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Perfektionismus im 3D-Druck

Schon als Schüler hatte es Tobias Neidhart beim Bundesfinale von „Jugend forscht“ auf das Siegertreppchen geschafft. Nun wird er als Erstsemester im Studiengang Maschinenbau am Wettbewerb teilnehmen. Für seine 3D-Druck-Entwicklung läuft bereits eine Patentanmeldung.

„Ach das, das war noch eine Spielerei“, sagt Tobias Neidhart zu seiner Entwicklung, mit der er 2019 den zweiten Platz im Bundesfinale in der Kategorie Technik erlangt hat. Die Entwicklung: Tobias Neidhart hatte – damals noch als Schüler des Konstanzer Ellenrieder-Gymnasiums – einen Zusatz für einen 3D-Drucker konstruiert, der verschiedene Druckdüsen automatisch wechseln kann. Dabei sorgt ein Elektromagnet dafür, dass die jeweilige Düse während des Druckens stabil mit dem Gerät verbunden bleibt. Der Wechselmechanismus ist besonders verschleißarm, auch für Fräsen und Laser einsetzbar. Aber vor allem ist damit ein sauberer Druck eines mehrfarbigen Objekts möglich, erläutert Tobias Neidhart. Der „Tool-Changer“ funktioniert so überzeugend, dass der Jungforscher ihn als Gebrauchsmuster angemeldet hat.

Innovationen optimieren Kunstharz-Druck

Für seine neueste Entwicklung läuft bereits die Patentanmeldung. Tobias Neidhart wird sie im Regionalwettbewerb Donau-Hegau von Jugend forscht am 25. und 26. Februar präsentieren. Inzwischen studiert er im ersten Semester Maschinenbau an der HTWG. Beim Wettbewerb können Tüftler*innen bis zum Alter von 21 Jahren teilnehmen.
Eigentlich ist es eine Weiterentwicklung. Schon im vergangenen Jahr hat er mit seinem SpeedX-I Modell den ersten Platz im Regionalwettbewerb im Bereich Technik belegt. Der Wettbewerb wurde jedoch coronabedingt abgebrochen. Kein Anlass für den Tüftler, sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Ganz im Gegenteil: „Das motivierte mich zur Entwicklung der noch leistungsfähigeren SpeedX-II Version“, erzählt Tobias Neidhart. Dabei handelt es sich um einen optimierten Kunstharz-3D-Drucker. Von der aktuellen Entwicklung verspricht er sich noch mehr Wirkung als vom „Tool-Changer“. Schließlich hat er in SpeedX-II gleich mehrere Innovationen eingebaut.

 

Frontalsicht auf einen Kunstharz 3D-Drucker

So sieht der fertige SpeedX-II von Tobias Neidhart aus - mit einem filigranen, gedruckten Objekt auf der Druckplatte.

Die Verarbeitung von Kunstharz ist nicht profan. Ist es zu kalt, ist es zäh und schwer zu verarbeiten. Deshalb wird es zur Verarbeitung erhitzt. Wird es aber zu stark erhitzt, ist es ebenfalls schwer zu verarbeiten. Im schlechtesten Fall ist es degeneriert und für den Druck gar nicht mehr nutzbar. Tobias Neidhart schafft es, genau die Konsistenz zu erreichen, die zum Drucken mit Kunstharz ideal ist.

Kontrollierte Erwärmung durch Ultraschall

Seine patentierte Hauptinnovation liegt in der Optimierung der Kunstharzeigenschaften auf Basis von Ultraschall. „Der Energieeintrag durch Ultraschall in Verbindung mit einer selbstentwickelten gekühlten, homogenen, flächig angeordneten UV-Lichtquelle führt zur kontrollierten Erwärmung des Kunstharzes und zu einer deutlichen Reduzierung der Viskosität, so dass bei geringerer Belichtungs- und Stellzeiten der Mechanik die Druckgeschwindigkeit ohne qualitative Einbußen gesteigert und auch die Stabilität der Druckobjekte selbst erhöht wird“, schreibt er in der Zusammenfassung an die Stiftung „Jugend forscht e.V.“ und führt weiter aus: „Zusätzliche, positive Effekte der Ultraschallbehandlung sind auch die Deglomeration und die Dispergierung des Kunstharzes, wodurch Zusatzstoffe sowie die für die Polymerisation notwendigen chemischen Bestandteile, wie z.B. die Additive und Photoinitiatoren etc. gleichmäßig verteilt werden, so dass eine optimale Polymerisation mit den Begleitstoffen erfolgen kann.“ Die Steuerung für optimale Bedingungen ist über Temperatursensoren geregelt.

Ein junger Mann hebt einen roten Plexiglaskasten hoch. Darunter kommt ein 3D-Drucker zum Vorschein.

