Wissenschaft unterstützt Einzelhandel
03.03.2022
Corona-Pandemie und Digitalisierung setzen den Handel unter Innovationsdruck. In einem Verbundprojekt leistet die HTWG Unterstützung.
Der Einzelhandel zählt zu den Branchen, die durch die Corona-Pandemie besonders gebeutelt wurden und werden. Doch schon vor dem Inkrafttreten verschiedener Infektionsschutzmaßnahmen setzten gesellschaftliche Entwicklungen dem Einzelhandel zu: Der Wunsch, unabhängig von Ort und Öffnungszeiten günstig einkaufen zu können, führte Kund*innen vermehrt zum Online-Handel. Die Pandemie hat den Trend verstärkt. Die Folgen der Entwicklung trifft auch Dritte, zum Beispiel Restaurants in Innenstädten.
Wissenschaftler*innen der HTWG wollen im Rahmen des Transfer-Projekts „Handel innovativ“ den lokalen Handel darin unterstützen, mit Hilfe digitaler Lösungen die Existenz mittel- und langfristig zu sichern und die Resilienz kleinerer und mittlerer Betriebe zu steigern. Das baden-württembergische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus fördert das Projekt mit gesamt knapp 1,8 Millionen Euro. Die HTWG erhält rund 300.000 Euro. Projektpartner sind das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, das Institut für Betriebsführung im DHI e.V., die Hochschule Furtwangen, das Forschungs- und Innovationszentrum Kognitive Dienstleistungssysteme (KODIS) sowie die Universität Siegen.
Die Forscher*innen sehen die Stärken des lokalen Handels wie zum Beispiel die hohe Beratungskompetenz, zwischenmenschliche Faktoren und grundsätzlich das physische Erlebnis des Einkaufens vor Ort, aber eben auch den Wunsch vieler Kund*innen nach einer virtuell erweiterten Ladentheke. „Erhebungen zeigen, dass viele Akteure im Einzelhandel von den neuen Anforderungen überrumpelt wurden. Sie haben weder die internen Strukturen, die Kompetenz noch die Mittel, eigene Innovationen umzusetzen. Ihnen möchten wir unsere Expertise zur Verfügung stellen“, sagt Prof. Dr. Stefan Schweiger, Leiter des Projektes „Handel innovativ" an der HTWG. Er betont: Es gehe nicht um ein „entweder - oder“, sondern um die jeweils spezifische Balance aus persönlicher Beratung und digital unterstützten Verkaufsprozessen. Unter anderem müsse bei der Entwicklung passgenauer Maßnahmen auch das jeweilige Segment betrachtet werden. „Ob die Kunden digitale Angebote annehmen und in welchem Ausmaß, unterscheidet sich je Branche“, räumt Valerie Bass, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt, ein.
„Unser Ziel für die Einzelhändler ist, zum einen der Herausforderungen bewusst zu werden und Wissen aufzubauen, zum anderen konzentriert sich das Projekt auf konkrete Anwendungen. Hierbei kommt ein vielfältiges Instrumentarium zum Einsatz, das von Kreativitätsworkshops über Coachings bis hin zum gemeinsamen Umsetzen niederschwelliger Lösungen reicht“, zählt Julius Taubert, wissenschaftlicher Mitarbeiter, auf. Zu den Aktionen zählen Mikroprojekte mit lokalen Händler*innen, in denen konkrete Vorschläge und Empfehlungen ausgearbeitet werden, wie vor allem kleine und mittlere Einzelhändler in Zukunft innovativer werden können und welche Innovationsstrukturen und -prozesse hierzu erforderlich sind. Diese könnten zum Beispiel die Einführung einer Online-Kundenberatung oder Bestell-App oder das Nutzen regionaler Lieferdienste beinhalten – also die Verknüpfung von Angeboten des stationären Handels und des Online-Handels.
Ergänzend werden Erfolgsbeispiele von Einzelhändlern gesammelt, die zeigen, wie diese mit Hilfe innovativer Lösungen und dem Einsatz digitaler Technologien die Herausforderungen der COVID-19-Pandemie gemeistert haben. Die lokalen wie internationalen Fallbeispiele sollen multimedial aufbereitet werden und als Mutmacher und Impulsgeber für andere Betriebe dienen.
Eingebunden in das landesweite Projekt sind auch Kammern und Verbände. „Der Einzelhandel handelt traditionell eher einzeln, dabei könnten Händler von gemeinsamen Plattformen profitieren“, sagt Daniel Glunz, ebenfalls wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt. Dabei schöpft er aus vielfältigen Erfahrungen: Das Projekt schlägt die Brücke zu Aktivitäten des Kompetenzzentrums Smart Services, in das das Team um Prof. Schweiger ebenfalls eingebunden ist. „Für den Einzelhandel der Zukunft wird es erfolgsentscheidend sein, analoge und digitale Geschäftsmodellkomponenten passgenau miteinander zu kombinieren und im Sinne einer vernetzten Wertschöpfung mit Partnern zu kooperieren“, sagt Prof. Dr. Stefan Schweiger überzeugt.
Einzelhändler, die an der Umsetzung von Mikro-Projekten oder den Veranstaltungsformaten des Projekts interessiert sind, finden nachstehend die Kontaktdaten des Teams, sowie weitere Informationen auf der Projekthomepage von "Handel innovativ".
Prof. Dr.-Ing. Stefan Schweiger
Projektleitung
+49 7531 206-443
schweiger@htwg-konstanz.de
Valerie Bass
Akademische Mitarbeiterin
+49 7531 206-421
v.bass@htwg-konstanz.de
Julius Taubert
Akademischer Mitarbeiter
+49 7531 206-318
j.taubert@htwg-konstanz.de
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