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Currywurst im Minutentakt

01.04.2019

Was Maschinenbauer so machen: Aus einer Konstruktionsübung ist eine Fertigungsstraße für Currywürste entstanden. Sie bietet einige Raffinessen.

Hinten kommt die rohe Wurst rein, vorne kommt das Schälchen mit geschnippelter Wurst, Currysauce –und einer Portion Currypulver heraus. Das funktioniert wie am Fließband: Alle 40 Sekunden gibt die Maschine eine fertige Portion aus. Die Maschinenbaustudenten Andreas Röther, Michael Matt und Marc Gwinner haben die Maschine zusammen mit Elektrotechnik-Student Martin Matt entwickelt und gebaut.
Jedes Semester ruft Prof. Dr-Ing. Dr.sc.agr. Kurt Heppler seine Studierenden im Studiengang Maschinenbau Konstruktion und Entwicklung dazu auf, ein Projekt von Anfang bis Ende umzusetzen. Die Projektidee kommt im Labor für Produktentwicklung und Maschinenkonstruktion oft von den Studierenden selbst. „Ich bin stolz auf die vier engagierten Studenten, sie haben das Lehrangebot in meinem Labor voll genutzt und ein neuartiges Gerät entwickelt, ja erfunden. Der Bau des funktionierenden Prototypen beweist eindrucksvoll, daß Maschinenbau aus dem Anwenden der theoretischen Grundlagen, aber auch zu einem wesentlichen Teil aus dem Aufbau des Gerätes selbst besteht“ beurteilt Prof. Heppler die Leistungen der Studierenden.

Aus der Konstruktionsübung ist ein Meisterstück geworden

Die rund 60 Kilogramm schwere Maschine steckt voller Raffinessen. „Wir grillen alle gerne“, erzählt Michael Matt von den Anfängen der Idee. Und alle im Team, das zunächst nur aus den Maschinenbau-Studenten bestand, essen gerne Currywurst. Also war die Idee geboren, eine Fertigungsstraße zu entwickeln – und sie auch tatsächlich für den Alltagsgebrauch bei Grillfesten zu bauen. Pünktlich vor der Grillsaison 2019 haben die Studenten ihr Produkt fertiggestellt, ausgiebig getestet und in einer bewerteten Präsentation vorgestellt. „Ich finde die Maschine total gut“, sagte Prof. Dr. Wilhelm Fromm, Professor für Automatisierung in der elektrischen Energietechnik an der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik. „Sie ist sehr komplex und es ist einfach klasse, dass die vielen Kleinigkeiten im großen Zusammenspiel funktionieren“, sagt er voller Anerkennung.

Dass Prof. Fromm als Vertreter der Fakultät Elektrotechnik und Energietechnik bei der Präsentation dabei war, hatte sich angeboten. Die Maschinenbau-Studenten waren bestrebt, die Currywurstproduktion mit Hilfe elektrotechnischer Komponenten und entsprechender Software zu perfektionieren. Da sie mit Martin Matt, dem Bruder von Mit-Konstrukteur Michael Matt, ohnehin mit einem Elektrotechnik-Studenten der HTWG im persönlichen Austausch standen, bot sich die Zusammenarbeit an. Dank der Initiative der Studenten erfolgte die Erstellung der Maschine fakultätsübergreifend. „Damit war die Arbeit an der Maschine sehr realitätsnah. Später in der Industrie werden schließlich auch keine Fakultätsgrenzen bei Projekten eingehalten“, sagt Michael Matt.

