Kommunikationsdesign

    Masterstudiengang

    Dekoratives grafisches Element

    »Wer etwas will, hat es leichter«

    Prof. Brian Switzer über Anforderungen, den besten Zeitpunkt und sein Steckenpferd

    Im Design kann man in der Regel auch mit einem Bachelor gut unterkommen. Warum ist ein Masterstudium da überhaupt sinnvoll?
    Der Bachelor fokussiert in der Regel darauf, wie etwas gemacht wird. Ein Druckprodukt zum Beispiel oder ein Interface oder ein Film. Da ist aber oft keine Zeit für eine Reflektion über das »Warum« oder für Themen, die einen größeren Kontext mit einbeziehen. Ein Master ist deswegen sinnvoll, weil man dann sagen kann »Ich weiß, wie das geht, jetzt überlegen wir mal, ob ich es überhaupt machen soll«. Oder wenn, dann warum? Oder welche Varianten wären jetzt vielleicht richtiger oder angebrachter? Man könnte da von unterschiedlichen Perspektiven sprechen, die möglich sind. Vielleicht möchte ich provozieren, das wäre dann ein experimenteller Ansatz. Eine Überlegung wäre auch, zu schauen, wie bettet sich eine Anwendung in einen übergeordneten Firmenkontext ein, da sind wir bei der Strategie. Welche Mächte sind im Spiel, wie identifizieren wir die? Oder man schaut genau auf die Situation, in der ein Problem steht. Und um diese Situation genau zu verstehen, ist es wichtig Forschungsmethoden zu lernen, um zum Beispiel die richtigen Fragen zu stellen. Es gibt auch andere Überlegungen theoretischer Natur: Welche abstrakte Ebene können wir einziehen, um unsere eigene Praxis besser zu verstehen? Das wäre zum Beispiel die Designrhetorik oder die Semiotik.

    Viele Fragen sich nach dem richtigen Zeitpunkt. Soll ich den Bachelor machen und danach erst eine Weile arbeiten oder soll ich den Master gleich im Anschluss machen. Was ist der Königsweg?
    Ein schlechter Grund, um den Master zu machen ist, dass man einfach nicht weiß, was man sonst tun soll. Auch die vage Befürchtung, man ist vielleicht nicht gut genug für den Markt, ist kein guter Grund. Der bessere Weg ist, dass man etwas lernen möchte. Dass man sagt: Ich bin bereit für den nächsten Schritt, ich möchte die Praxis reflektiert betrachten und ich möchte mir Zeit dafür nehmen. Vielleicht möchte ich einen bestimmten Bereich drauf satteln, zum Beispiel »Design und Raum«. Diese Leute haben es im Master einfacher, weil die etwas wollen. Das ist manchmal unangenehm, weil die das auch einfordern, aber das ist mir lieber als die Leute, die passiv und etwas orientierungslos sind. Und manchmal hilft es in der Tat, vorher ein bisschen zu arbeiten. Es gibt da kein »zu spät«. Ich glaube auch, unsere Gesellschaft braucht eine Offenheit für andere Wege, gerade auch für Frauen, die vielleicht nicht nur eine Karrierepause machen, sondern auch eine Familienpause, und ich würde mich sehr dafür stark machen, solche Wege zu öffnen, vor allem im Master.

    Was können Bewerber*innen denn von einem Master in Konstanz erwarten?
    Ich habe oben ja schon die verschiedenen erweiterten Kontexte angesprochen, in denen wir arbeiten. Manche sind pragmatisch, so wie »Design und Raum«, andere sind theoretischer, strategischer oder experimenteller Natur. Ich glaube, was nicht so offensichtlich auf unserem Masterstudiengang draufsteht, was aber drin ist, ist unsere grundsätzliche Offenheit: Wenn jemand hierherkommt, der eine Agenda hat, die nicht auf der Speisekarte steht, dann sollte man den Kontakt suchen. Dafür ist zum Beispiel das Assessment im ersten Semester da, um wirklich ein Gespräch zu führen mit einem Professor oder einer Professorin, wo man spezifische Fragen stellen und Wünsche äußern kann. Dem versuchen wir dann auch gerecht zu werden.