2020 konnte Tobias Neidhart mit seinem SpeedX-I beim Regionalwettbewerb von Jugend forscht ganz analog teilnehmen. In diesem Jahr wird der Wettbewerb online stattfinden.

Der sogenannte SLA-Druck (Stereolithographie) basiert auf der Härtung von Harz. Die Härtung erfolgt über eine LED-Lichtquelle. „Das Licht wird nur selektiv durch ein LCD gelassen, um dann an entsprechenden Stellen direkt auf das Harz zu treffen“, erklärt Neidhart das Verfahren. Aber auch dieses hat er weiterentwickelt: Sein LED Panel hat maximal 120 Watt Leistung. Durch ein verwendetes Monochrom-Display wird im Vergleich mehr Licht zum Harz durchgelassen und weniger vom LCD absorbiert. Damit sorgt er dafür, dass die Schichten schneller härten und somit das ganze Druckverfahren beschleunigt wird.

Noch dazu hat er Energieverbrauch und den Verschleiß im Blick: Dank einer ausgeklügelten Kühlung könne eine längere Inbetriebnahme der LCDs gewährleistet werden, so Neidhart. Und: Tobias Neidhart hat die LED-Dioden flächig auf einem Panel angeordnet. Daher härtet das Harz schneller und gleichmäßig. Damit lässt sich ausschließen, dass Harz in der Mitte der Druckplatte bereits ausgehärtet, aber in den Außenbereichen noch nicht vollständig gehärtet ist. Damit nicht genug: Zu den weiteren Verbesserungen zählt zudem die Entwicklung eines Kippbades zur Reduzierung der Abzugskräfte beim Druckprozess.

Online-Präsentation am 25. und 26. Februar

Bei der letztjährigen Wettbewerbsteilnahme konnte Tobias Neidhart seinen Drucker am Messestand präsentieren. In diesem Jahr wird der Wettbewerb online stattfinden. Trotz veränderter Rahmenbedingungen sind zahlreiche Anmeldungen für den Wettbewerb unter dem diesjährigen Motto „Lass Zukunft da“ eingegangen: 124 Kinder und Jugendliche aus den Landkreisen Tuttlingen, Konstanz, Rottweil, Schwarzwald-Baar und Tübingen haben Stand Dezember 2020 insgesamt 66 Projektideen eingereicht, davon 36 Projekte für Jugend forscht (15- bis 21-Jährige) und 30 Projekte für die Juniorsparte Schüler experimentieren (Jungforscher bis 14 Jahre).
Sie präsentieren Forschungen in den Bereichen Arbeitswelt, Chemie, Biologie, Geo- und Raumwissenschaften, Mathematik, Physik. In der Sparte Technik und „Jugend forscht“ (Alter ab 15 bis 21 Jahren ) tritt Tobias Neidhart gegen vier weitere Teilnehmer*innen an. Die Jugend-forscht-Regionalsieger dürfen beim Landeswettbewerb vom 22. bis 24. März 2021 bei der experimenta Heilbronn antreten.

„Beim Druck mit Kunstharz sind viele Parameter zu beachten, aufgrund derer etwas schiefgehen kann“, sagt Tobias Neidhart. Der Erstsemester hat jedoch alles detailliert durchdacht. Sämtliche Optimierungen hat er per CAD digital geplant und erst abschließend die Bauteile für seinen SpeedX-II am 3D-Drucker ausgedruckt. Ergänzend hat er zum Teil auch die Software selbst programmiert, schließlich sind vier Arduinos und ein Raspberry Pi im Drucker verbaut.

Durch die Weiterentwicklung werde eine enorme Beschleunigung des Druckprozesses erreicht. Tobias Neidhart hat errechnet, dass „die Druckzeiten gegenüber den Vergleichsgeräten aus dem Consumer-Bereich um das viereinhalbfache bei einer Schichtdicke von 0,1 mm bzw. sogar um das Fünffache bei einer Schichtdicke von 0,2 mm gesenkt werden, ohne dass dabei qualitative Einbußen beim Druckergebnis entstehen“. Durch Zugversuche im Labor der HTWG habe sich darüber hinaus abhängig von dem eingesetzten Kunstharz eine ca. zehnprozentige Steigerung der Zugfestigkeit der Druckobjekte nachweisen lassen.

Jugend forscht 2020: „Lass Zukunft da“

Am 25. Februar 2021 wird die Jurierung der einzelnen Forschungsprojekte virtuell stattfinden, um auch hier allen Schutz- und Hygienemaßnahmen Rechnung zu tragen. Die Öffentlichkeit kann online die virtuelle Projektausstellung besuchen und auf diesem Weg die Arbeiten der Jungforscher*innen entdecken und sich davon begeistern lassen. Einen Tag später erhalten alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Feedback der Jury per Videostream. Außerdem findet am Abend des 26. Februars die Preisverleihung statt, die ebenfalls im virtuellen Rahmen zelebriert wird.