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Mit Startup in die dritte Dimension

25.06.2021

#WeAreHTWG: Christoph Selig hat an der HTWG studiert, promoviert und die Gründerinitiative Kilometer1 mitaufgebaut. Mit HTWG-Absolvent Felix Duffner schildert er, wie es ist, in einem preisgekrönten Startup zu arbeiten.

Ein Startup nach oben bringen und es beim Abheben begleiten – das ist für Christoph Selig und Felix Duffner im direkten wie im übertragenen Sinne Alltag. Die beiden HTWG-Absolventen arbeiten für „Unisphere“, ein Konstanzer Startup, das sich 2017 gegründet hat, um die Automatisierung des Flugbetriebs von Drohnen und Lufttaxis voranzutreiben. Die lange Liste der Förderungen und Auszeichnungen wurde jüngst um eine weitere reicher: Das Unternehmen hat den Deutschen Mobilitätspreis 2021 in der Kategorie Best Practice vom Bundesverkehrsministerium erhalten. Aus über 300 Einreichungen hatten Expert*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Politik die Preisträger*innen des diesjährigen Wettbewerbs ausgewählt. „Das hat uns natürlich riesig gefreut“, sagt Christoph Selig.

Das Leben nahm nach einer Startup-Lounge eine ungeahnte Wendung

Christoph Selig hat „Unisphere“ 2017 bei einer Startup-Lounge des Startup Netzwerk Bodensee kennengelernt. Damals steckte er nach dem Bachelor- und Masterstudium Wirtschaftsingenieurwesen Elektro- und Informationstechnik an der HTWG mitten in seiner Promotion zu einem Thema im Bereich Corporate Entrepreneurship. Parallel dazu arbeitete er mit Kolleg*innen daran, die gemeinsame Startup-Initiative von HTWG und Universität Konstanz, Kilometer1, aufzubauen. Mit der Begegnung nahm sein Berufsleben eine ungeahnte Wendung: Heute ist der 32-Jährige im Management-Trio für Business Development und Marketing verantwortlich, mit den Gründern Michael Anger (Technologie) und Christoph Schlettig (Strategie und Finanzen).

 

Das Startup entwickelt eine Softwareplattform, die Pilotenwissen in Software abbildet. Diese erlaubt es laut Christoph Selig, über alle Phasen des Flugbetriebs die Automatisierung von Drohnen und Lufttaxis zu erhöhen und dadurch Flüge unbemannter Fluggeräte sicherer und effizienter zu machen. Schon jetzt kommen Drohnen beispielsweise in Afrika zum Einsatz, wo sie in schwer zugänglichen Gebieten Medikamente transportieren können. In Deutschland werden Drohnen zum Auffinden von möglichen Schäden an Stromtrassen eingesetzt. Die Schweizerische Post transportiert von der Software gestützt per Drohne Laborproben zwischen zwei Spitälern im Tessin. Je nach Drohne können die Geräte bis zu 100 Kilometer fliegen, mit einem Transportgewicht von ein paar 100 Gramm bis zu mehreren Hundert Kilogramm.

Zur Erhöhung der Sicherheit und Automatisierung kann die Software für jeden einzelnen Flug eine akkurate Simulation erstellen. Die Simulation macht möglich, den Flug vorab auf die Durchführbarkeit und mögliche Risiken zu überprüfen. Dieser sogenannte „digitale Zwilling“ eines Fluges beinhaltet hoch aufgelöste Wettermodelle mit Informationen wie Windverhältnissen, Niederschlägen oder dem Vereisungsrisiko. Hinzu kommen Flugleistungsinformationen wie zum Beispiel der Reichweite des Akkus. Diese Parameter werden entlang einer geplanten Flugroute untersucht und automatisiert ausgewertet. Das Ergebnis wird in einer Ampel-Logik visualisiert und zeigt dem Nutzer, wann es möglich ist zu fliegen sowie die Dauer des Fluges und den Batterieladezustand am Ankunftsort.

