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Digitale Sensorik: So fühlt sich Konstanz an

14.02.2023

Kann man Lebensqualität messen? In der Veranstaltung „Sensing City Konstanz“ haben Studierende der HTWG mit Hilfe digitaler Sensoren zumindest verschiedene Einflussfaktoren darauf erfasst und Verbesserungsmöglichkeiten entwickelt.

Besteht heute erhöhte Gefahr, einen Sonnenbrand zu bekommen? Überschreiten die Feinstaubkonzentration in der Innenstadt oder der Lärm an der Bahnstrecke Grenzwerte? Unterschiedlichste Umwelteinflüsse tragen zur Lebensqualität in der Stadt Konstanz bei.

Sensoren liefern Entscheidungsgrundlagen, zum Beispiel für den Klimaschutz

Moderne Technik und die Digitalisierung helfen uns dabei, Problembereiche zu erkennen und Lösungen zu finden. Sie können zum Beispiel Entscheidungsgrundlagen für Maßnahmen zum Klimaschutz oder zum Schutz der Menschen vor dem Klimawandel liefern.

In einem gemeinsamen Projekt mit der Stadt Konstanz haben Studierende der HTWG in der interdisziplinären und digitalen Werkstatt-Veranstaltung „Sensing City Konstanz“ im Wintersemester 2022/23 damit begonnen, solche Techniken anzuwenden. Mit sogenannten Smart Citizen Kits, digitalen Sensoren, die Auskunft über Umweltfaktoren geben, haben sie an unterschiedlichen Stellen in der Stadt Messungen durchgeführt.

Mit Sensorik experimentieren und praktische Erfahrungen sammeln

„Das längerfristige Ziel des Projekts ist es, Bürger*innen und HTWG-Studierenden die Möglichkeit zu geben, im Rahmen eines Bürgerwissenschaften-Workshops gemeinsam mit städtischen Mitarbeiter*innen sowie Expert*innen aus verschiedenen Disziplinen mit Sensorik zu experimentieren und praktische Erfahrungen zu sammeln", sagte Prof. Dr. Michael Bühler, Leiter des Projekts an der HTWG, bevor es im Oktober mit einer öffentlichen Auftaktveranstaltung startete.

Die teilnehmenden Studierenden traten in der Veranstaltung in einem Wettbewerb um die beste Idee zur Verbesserung der Lebensqualität in Konstanz gegeneinander an. In kleinen Teams sammelten sie Daten zum Beispiel über Temperatur, Windstärke, Feinstaubbelastung, Bodenfeuchte oder Lärm und entwickelten Lösungen.

Messergebnisse über die Lichtverschmutzung, UV-Strahlung oder Verkehrsbelastung

Ende Januar stellten sie ihre Ergebnisse und Ideen einer Expertenjury aus Vertreter*innen weiterer Projektpartner und den anderen Teams vor. Passend zum Thema der digitalen Datenverarbeitung konnten Jury und Publikum nach jedem Vortrag mit ihrem Smartphone online Punkte vergeben.

Vom Display, das Besucher*innen im Rheinstrandbad über die aktuelle UV-Strahlungsintensität informiert, über ein Konzept zur Verringerung des Verkehrs durch ein Parkleitsystem in Petershausen bis zur bedarfsorientierten Straßenbeleuchtung für weniger Lichtverschmutzung präsentierten die Studierenden viele gute Ideen.

Verbesserung der Verkehrssicherheit bei Nebel

Den dritten Platz holte sich ein Team, das sich mit der Feinstaub- und Lärmbelastung in der Nähe von Baustellen auseinandergesetzt hatte. Es hatte ein Messgerät auf dem Campus der Uni Konstanz in der Nähe der Baustelle für den Bau des neuen Gebäudes X installiert. Mit Hilfe der gesammelten Daten könnten die Bauleiter*innen schnell Schutzmaßnahmen, wie die Errichtung von Staubschutzwänden, ergreifen, sollten die Messwerte Grenzwerte zum Beispiel des Umweltbundesamts überschreiten, so das Team.  

Mit Feuchtigkeit statt Staub beschäftigte sich das Team, das die zweitbeste Bewertung von Jury und Publikum erhielt. Es brachte einen Sensor in der Fahrradstraße an, mit dem es die Temperatur und die relative Luftfeuchtigkeit maß. Anhand dieser Parameter konnten die Studierenden die Taupunkttemperatur berechnen. Denn Nebel, erklärte eine von ihnen, entsteht, wenn sich die Lufttemperatur und die Taupunkttemperatur einander annähern.

Vom Sensor zum Diagramm: Die Teams schrieben Programme für die Datenverarbeitung

Im Falle von Nebel, so das Team, könnten mit Hilfe des Sensors dann Maßnahmen ergriffen werden, die die Verkehrssicherheit steigerten, zum Beispiel das Einschalten intelligenter Warnschilder oder eine temporäre Nebelbeleuchtung der Fahrradstraße für bessere Sicht. Um das zu ermöglichen, schrieben die Studierenden ein Python Script, das die Messdaten des Sensors verarbeitet und dabei auch die Taupunkttemperatur berechnet. Ein Dashboard zeigt die verarbeiteten Daten in Diagrammen und einer Art Ampel an, die vor Nebel warnt. Auf dieser Grundlage wäre es nun beispielsweise möglich, Warnschilder zu installieren, die bei Nebel automatisch leuchten.

Die meisten Punkte für seine Präsentation holte ein Team, das sich mit dem Thema Bodenfeuchte auf dem Verkehrslandeplatz in Konstanz beschäftigte. Warum diese wichtig ist? Bei starkem Niederschlag weicht die Grasnarbe dort auf und es entstehen Pfützen auf der Start- und Landebahn. Das kann das Fahrwerk von landenden Flugzeugen schädigen und Unfälle bei Starts und Landungen verursachen.

Landeerlaubnis erteilt? Eine Ampel könnte auf Risiken hinweisen

Die Idee der Studierenden: Eine Ampel könnte auf der Website des Flugplatzes anzeigen, ob Flugzeuge einzelner Gewichtsklassen aktuell risikofrei starten und landen können. Dafür installierten die Studierenden einen Bodenfeuchtesensor und eine Wetterstation auf dem Flugplatz. Mit Hilfe von Mobilfunk landen die von den Geräten gemessenen Werte in einer Datenbank. Mit einer speziellen Software können diese dann auf einem Dashboard in unterschiedlichen Formaten, zum Beispiel Diagrammen, angezeigt werden. Diese werden bereits auf der Website des Flugplatzes veröffentlicht.

In einem weiteren Schritt können Studierende die Daten der kommenden Monate nun auswerten und herausfinden, welche Wetterbedingungen welche Bodenfeuchtigkeit hervorrufen. Auf dieser Grundlage könnte dann eine Ampel auf der Website des Flugplatzes immer aktuell anzeigen, für welche Flugzeuge die Start- und Landebahn gerade nutzbar ist, so die Projektgruppe. Die Umsetzung aber werden andere Studierende übernehmen. Weil viele der Projekte nicht innerhalb eines Semesters abgeschlossen werden können, führen andere Teams sie in weiteren Semestern fort.

Titelfoto: lovelygiants.com