Zurück zur Übersicht

CO2-neutrale Stromversorgung in Konstanz

11.02.2021

Maschinenbau-Student*innen simulieren klimafreundliches und fast autarkes System mit verschiedenen Energiequellen und zeigen: Selbst für eine mittelgroße Stadt wie Konstanz ist es möglich, aber die Investitionskosten sind noch hoch.

Klimakrise, Energiewende, Versorgungssicherheit, CO2-Neutralität u.v.m. - derzeit tauchen viele dieser Begriffe in Nachrichten und Diskussionen auf. Oft werden dabei Themen miteinander vermischt und Lösungsansätze mit einfachen Schlagworten beiseite gewischt, oder schlicht Behauptungen aufgestellt, wie in Zukunft alle Probleme leicht zu lösen seien, oder noch schlimmer, dass es gar keine Probleme zu lösen gibt. Oft wird behauptet, dass eine Energieversorgung mit regenerativ erzeugter Energie gar nicht möglich ist, dass die Volatilität von Wind und Sonne dafür sorgt, dass die Menschen in Deutschland zu horrenden Kosten trotzdem keine Energiesicherheit mehr haben. Diverse Quellen werden für die Behauptungen aufgeführt, oft irgendwelche Artikel aus dem Internet, die wissenschaftlichen Kriterien nicht standhalten können.

Knowhow über Maschinen und Anlagen zur Energieumwandlung

In der Vertiefungsrichtung Kraftwerke, Strömungsmaschinen und Energietechnik (KSE) des Studiengangs Maschinenbau Konstruktion und Entwicklung (MKE) wird genau diesen Fragestellungen nachgegangen. Die Student*innen lernen die Begriffe der Energietechnik kennen und korrekt einzuordnen. Sie lernen die Maschinen und Anlagen zur Energieumwandlung kennen, auszulegen und zu berechnen. Dabei wird auf eine ausgewogene Mischung aus regenerativen und konventionellen Maschinen und Anlagen Wert gelegt. Damit sollen die Student*innen ideal auf künftige Arbeitsplätze vorbereitet werden, unabhängig von der Richtung, in die sich die Energieversorgung der Zukunft entwickelt. Das ist wichtig, zumal auch viel aus der „klassischen“ Technik in einer vollständig CO2-neutralen Welt vorhanden sein wird.

Blick auf Energieversorgung in Konstanz

Doch wie passt das bis jetzt geschriebene zu der Überschrift? Ganz einfach, unter der Grundannahme, dass die künftige Energieversorgung weltweit ohne CO2 Emissionen auskommen muss, um die anstehende Klimakrise zumindest abzumildern, wenn nicht gar abzuwenden, muss unsere Energieversorgung umgebaut werden. Einen solchen Umbau kann man für verschiedene Regionen anschauen, z.B. für ganz Europa oder für Baden-Württemberg oder eben nur für Konstanz als Stadt. Und genau das wurde dieses Semester im Fach KSE von den Student*innen untersucht.

Studierende entwerfen Versorungskonzept für die Stadt

Aufgrund des speziellen Corona-Semesters waren Exkursionen und auch Gastvorträge an der HTWG von Expert*innen aus der Industrie nicht möglich. Wir haben die Zeit sinnvoll genutzt. Da in KSE neben den Maschinen auch die Anlagen bzw. Systeme betrachtet werden, und die Simulation von Systemen mit geeigneten Berechnungsprogrammen (hier Modelica) unterrichtet wird, wurde entschieden, dass die Student*innen in Gruppen eingeteilt eine CO2-freie Stromversorgung für Konstanz auslegen und simulieren. Ziel war es, die entsprechenden Anlagen (Photovoltaik, Windkraft, Batteriespeicher, Wasserstoffherstellung und Speicherung usw.) möglichst detailgenau als Simulationsmodelle zu entwickeln und dann für Konstanz zu berechnen.

Integration vieler Daten – auch vom Deutschen Wetterdienst

Gefragt war: Wie viel Fläche würde verbraucht, wie groß wären die Anschaffungskosten für die komplette Stromversorgung, und wie groß ein möglicher Autarkiegrad? Dazu wurden die Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes für Konstanz aufbereitet und für die selbst entwickelten Modelle für das Jahr 2010 und das Jahr 2017 durchgerechnet. Jede Gruppe entwickelte einen Teil des späteren Gesamtmodells, also z.B. ein Simulationsmodell einer Windkraftanlage oder einen Wasserstoffspeicher inklusive Elektrolyse und Brennstoffzellen.

 

Maschinenbau-Studium macht für aktuelle Herausforderungen fit

Mit dem neuen Studiengang Maschinenbau (MAB) werden in der Vertiefungsrichtung „Energietechnik und regenerative Energien“ derartige Systembetrachtungen künftig gestärkt, so dass Student*innen auch für die Energiewende, die vor uns steht, bestens vorbereitet sind.

Anschließend wurden alle Einzelmodelle zu einem Gesamtmodell zusammengeführt und jede Gruppe musste eine eigene Stromversorgungslösung für Konstanz entwickeln, also entscheiden bzw. berechnen, wie viele Windturbinen von welcher Größe eingesetzt werden müssten oder welche Größe die Batteriespeicher benötigen usw.. Daraus ergaben sich dann der Flächenverbrauch, die Gesamtkosten und der Autarkiegrad, wobei manche Gruppen eine vollständige Autarkie anstrebten und andere Gruppen teilweise auf Netzbetrieb setzten, um die Kosten der Anlage zu senken. Ob und wie viel Strom aus dem Stromnetz bezogen werden muss, oder auch eingespeist wird, musste die Gruppe selbst entscheiden und in einer Präsentation begründen.

Autarkie ist für eine Stadt wie Konstanz möglich

Die Gruppen kamen je nach getroffenen Annahmen zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen, was auch zeigt, dass es viele Möglichkeiten für die weitere Entwicklung im Land gibt. Ein Beispiel ist in den Bildern 2 und 3 dargestellt, eine Lösung, welche eine nahezu vollständige Autarkie der Stadt verspricht. Grundsätzlich zeigte sich, dass eine hohe Autarkie für eine Stadt wie Konstanz möglich ist. Es zeigt sich aber auch, dass beim Aufbau hohe Kosten verursacht werden, wenn man davon ausgeht, dass man bei Null anfängt.

Verständnis für Vor- und Nachteile neuer Technologien

Insgesamt hat diese Arbeit im Rahmen des Unterrichts geholfen, dass die Student*innen für das Thema sensibilisiert werden, dass sie die Vor- und Nachteile der Technologien besser verstehen und die Grenzen, wenn man eine sehr kleine Region fast autark gestalten möchte. Die Student*innen haben bei ihrer Arbeit viel Kreativität bewiesen und gezeigt, dass im Maschinenbaustudium auch programmiertechnische Aufgaben kein Problem darstellen.

Bildquelle Titelfoto: Simon Fraser/Pixabay