Branche im Umbruch bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten

Was Christoph Selig an Unisphere begeisterte? „Die Luftfahrt an sich war mir anfangs noch eher fremd“, gesteht er und ergänzt, „aber der Gedanke, dass sich die gesamte Luftfahrt-Branche in einem starken Umbruch befindet und die Möglichkeit, hier von Tag 1 an mit dabei zu sein und vor allem mitgestalten zu können, war extrem spannend.“ Nun ist er für das Einwerben von Förderprojekten, für das Stellen von Anträgen, den Aufbau von Partnerschaften und Kundenbeziehungen verantwortlich.

Eine Blaupause dafür gibt es – wie für Startups üblich - nicht. Er muss sich auf unsicherer Basis auf Neues einlassen. Dabei helfen ihm die Erfahrungen, die er an der HTWG gesammelt hat: Das Studium trägt zum grundsätzlichen technischen Verständnis bei. Seine Arbeit bei Kilometer1, der Aufbau neuer Strukturen und die Beratung von gründungsinteressierten Studierenden haben ihm gelehrt, sich schnell in neue Themen einzuarbeiten und sie zu durchdringen.

Turbulenzen? Kein Grund zur Beunruhigung

„Unsicherheiten provozieren für den einen Stress, einen anderen motivieren sie“, sagt Felix Duffner, der sich zu „den anderen“ zählt. Der 28-Jährige wollte nicht in vordefinierte, fertige Prozesse einsteigen. Deshalb ist er nach seiner Master-Thesis im Studiengang International Project Engineering, die er bei Unisphere geschrieben hat, gerne mit dem Startup in Kontakt geblieben. Heute arbeitet er für Kilometer1 im Projekt EXIST-Potentiale und daneben im Marketing für Unisphere.

In seiner Masterarbeit hat Felix Duffner aktuelle Forschungstrends im B2B Marketing analysiert und deren Einfluss auf Startups untersucht, am Beispiel von Unisphere. Schon während der Masterarbeit habe er das Arbeitsklima in dem Startup und das anregende Umfeld geschätzt. „Es macht keinen Unterschied, ob Du hier Deine Abschlussarbeit schreibst oder im Management-Team bist, Dein Input wird auf Augenhöhe diskutiert“, erläutert er. Und natürlich sei da diese Leidenschaft der Mitarbeiter*innen von Startups. Diese hat er schon während seiner Bachelorarbeit bei einem Startup-Accelerator in Düsseldorf genossen, so dass er nach dem Bachelorstudium ein Jahr in Vollzeit dort geblieben war.

"Man darf sich von Höhen und Tiefen nicht abschrecken lassen"

So ansteckend die Leidenschaft in Startups ist, so begrenzt sind oft die Zeit und finanziellen Mittel. „Man weiß stets, wofür man was tut, muss Ressourcen aber gut einsetzen und priorisieren“, betont Duffner. Und Christoph Selig ergänzt: „Man muss sich darüber im Klaren sein, dass man was Neues macht, darf sich von Höhen und Tiefen nicht abschrecken lassen und muss mit Unsicherheitsfaktoren klarkommen.“ Sein Rat: Kühlen Kopf bewahren und anpassungsfähig bleiben. Kompetenzen, die er auch während seiner Promotion benötigt und gestärkt hat.

Und was haben Studierende der HTWG davon?

Studierende der HTWG profitieren von der Arbeit der beiden: Christoph Selig hält auch nach dem Abschluss seiner Promotion den Kontakt zur Hochschule und Felix Duffner kann seine Erfahrungen bei Unisphere unmittelbar gründungsinteressierten Studierenden der HTWG bei seiner Arbeit für Kilometer1 zuspielen. Wen das Startup-Leben reizt, kann es bei Unisphere kennenlernen. Das Unternehmen heißt Studierende für Praktika, Projekt- und Abschlussarbeiten willkommen. „Wir haben immer sehr positive Erfahrungen mit Studierenden gemacht, die ihr Wissen aus dem Studium einbringen und unser Team durch neue Perspektiven auf aktuelle Fragestellungen unterstützen konnten. Die HTWG ist für uns mittlerweile eine wichtige Talent-Quelle geworden.“ sagt Michael Anger, CTO und Gründer von Unisphere.