Die Studenten haben sich viele findige Lösungen erarbeitet: Die Maschine benötigt lediglich einen 230 Volt-Anschluss, ist kompakt und in einem PKW-Kofferraum transportierbar, entspricht mit der Edelstahl-Ausstattung hohen Hygieneansprüchen und ist finanziell zu stemmen. Wenn man die Arbeitszeit der Studenten nicht berechnet. „Viele Einzelteile haben wir selbst hergestellt oder günstig im Internet erstanden“, sagt Andreas Röther. Einzelne Teile produzierten sie mit dem 3D-Drucker, manche Teile erhielten sie günstiger, weil sie ein gemeinsames Grillfest in Aussicht stellten.
Eine besondere Lösung haben sie sich für das vollautomatische Grillen der Würste in kompakter Bauweise ausgedacht. Wie das funktioniert, soll noch nicht verraten werden: „Prof. Heppler hat uns empfohlen, dafür eine Patentanmeldung anzustreben, deshalb können wir darüber noch nicht sprechen“, sagt Michael Matt.

Gesamststeuerung über Smartphone möglich

Die Gesamtsteuerung der Anlage erfolgt über ein Raspberry Pi, der sich mit dem Smartphone oder Tablet mittels WLAN verbinden lässt. Über eine Visualisierung im Internetbrowser kann die komplette Maschine bedient werden. So lässt sich beispielsweise die Auslastung, die Wurstgröße, ein manueller oder voll automatischer Betrieb bequem über das Bediengerät anwählen und einstellen.
Der künftige Einsatz ist in jedem Fall schon geklärt: Die Maschine wird bei manchem Vereinsfest und vielleicht auch bei Veranstaltungen der Hochschule zum Einsatz kommen.

So funktioniert die Currywurstmaschine:

1.    Der Vorratsbehälter
Bis zu 60 Würste passen in das Magazin. Per Lichtschranke wird eine Klappe gesteuert: Sind die sich drehenden Grillstäbe frei und heiß genug,  öffnet sie sich und die rohe Wurst flutscht auf den Grill.
2.    Der Grill
Zehn rotierende Grillstäbe drehen die Würste. Zu Beginn der Grillstraße sind sie 120 Grad heiß, damit die Wurstpelle nicht verbrennt. Die Rollen am Ende der Grillstraße erhitzen sich bis auf 150 Grad Celsius.
Ein Getriebemotor setzt eine Fahrradkette in Bewegung, die die Grillstäbe zum Drehen bringt.
Die Anlage ist auf zwei verschiedene Wurstgrößen einstellbar, je nachdem, ob die Würste dünner oder dicker als 24mm Durchmesser sind.
3.    Der Wurstschneider
Das ist eine der wenigen Vorrichtungen, die die Studenten fertig gekauft haben. Sie schnippelt die Currywurst in zirka ein Zentimeter große Wurststücke. Natürlich gerät eine Wurst nicht unkontrolliert in den Schneider: Zunächst fragt ein Sensor ab, ob der Wurstschneider tatsächlich leer ist.
4.    Der Schälchentransport
Während die Würste sich oben auf dem Grill drehen, fährt eine Plattform von einem Schrittmotor angetrieben ein Schälchen über einen Schlitten auf die Position unterhalb des Schneiders. Eine Lichtschranke überprüft, ob tatsächlich ein Schälchen positioniert ist. Nur dann fallen die Wurststückchen aus dem Schneider. Die Schälchen werden vollautomatisch von einem Stapel vereinzelt und auf der Plattform abgelegt.
5.    Die Saucenpumpe
Ein Durchlauferhitzer bringt die Sauce auf die richtige Temperatur. Mit Hilfe einer Quetschpumpe ergießt sie sich nach der entsprechenden Sensorenmeldung über den Wurststückchen.
6.    Das i-Tüpfelchen: Der Gewürzstreuer
Diese Funktion war in den ursprünglichen Plänen nicht vorgesehen, aber als die Maschinenbauer schonmal dabei waren…. Über einen Pneumatik-Zylinder wird die Gewürzdose zwei Mal in einer Auf-und-Ab-Bewegung kräftig geschüttelt so dass die Dose mit Currypulver das Gewürz auf die mit Sauce übergossenen Wurststücken streut.
7.    Der Schälchenschieber
Per Schieber wird das Schälchen mit der fertigen Currywurst aus der Fertigungsstraße auf ein Tablett geschoben, so dass das Schälchen leicht entnommen werden kann. Guten Appetit!