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Schwimmender Beton so nachhaltig wie möglich

01.06.2022

Die Betonkanu-Teams der HTWG sind mit ihrem Leitspruch „Nichts riskieren, betonieren!“ altbekannte (See-)Hasen bei der Deutschen Betonkanu Regatta, die alle zwei Jahre stattfindet. Das aktuelle Team stand – unter anderem wegen Corona – aber einigen Herausforderungen gegenüber. Im Gespräch haben uns die Initiator*innen vom Bau ihres Kanus für die Regatta im Juni berichtet, den sie so nachhaltig wie möglich gestalten.

Theoretisches Wissen praktisch anwenden und dabei kreativ werden – darum geht es beim Betonkanu-Projekt an der HTWG: „In der Vorlesung Betontechnik lernen alle Bauingenieurwesen-Student*innen im Bachelor natürlich die Norm kennen. Beim Bau eines Betonkanus geht es aber um viel mehr: Der Beton muss plötzlich schwimmen und das – wie bei uns – zum Beispiel besonders nachhaltig“, erzählt Tim Schuberth, Master-Student im Studiengang Bauingenieurwesen und Teil des Betonkanu-Teams.

Für das nachhaltigste Kanu aus Beton winkt ein Preis

Die Motivation für den Bau des Kanus? Die Deutsche Betonkanu Regatta organisiert von der Deutschen Zement- und Betonindustrie. Sie findet am 10. und 11. Juni 2022 in Brandenburg an der Havel zum 18. Mal statt. Mitmachen dürfen Ausbildungsstätten, Schulen, Fachhochschulen, Hochschulen, Universitäten und andere Institutionen, an denen Betontechnik gelehrt wird.

Neben der Regatta, bei der das schnellste Team ermittelt wird, gibt es Preise für Konstruktion, Nachhaltigkeit, Gestaltung sowie die Social-Media-Präsenz der teilnehmenden Teams. Zusätzlich werden die Erbauer*innen des leichtesten Kanus besonders geehrt und auch die Mannschaft, die während der Regatta am meisten Pech hat, bekommt einen (Trost-)Preis.

„Dass die HTWG in diesem Jahr an der Regatta teilnimmt, ist einem Zufall zu verdanken“, sagt Astrid Barth, Master-Studentin im Studiengang Bauingenieurwesen und Initiatorin des aktuellen Teams. Üblicherweise setzte sich das HTWG-Team aus einigen erfahrenen Teilnehmer*innen vorangegangener Regatten und Neulingen zusammen. Aufgrund von Corona fand die letzte Regatta aber bereits 2019 statt und die „alten Betonkanu-Hasen“ sind inzwischen Absolvent*innen.

Kanubau unter Zeitdruck: Statt in drei baut das Team sein Boot aus Beton in einem Semester

„Ich kannte das Projekt aber, war schon immer motiviert mitzumachen und habe privat zufällig einen der früheren Organisatoren kennengelernt“, erzählt Astrid Barth. Dieser steht dem neuen Team nun mit Ratschlägen zur Seite. Fachlich betreut wird das Betonkanu-Team zudem seit dem Sommersemester 2020 von Prof. Dr. Alexander Karakas (Fakultät Bauingenieurwesen). Neben dem Fehlen von erfahrenen Team-Mitgliedern brachte die Pandemie aber noch mehr Hindernisse mit sich: „So richtig mit der Planung und Umsetzung anfangen, konnten wir erst im Januar. Vorher waren Treffen schwierig und für das Betonieren braucht man mindestens zehn Leute“, erzählt Tim Schuberth.

In der kurzen Zeitspanne seit Jahresanfang hat das Team Beeindruckendes geleistet. Immerhin sieht der Regatta-Veranstalter eigentlich drei Semester für Planung und Bau vor. Die HTWG-Student*innen haben seit Januar nicht nur den Plan geschmiedet, ein besonders nachhaltiges Kanu zu bauen, sie haben das erste Modell sogar schon fertig gestellt und auf dem Seerhein erprobt.

„Insgesamt betonieren wir drei Kanus. Die besten zwei kommen mit zur Regatta“, sagt Tim Schuberth. Aktuell arbeiten sie an der Fertigstellung des zweiten Kanus, dessen Wände noch etwas dünner werden sollen als die des ersten. „So sparen wir Gewicht. Das Kanu verliert dadurch aber auch an Stabilität“, erklärt Astrid Barth.

Recyclebares Betonkanu aus recyceltem Material

Um den Bau so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten, verwendet das Team ausschließlich Stein für den Schwimmkörper. „Neben dem Beton müssen wir ein Material einbauen, das Zugkräfte aufnehmen kann. Diese Eigenschaft fehlt Beton nämlich. Wir verwenden dafür Basaltfasern“, sagt die Studentin. Möglich wäre auch die Verwendung von Kunststoffen wie Karbon. Dann wäre das Boot leichter. Ein Kanu aus Beton und Basalt, also komplett aus Stein, ist aber recyclebar und damit umweltfreundlicher.

Auch der Beton selbst, den das Team verwendet, ist aus recyceltem Material. Der Sand, aus dem er besteht, kommt nicht frisch aus dem Steinbruch. Er besteht aus dem ausgewaschenen Sand aus Aushubmaterial von Baugruben. Die Schalung für das Betonieren des Kanus ist aus Holz. „Unser Schalholz besteht aus ehemaligen Weihnachtsmarkthäuschen und war für den Sperrmüll gedacht“, erzählt Astrid Barth.

Die größte Herausforderung für die Initiatorin waren aber weder der Bau, noch die Planung des Kanus. „Viel schwieriger war es, das Team ohne Erfahrung zu koordinieren. Neben dem Bau betreiben wir ja auch noch Öffentlichkeitsarbeit für unser Projekt an der Hochschule und auf Social Media, haben unser Logo selbst gestaltet und die Gruppe organisiert sich ja auch nicht von selbst“ sagt sie.

Das Betonkanu-Projekt ermöglicht Kontakte in die Baubranche

Alles in allem eine sehr lehrreiche Erfahrung: „Ich habe schon jetzt wahnsinnig viel mitgenommen und kann das Projekt nur jedem empfehlen“, sagt die Studentin. Auch die persönlichen Kontakte, die man über das Team knüpft und die beruflichen zu Sponsor*innen machen die Arbeit lohnenswert: „Die Baubranche ist kleiner, als man denkt und es schadet sicher nicht, sich schon im Studium ein Netzwerk aufzubauen“, sagt sie.  

„Schön wäre, wenn das nächste Mal noch mehr Bachelor-Student*innen beim Projekt mitmachen und noch mehr aus anderen Fakultäten“, ergänzt Tim Schuberth. Das aktuelle Team besteht zu einem großen Teil aus Bauingenieur*innen. Deren Know-how ist auch wichtig für den Bau des Kanus, aber es gäbe ja auch noch Aufgaben wie Organisation, Gestaltung oder Öffentlichkeitsarbeit, an denen sich auch Student*innen anderer Fachrichtungen beteiligen könnten, sagen die aktuellen Organisator*innen.

Die beiden werden bei der nächsten Regatta zwar selbst nicht mehr an der Hochschule sein, unterstützen ein neues Team aber gerne mit Ratschlägen. Zuerst einmal steht im Juni aber die Regatta 2022 an. Unter seinem Leitspruch „Nicht riskieren, betonieren“ und mit einer extra Portion Teamgeist, will die Mannschaft der HTWG alles geben, um den ein oder anderen Preis mit zurück nach Konstanz zu bringen.

Wir wünschen viel Erfolg!