude dreidimensional widergibt. „Damit kann unter anderem auch das Bauen im Bestand zuverlässiger geplant werden“, sagt Labormitarbeiter David Schmidhuber. Es ermöglicht zum Beispiel Ebenheitskontrollen von Fußböden oder Wänden. Die 3D-Modelle ermöglichen aber auch die Simulation von verschiedenen Varianten – von unterschiedlichen Fliesen, aber auch von versetzten Wänden. Wie sieht zum Beispiel eine Glaswand an Stelle einer Trockenbauwand aus? Mittels VR-Brille kann sich der Planer direkt in den dreidimensionalen Raum begeben und ihn durchwandern. So lässt sich zum Beispiel der Lichteinfall bei unterschiedlich großen Fenstern erleben und sinnlich nachempfinden, wie er sich bei der Verschiebung der Fenster verändert.

„Das BIM-Labor ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal für die Hochschule“, sagte Prof. Dr. Heiko Denk, Dekan der Fakultät Bauingenieurwesen, bei der Eröffnung. Überraschend ist es nicht, dass die HTWG mit der Ausstattung des Labors Vorreiter ist: Sie war die erste Hochschule bundesweit, die im Jahr 2011 im Fachgebiet Baubetrieb eine eigene Vorlesung zum Thema BIM eingeführt hat. Inzwischen sind viele Absolventinnen und Absolventen bei führenden Firmen in der BIM-Entwicklung und im Projektmanagement von BIM-Projekten tätig. 2012 fand die erste anwendungsorientierte BIM-Konferenz in Deutschland im Konstanzer Konzil statt – bis 2018 waren es inzwischen fünf.

BIM ist die Zukunft auf dem Bau

In seinem „Stufenplan digitales Planen und Bauen" definiert das Bundesverkehrsministerium den Weg zur schrittweisen Einführung von BIM in seinem Zuständigkeitsbereich. Ziel ist, die Methode bis Ende 2020 bei allen neu zu planenden Projekten anzuwenden. Allerdings: Die Entwicklung erfordert einen Kulturwandel im Bauwesen und eine neue Form der teamorientierten Zusammenarbeit von Planern, Auftraggebern und Auftragnehmern.
Building Information Modeling muss deshalb schon in der Lehre integriert sein. Das war Prof. Dr. Uwe Rickers schon zu seinem Start an der Hochschule ein großes Anliegen. Nun freut er sich, dass Studierende im BIM-Labor noch mehr Möglichkeiten haben werden, sich mit den neuesten technologischen Entwicklungen und deren Einsatz im Bauwesen zu beschäftigen. Interdisziplinäre Projekte, Studienarbeiten, studentische Projekte, Bachelor- und Masterthesis und Softwareschulungen sollen hier möglich sein. So agiert das BIM-Lab als Schnittstelle zwischen Studierenden, Lehrenden, Forschung und Unternehmen.

Das BIM-Lab

Seine Ziele:

  • Die zeitgemäße Vermittlung der theoretischen und praktischen Grundlagen zum Themenkomplex Building Information Modeling einschließlich der zugehörigen Hardware- und Software-Technologien.
  • Die Durchführung von Forschungsvorhaben und Drittmittelaufträgen sowie des Wissenstransfers in die Praxis.
  • Die Unterstützung der interdisziplinären Zusammenarbeit innerhalb und außerhalb der Hochschule zum Thema „Digitalisierung von Arbeitsabläufen“.

 

Laborleiter:

Prof. Dr.-Ing. Uwe Rickers, Fachgebiete: Baubetrieb, Projektmanagement, Kosten-Leistungs-Rechnung, Raum U 008, Tel: 07531/206-716, E-Mail uwe.rickers@htwg-konstanz.de

Weitere Informationen auf der Website des BIM-LAB

 

BIM begleitet von Planung bis zur Fertigstellung

Die digitalen Werkzeuge eröffnen viele neue Möglichkeiten vom Beginn der Bauplanung an bis zur Fertigstellung. Genau dieser Ablauf lässt sich im BIM-Labor nachstellen: Baupläne lassen sich mit Mengenangaben und Kosten hinterlegen, bestehende Bauwerke mit moderner Kamera- und Lasertechnik digital dreidimensional erfassen. Die entstehenden 5D-Modelle ermöglichen unterschiedliche Simulationen und die Visualisierung mittels Augmented Reality und Virtual Reality. Und schließlich erlaubt das BIM-Labor auch die Produktion bzw. das Prototyping mit 3D-Druckern.

Planer können durch Variationen im virtuellen Raum unmittelbar die Konsequenzen für die Kosten und den Zeitplan betrachten. „Ich weiß genau: Welche Kosten stehen hinter welchen Bauteilen“, sagt Prof. Uwe Rickers. Tauscht der Ingenieur im Modell eine Betonwand gegen eine Wand aus Mauerwerk aus, ändert sich nicht nur der Preis, auch der gesamte Bauablauf aller beteiligten Gewerke lasse sich so simulieren. Das hat zur Folge, dass sich Bestellungen zeitgenau und in der korrekten Menge erfassen lassen. Dank der Transparenz, die BIM ermöglicht, sind alle Baubeteiligten auf dem gleichen aktuellen Stand.

Das BIM-Labor ist auf dem Campus gleichermaßen mit der Fakultät Informatik wie auch mit dem Open Innovation Lab vernetzt. Dieses verfügt über weitere 3D-Scanner wie auch 3D-Drucker, so dass Prototypen auch ausgedruckt werden können. Die Kooperation mit Fakultät Informatik wurde bei der Eröffnung des Labors durch Informatik-Studierende präsentiert: Sie haben eine App programmiert, die mithilfe eingepflegter Baupläne ermöglicht, beim Durchlaufen eines Gebäudes die in den Wänden verlaufenden Leitungen zu sehen.