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Die Welt schaut auf China... Die HTWG auch!

05.12.2018

Als eine von nur zehn Hochschulen bundesweit hat das Bundesforschungsministerium die HTWG für den Aufbau eines China-Kompetenzzentrums ausgewählt. Alle Hochschulangehörigen können davon profitieren.

Die Entfernung von Konstanz nach Peking beträgt 7926 Kilometer Luftlinie. Doch weit weg ist China nicht. Unser Alltag ist geprägt von Gegenständen, die in China gefertigt wurden, zahlreiche Firmen auch rund um den Bodensee arbeiten eng mit chinesischen Firmen zusammen und zwischendurch macht uns der „Chinese-to-go“ satt. Die Verflechtungen zwischen Deutschland und China sind eng und werden immer enger, mehr als 5000 deutsche Firmen sind schon heute in China aktiv, mehr als 900 chinesische Firmen in Deutschland. China investiert in Infrastrukturprojekte in Afrika und Lateinamerika – und in Europa. „An China führt kein Weg vorbei“, sagt Prof. Dr. Gabriele Thelen, Sinologin und Professorin für interkulturelle Kommunikation an der HTWG und ergänzt: „Es ist keine Frage, ob wir mit China zusammenarbeiten, sondern wie und in welchen Themenbereichen.“

Bedeutung Chinas spiegelt sich in Bildungsmaßnahmen nicht wider

Nur: Wer möchte behaupten, China zu kennen? Die enorme Bedeutung, die China schon jetzt hat und in Zukunft haben wird, spiegelt sich in Deutschland nicht annähernd in Schule und Wissenschaft – außerhalb der Sinologie – wider. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Mercator Institute for China Studies (MERICS). Das Bundesministerium für Forschung und Bildung hatte deshalb im Rahmen seiner Strategie zur Zusammenarbeit mit China in Forschung, Wissenschaft und Bildung aufgerufen, „Innovative Konzepte zum Ausbau der China-Kompetenz an deutschen Hochschulen“ einzureichen. Die HTWG hat ein solches Konzept erarbeitet und als nur eine von zehn Hochschulen bundesweit, darunter nur drei weitere Hochschulen für angewandte Wissenschaften, eine Förderzusage erhalten. Über drei Jahre erhält sie gesamt 530.000 Euro für die Stärkung der China-Kompetenz.

Feierliche Eröffnung am 12. Dezember

Am Mittwoch, 12. Dezember, feiert das China-Zentrum der HTWG seine Eröffnung im Gebäude P auf dem Campus der HTWG. Ab 12.30 Uhr sind Informationsstände zu verschiedenen China-Themen geöffnet, außerdem wird ein chinesischer Imbiss   angeboten. Um 13.30 Uhr folgt die offizielle Eröffnung mit einem Grußwort aus dem Präsidium, bis 15 Uhr sind Gespräche und Erfahrungsaustausch mit den Leiterinnen des China-Zentrums möglich. Sie freuen sich auf  Mitteilung der Wünsche und Erwartungen der Hochschulangehörigen an das China-Zentrum.

Was bedeutet „China-Kompetenz“?