    Inwiefern können Studierende in Konstanz vom Campus profitieren, auf dem ja auch technische und wirtschaftliche Studiengänge angesiedelt sind?
    Die Studierenden haben ein Kontingent an offenen Fächern, und diese Offenheit erlaubt Anschlüsse an andere Fachbereiche. Das bezieht auch die Universität Konstanz ein, wo es jetzt zum Beispiel eine Kooperation gibt im Rahmen eines internationalen Methodenzentrums mit unterschiedlichen Fachbereichen. Aber auch hier auf dem Campus kann ich mir das holen. Eine gute Möglichkeit ist das »Open Innovation Lab« an der HTWG, das allen Studierenden zur Verfügung steht, und das viel Raum bietet für den informellen Austausch. Das gleiche würde ich sagen über die Initiative »Kilometer 1«, bei der es darum geht Gründer zu unterstützen, auch da steckt viel Kooperationspotenzial drin.

    Ihr Steckenpferd im Master sind qualitative Forschungsmethoden. Was kann man sich darunter vorstellen?
    Designer sind Augentierchen, und ich finde, sie bringen von Haus aus eine gute Beobachtungsgabe mit. Da liegt es nahe, theoretische Methoden aus der Ethnographie oder die so genannte teilnehmende Beobachtung anzuwenden. Das ist super-gewinnbringend bevor man in ein größeres Designprojekt startet; wenn zum Beispiel ein Kunde nicht weiß, wo ein Problem genau liegt. Ein gutes Beispiel ist ein Projekt, das wir mit dem Konstanzer Einkaufszentrum »Lago« gemacht haben. Die wussten viel über ihre Kunden, wo sie herkommen, was sie einkaufen etc. Aber sie wussten nur sehr wenig darüber, wie sich das Einkaufserlebnis anfühlt. Wir haben die komplette »Customer journey« nachvollzogen: Ich informiere mich, ich fahre dahin, komme an, ich shoppe etc. Jeden dieser Schritte haben wir angeschaut aus der Perspektive der Designforschung und daraus haben wir uns ein Bild gemacht, wie ein gutes Einkaufserlebnis aussieht und wie ein schlechtes Einkaufserlebnis aussieht und woran das liegen könnte. Zum Beispiel das Parken: ein Horror. Oder dass es undefinierte Zonen gibt zwischen Shopping-Center und Abstellraum. Oder wie die Leute sitzen. Nach unserem Projekt haben die ihre Sitzgelegenheiten dann auch komplett umgebaut.

    Sie sind selbst US-Amerikaner. Welche Unterschiede fallen Ihnen auf mit Blick auf das akademische Leben?
    Das ist schwer zu pauschalisieren. Die Hochschullandschaft ist in beiden Ländern sehr divers und ja immer sehr geprägt von den Menschen, die an den Hochschulen lehren. Einen großen Unterschied gibt es allerdings: In Amerika kostet das Studium Geld, und zwar nicht zu knapp.

    Wissen wir das hier zu wenig zu schätzen, dass es keine Studiengebühren gibt?
    Ich glaube schon, dass die Leute es oft nicht in dem Maß schätzen wie sie es schätzen sollten. Ein soziales System ist eine wunderbare Sache, die aber auf Dauer unsichtbar wird, so wie Strom aus der Steckdose. Man merkt es erst, wenn es fehlt. In Amerika ist es halt so, dass diejenigen, die kein Geld haben, oft auch keine Chance haben, außer sie sind wirklich gut. Das kennen junge Leute hier gar nicht, und die sind dann auch oft sehr erstaunt, wenn sie einen Auslandsaufenthalt machen wollen, dass das ein Thema ist. Ich habe mich verschuldet, um meinen Master zu machen. Das war 1993, und ich war danach mit 40 000 Dollar in der Kreide.

    Was würden Sie sich – abgesehen von dieser Wertschätzung – von Masterstudierenden, die nach Konstanz kommen wollen, wünschen?
    Neugier. Biss. Das sind die Qualitäten, die man braucht. Ein gewisses Level an Intelligenz und Fähigkeit, aber das würde ich grundsätzlich voraussetzen. Neugier und Biss sind wichtig, weil sie mit Sachen konfrontiert werden, die nicht sofort greifen. Es ist ja nicht so, dass man gleich danach in der Chefetage einsteigt. Aber auch ich selbst habe festgestellt: Sobald ich in einer größeren Struktur gelandet bin, bin ich schneller aufgestiegen als Leute, die nur einen Bachelor hatten. Das läuft dann eher subtil ab. Probleme, die andere Leute schwierig fanden, fand ich nicht so schwierig. Das sind die Qualitäten eines Masters, würde ich sagen. Ich selbst hatte auch schon früh so eine vage Vorstellung, dass ich in die Lehre wollte und dafür sind diese höheren Abschlüsse notwendig. Auch hier in Konstanz haben Masterstudierende immer wieder die Möglichkeit Workshops zu geben, um so erste Erfahrungen in der Lehre zu sammeln.