Architektur
Bachelor und Master

Kooperatives Bauen mit Bambus
(05/2025) Im tansanischen Dorf Nkoaranga soll ein nachhaltiges Gemeindezentrum, das Community Competence Center, entstehen. Dafür entwickelten Studierende der Architektur in Abstimmung mit Partner*innen in Nkoaranga Entwürfe für ein Gemeindezentrum mit dem Material Bambus, deren Umsetzung im Sommer bevorsteht. Bei einer projektvorbereitenden Reise nach Tansania werden in Praxis-Workshops Probekonstruktionen erarbeitet, deren Testung in die Werkplanung einfließen. Damit folgt das Projekt der Design-Build-Idee, ein Ansatz, bei dem Studierende gemeinsam entwerfen und Hand in Hand mit den Menschen vor Ort bauen, um Theorie und Praxis direkt miteinander zu verbinden.

Im Nordosten Tansanias nahe Arusha liegt 30 km südlich des Vulkans Mount Meru das kleine Dorf Nkoaranga. Die Region rund um Nkoaranga ist stark landwirtschaftlich geprägt, insbesondere durch Kaffeeanbau. Wirtschaftliche Herausforderungen wie begrenzte Marktchancen und strukturelle Arbeitslosigkeit erschweren den Alltag vieler Bewohner*innen. Gleichzeitig entstehen durch gemeinschaftliches Engagement und externe Partnerschaften neue Perspektiven – unter anderem im Bildungs- und Bausektor.
Gemeinsam mit der Gemeinde in Nkoaranga setzt sich die Organisation „Changelis“ dafür ein, lokale Projekte nachhaltig zu fördern. In enger Zusammenarbeit mit lokalen Partner*innen unterstützt sie unter anderem den fairen Handel mit regional angebautem Biokaffee, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen sowie den Bau des neuen Gemeinschaftszentrums.
Architektur und Materialwahl
Ein Teil des Raumprogramms ist ein Gästehaus, das internationalen Volontär*innen eine Unterkunft bietet. Dabei wird der Komfort so geplant, dass er funktional ist und gleichzeitig kulturelle Angemessenheit sowie lokale Ressourcen berücksichtigt. Verschiedene Konzepte und Entwürfe wurden als Diskussionsgrundlage mit lokalen Partner*innen und dem Bauherrn entwickelt.
Der zur Ausführung ausgewählte Entwurf vereinigt alle Nutzungen unter einem Dach: Ein großer Gemeindesaal soll als flexibler Ort für Bildung, Begegnung und kulturellen Austausch dienen. Ein vorgelagerter Laubengang fördert soziale Interaktion und schafft Verbindungen zwischen den verschiedenen Nutzungen. Wohnräume für Volontär*innen befinden sich in einem Sockelgeschoss unterhalb des Saals.
Bambus wurde als regional verfügbarer, schnell nachwachsender Rohstoff gewählt – einerseits wegen seines Potenzials zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Förderung nachhaltiger Bauweisen andererseits um dem Erhalt des natürlichen Ökosystems eine wirtschaftliche Basis zu geben. Denn die natürlichen Waldbestände des indigenen afrikanischen Hochlandbambus werden an vielen Stellen zugunsten von Tee-und Tabakplantagen abgeholzt, weil es für den Rohstoff Bambus keine hochwertigen Nutzungen gibt.
Nach einem intensiven Semester, in dem sowohl Bedarfe der Gemeinde als auch örtliche Potenziale erfasst und planerisch weiterentwickelt wurden, steht nun die gemeinsame Umsetzung des Projekts bevor.

Die Reise führt nach Nkoaranga
Zur Vorbereitung des Projekts reiste eine kleine Gruppe – bestehend aus Prof. Stefan Krötsch, dem Lehrbeauftragten Roman Kreuzer sowie den Studierenden Marc Dietrich und Kim Kuttruff – nach Tansania, um gemeinsam mit lokalen Partner*innen die Gegebenheiten vor Ort zu analysieren und die bestehenden Entwurfsideen weiterzuentwickeln.
In enger Abstimmung mit Fachkräften aus Arusha wurde das Baugrundstück begangen, vermessen und hinsichtlich der bautechnischen Voraussetzungen untersucht. Ein gemeinsamer Austausch mit einem örtlichen Ingenieurbüro ermöglichte eine fundierte Einschätzung des Baugrunds und half bei der Weiterentwicklung der planerischen Ansätze.
Das Team besuchte zudem regionale Baufirmen in den umliegenden Dörfern, um Informationen über lokal verfügbare Baustoffe, deren Verarbeitung sowie Kostenstrukturen zu sammeln. Besonders wertvoll war der kontinuierliche Dialog mit den Bewohner*innen von Nkoaranga. In mehreren Gesprächsrunden wurden die unterschiedlichen Entwurfskonzepte offen diskutiert, und die vielfältigen Rückmeldungen – Wünsche, Ideen und Bedenken – flossen direkt in die weitere Planung ein.
Lernen, testen, umsetzen
Zurück in Konstanz beginnen nun die Vorbereitungen der Werkplanung. Ein wichtiger Meilenstein war die Überprüfung entscheidender Bambusverbindungen bei einem Bau-Workshop in der Werkstatt der Firma „Holzbau Schmäh“ in Meersburg als Teil des Hochschulprojekt „Walz 4.0“. Handwerkliche Workshops ermöglichen eine experimentelle, aber präzise Werkplanung. Der international tätige Bambus-Spezialist Jörg Stamm ergänzte das Projektteam mit Workshops und Vorträgen. Der Austausch mit lokalen Handwerker*innen in Tansania soll im nächsten Schritt dazu beitragen, das Wissen über Bambusbau im regionalen Kontext zu vertiefen. Im Sinne des Design-Build-Ansatzes werden im August und September 2025 rund 20 Studierende gemeinsam mit der Gemeinde in Nkoaranga am Bau des Projekts beteiligt sein – als Teil eines praxisorientierten, kooperativen Lernprozesses.
Das Projekt und der Planungsprozess wird durch die Sto-Stiftung unterstützt und ist Teil des Hochschulprojekts „Walz 4.0“.
Fotos: Kim Kuttruff, Mert Rüttermann
Text: Kuttruff, Donner, Krötsch