Das BMBF zählt neben Sprachkenntnissen und interkulturellen Fähigkeiten auch ein Grundverständnis von Chinas Wirtschaft, Politik, moderner Geschichte und Gesellschaft dazu. Das Team des China-Zentrums Prof. Dr. Gabriele Thelen, Dr. Helena Obendiek und Xiaoyu Zhao, sieht für sich ein breites Aufgabenspektrum. Das China-Zentrum will Angebote für alle Hochschulangehörigen, für Studierende, Lehrende und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaffen. „Für unsere Studierenden, nicht nur der Asienstudiengänge, sondern gerade auch der Ingenieurwissenschaften, sind China-Kenntnisse eine künftig gefragte berufliche Qualifikation“, betont Prof. Gabriele Thelen.
Ihre Kollegin Dr. Helena Obendiek, ebenfalls Sinologin und bis zum Wechsel ins China-Zentrum Studiengangsreferentin der Asien-Studiengänge der HTWG, weist auf die Ambitionen Chinas in Forschung und Innovation hin. Die über viele Jahre dominierende Angst, China übernehme Know-How, werde zunehmend vom Wunsch überlagert, an den Entwicklungen der Forschungs- und Wissenschaftslandschaft in China partizipieren zu können. Die Ausgaben Chinas für Forschung und Entwicklung liegen schließlich über dem Durschnitt der Ausgaben der OECD-Länder. „Deshalb wollen wir gemeinsam mit dem Akademischen Auslandsamt beim Auf- und Ausbau von Kooperationen mit chinesischen Hochschulpartnern beraten und unterstützen“, erläutert Obendiek.
Für alle Interessierten will das Team „China-Lessons“, regelmäßige Informations- und Diskussionsveranstaltungen zu aktuellen China-Themen, und Coachingmaßnahmen zur interkulturellen Kompetenz anbieten. Das Programm der nächsten drei Jahre ist allerdings noch lange nicht festgezurrt, „wir freuen uns, wenn Hochschulangehörige uns ihre Wünschen und Erwartungen an das China-Zentrum mitteilen“, sagt Dr. Helena Obendiek.

Start nicht bei Null

Dass gerade die HTWG das BMBF mit ihrem innovativen Konzept überzeugen konnte, dürfte nicht zuletzt an den seit vielen Jahrzehnten erarbeiteten und immer wieder unter Beweis gestellten guten Beziehungen der Hochschule nach Asien liegen. „Wir fangen ja nicht bei Null an“, betont Prof. Dr. Gabriele Thelen. Schon in den frühen 1980er Jahren hatte der damalige Rektor Prof. Olaf Harder Fühler nach China ausgestreckt und den Austausch von Lehrenden und Studierenden der Ingenieurwissenschaften angestoßen. Vor 20 Jahren startete der Studiengang Angewandte Weltwirtschaftssprachen mit Schwerpunkt Chinesisch (heute Wirtschaftsmanagement Asien und Management China), vor zehn Jahren der Studiengang Wirtschaftssprachen Deutsch und Tourismusmanagement, mit dem die Studierenden aus verschiedenen asiatischen Ländern einen Doppelabschluss sowohl an der HTWG als auch ihrer Heimathochschule erlangen. Das Weiterbildungsinstitut Lake Constance Business School bietet seit 2007 gemeinsam mit dem Beijing Institute of Technology (BIT) und der Hochschule Ingolstadt den berufsbegleitenden EMBA-Studiengang Compliance and Corporate Governance (CCG) an. An nahezu allen Fakultäten der HTWG gibt es Lehrende, die bereits berufliche Erfahrungen in und mit China gesammelt haben. Mit sechs Hochschulen in China pflegt die HTWG aktive Partnerschaften und den Austausch auf Studierenden- wie auch Lehrendenebene. Es gibt zahlreiche Kontakte zu Unternehmen und Institutionen, bei denen Studierende Praktika, Abschlussarbeiten oder Praxissemester geleistet haben, viele Alumni sind in China tätig. Das China-Zentrum hat nun unter anderem zum Ziel, die verschiedenen Aktivitäten zusammenzuführen.

Im Mittelpunkt steht der menschliche Kontakt

Eine gelungene Kooperation basiert für Prof. Dr. Gabriele Thelen auf gegenseitigem Verständnis und Vertrauen. Das wiederum ist nur möglich, wenn sich die Menschen, Chinesen und Deutsche, kennenlernen, sich austauschen, Stereotype hinterfragen. Genau das will das Team den Hochschulangehörigen ermöglichen - mit Exkursionen nach China, aber auch Veranstaltungen auf dem Campus. Auch darin haben die Akteure des China-Zentrums langjährige Erfahrung und hierin sehen sie das „Innovative“ ihres Konzepts. „Trotz der offensichtlichen Gelegenheiten zum gegenseitigen Kennenlernen, ist der tatsächliche Kontakt zwischen den Chinesen und Deutschen bisher an wenigen Hochschulen üblich“, bedauert Prof. Thelen. In den Asienstudiengängen im Gebäude M der HTWG sind gemeinsame Veranstaltungen mit deutschen und asiatischen Studierenden selbstverständlich. Die Lehre überschreitet aber auch die Fakultätsgrenzen der HTWG: Zusammen unterrichten Prof. Thelen und Dr. Obendiek seit mehreren Semestern interkulturelle Kommunikation in einer gemeinsamen Veranstaltung von Master-Studierenden des Studiengangs Mechanical Engineering and International Sales Management mit WDT-Studierenden.  Auch vor Ort an einer der Pekinger Partnerhochschulen haben Gabriele Thelen und Helena Obendiek bereits chinesischen und interationalen Gaststudierenden interkulturelle Kommunikation gelehrt. Im Rahmen der Angebote des China-Zentrums sollen in Zukunft  auch Studierende der HTWG im Rahmen von China-Exkursionen an dem Kurs in Beijing teilnehmen.

Über Hochschulgrenzen offen

Das China-Zentrum fokussiert seine Aktivitäten zwar auf die Hochschulangehörigen, ist aber auch in Konstanz und der Region vernetzt. Unter anderem gibt es einen lebhaften Austausch mit dem China-Asien-Netzwerk der Stadt Konstanz, den China-AGs benachbarter Schulen und mit Wirtschaftsvertretern.

Sich selbst ein Bild machen

Der Gedanke an China ruft unterschiedliche Assoziationen hervor. Unser Bild vom heutigen China ist jedoch oft von Berichten über Menschenrechtsverletzungen, hohem Ressourcenverbrauch angesichts eines rasanten Wirtschaftswachstums, Internetzensur und scheinbar gewissenloser Forschung bestimmt. Andere Aspekte gesellschaftlicher Entwicklungen gelangen seltener in unser Blickfeld. Insgesamt ist unser Wissen über dieses riesige Land mit einer geographischen Ausdehnung über knapp 9600 Quadratkilometern und einer Bevölkerungszahl von knapp 1,4 Milliarden oft lückenhaft.
Deswegen will das Team des China-Zentrums dazu einladen, sich selbst ein Bild zu machen. „Bei aller Kritik an Politik und Wirtschaft: Wird es besser, wenn wir nicht hinschauen?“, fragt Prof. Thelen. China fordert heraus. Und die Zusammenarbeit mit China birgt viele Chancen: „Wir dürfen nicht an Präsenz verlieren, China ist die Eintrittskarte für den asiatischen Wirtschaftsraum“, betont Thelen. China ist außerdem weltweit der größte Handelspartner Deutschlands – mit einem Handelsvolumen von insgesamt 186,6 Milliarden Euro war dies 2017 schon zum zweiten Mal in Folge der Fall. „China ist mehr als nur unser wichtigster Handelspartner in Asien. Klar ist: Bei der Lösung vieler globaler Problem führt an China kein Weg mehr vorbei. Daher ist es für uns von strategischer Bedeutung, starke und belastbare Gesprächskanäle mit Peking zu haben“, sagte Außenminister Heiko Maas jüngst vor seinem Besuch in China im November.
Deshalb sehen die Akteurinnen im China-Zentrum eine wichtige Aufgabe darin, Multiplikatoren sowohl für China als auch für die eigene Positionen zu sensibilisieren: Selbstbewusstes Eintreten für die eigene Position und Verständnis des Anderen setzen allerdings Wissen und die Bereitschaft zur Selbstreflektionvoraus. „Wovor genau haben wir denn Angst? Warum ist China vielen erstmal unheimlich?“, fragt Prof. Thelen und sagt überzeugt: „Es ist nötig, dass wir miteinander reden und so das Verhältnis zu China auf der Basis gegenseitigen Kennens mitgestalten.“


Kontakt:
Prof. Dr. Gabriele Thelen
Dr. Helena Obendiek
Xiaoyu ZHAO (Ms)

www.htwg-konstanz.de/chinazentrum

Tel: (+49) (0)7531-206 9085/ -9086
Mobile: (+49) (0)178-1492512
Fax: (+49) (0)7531-206 693
Raum M208

Die Asien-Studiengänge der HTWG

Im Wintersemester 1997/98 startete der Diplomstudiengang Angewandte Weltwirtschaftssprachen an der damaligen Fachhochschule Konstanz zunächst mit dem Schwerpunkt Chinesisch und BWL. Einige Jahre später kam der Schwerpunkt Indonesisch hinzu.
Heute wird an der HTWG Konstanz neben den Bachelor-Studiengängen Wirtschaftssprachen Asien und Management mit den Schwerpunkten China bzw. Südost- und Südasien sowie dem Masterstudiengang Internationales Management Asien der Bachelor-Studiengang Wirtschaftssprache Deutsch und Tourismusmanagement angeboten. Das Double-Degree-Programm wird in enger Kooperation mit Hochschulpartnern in verschiedenen asiatischen Ländern durchgeführt und feiert in diesem Jahr ebenfalls sein zehnjähriges Bestehen.
Derzeit studieren knapp 300 Studierende in den Asienstudiengängen an der Hochschule, davon 70 im Praxisjahr in China oder Indonesien. Seit 1997 haben über 1000 Absolventinnen und Absolventen die Hochschule verlassen.

Zur Chinastrategie des Bundesforschungsministeriums

Die Zusammenarbeit in Forschung und Bildung zwischen Deutschland und China ist intensiv. Es existieren über 1.100 Hochschulkooperationen und auch die deutschen Forschungseinrichtungen und Unternehmen arbeiten eng mit chinesischen Partnern zusammen.
Die China-Strategie des Bundesforschungsministeriums bildet die Basis für die Zusammenarbeit mit China in Forschung, Wissenschaft und Bildung bis zum Jahr 2020. Ziel der Strategie ist es, den Erfolg und gegenseitigen Gewinn der Kooperationen in Forschung und Bildung sicherzustellen. Dazu analysiert die Strategie das bisher Erreichte und benennt Ziele sowie konkrete Maßnahmen für die weitere Zusammenarbeit.
China hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur wirtschaftlich, sondern auch wissenschaftlich weiterentwickelt. Mithilfe zahlreicher Reformen strebt die chinesische Regierung die Entwicklung hin zu einer Innovationsnation an. Schon jetzt hat China in einigen Forschungsbereichen zu den führenden Industrie- und Wissenschaftsnationen aufgeschlossen. Die Akteure der deutschen Forschungs- und Wissenschaftslandschaft haben großes Interesse daran, an den Entwicklungen in China zu partizipieren. Gemeinsam werden innovative Lösungen für globale Herausforderungen entwickelt.
Die China-Strategie ist das Ergebnis intensiver Diskussionen. Mehrere thematische Sachverständigenkreise, besetzt mit Experten aus Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft, trugen zur Erarbeitung der Strategie bei. Auf Basis der von den Sachverständigen erstellten Analysen und Handlungsempfehlungen definierte das Bundesforschungsministerium neun Aktionsfelder für die zukünftige Zusammenarbeit mit China, die durch einen Katalog von 35 Maßnahmen konkretisiert werden. Die einzelnen Aktionsfelder reichen von grundlegenden Themen wie der Schaffung einer breiteren China-Kompetenz in Deutschland oder dem Aufbau nachhaltiger wissenschaftlicher Kooperationsstrukturen bis hin zu thematischen Schwerpunkten wie beispielsweise den Schlüsseltechnologien, den Lebenswissenschaften, Nachhaltigkeit und Umwelt sowie der Berufsbildungskooperation.
https://www.bmbf.de/de/china-strategie-des-bundesministeriums-fuer-bildung-und-forschung-2015-2020-1882.html

Weitere Links:

Wie viel China steckt in der Region? https://www.suedkurier.de/ueberregional/wirtschaft/Chinesische-Investoren-haben-den-Suedwesten-im-Fokus-Wie-viel-China-steckt-in-der-Region;art416,9874469

Die Studie „China kennen, China können – Ausgangspunkte für den Ausbau von China-Kompetenz in Deutschland“ steht beim Mercator Institute for China Studies (MERICS) zum Download zur Verfügung:

https://www.merics.org/de/china-monitor/china-kompetenz

 

Bildquelle:

Unsplash / Edward He
https://unsplash.com/@bingham008