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Spiel der Götter: HTWG-Student an der Weltspitze

09.11.2017

Lukas Krämer spielt das asiatische Brettspiel Go auf professionellem Niveau

Es ist wie ein Blick in ein anderes Universum: Wenn Lukas Krämer vom Go-Spielen erzählt, tut sich eine neue Welt auf. Eine Welt aus runden schwarzen und weißen Steinen, aus asiatischer Philosophie, Konzentrationsstärke und sportlichem Ehrgeiz. Lukas Krämer ist einer der besten Go-Spieler weltweit. Wie viele Stunden er schon mit dem ältesten Brettspiel der Welt verbracht hat, lässt sich für Nicht-Spieler kaum nachvollziehen.

"Go bietet unglaubliche Möglichkeiten, an sich zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln, den Mut, auf eine andere Art zu denken und verknüpft zu denken. Es übt einen enormen Reiz aus, wenn man spürt, wie man eine neue Stufe erklimmt.“ Lukas Krämer

Lukas Krämer studiert neben dem Go-Spielen an der HTWG im Masterstudiengang Internationales Management Asien. Vier Mal hat er sich bereits den Titel Deutscher Meister gesichert, zwei Mal hat er sich für die Amateur-Weltmeisterschaft in China qualifiziert, wo er als einer der besten europäischen Spieler einmal den elften, einmal den zwölften Platz belegte.

Go-Spieler sind geachtete Persönlichkeiten

Go ist ein Spiel, das in ostasiatischen Ländern einen enorm hohen Stellenwert hat. Meister im Go-Spielen sind hoch geachtete Persönlichkeiten. So kann es durchaus passieren, dass sich Lukas Krämer in China alleine durch Nennen seines Namens bereits Türen öffnen – man kennt die Weltspitze des Go-Spielens. In Europa ist der 24-Jährige dagegen (noch) ein Exot. Doch findet das Spiel in den vergangenen Jahren auch in westlichen Ländern zunehmend Freunde. Das Internet bietet viele Möglichkeiten, online Spielpartner zu finden.

Worum geht es bei Go

Vereinfacht gesagt, geht es bei dem „schwersten Brettspiel der Welt“ am Ende des Spiels mehr Punkte zu haben als der Gegner. Die Spieler setzen abwechselnd jeweils einen eigenen Stein auf die Schnittpunkte der Linien des Brettes. Punkte bekommt man, indem man freie Schnittpunkte am besten möglichst großflächig in Form von Gebietsabgrenzungen umzingelt oder die Spielsteine des Gegners mit den eigenen Steinen umzingelt und schlägt. Am Ende wird die Größe der Gebiete sowie die Anzahl eventuell gefangener Steine von jedem der beiden Spieler verglichen. Das Ziel ist dabei nicht, den Gegner vollständig zu vernichten, sondern einen größeren Gebietsanteil zu erlangen.

 

Internet bietet Möglichkeiten, das Spiel zu üben

Im Internet hatte auch Lukas Krämer den ersten Kontakt mit Go-Spielern. Mit 13 Jahren hat er auf einer Website die Go-Regeln im Internet gelesen und ein Testspiel auf der Seite gestartet. Sein Gegenspieler gab ihm erste hilfreiche Tipps. Dass er in seinem ersten Spiel bereits gegen den deutschen Meister Christoph Gerlach angetreten war, hat Lukas Krämer erst später wahrgenommen. Doch schon seit dem ersten Spiel war er angefressen. „Ich war in der siebten Klasse noch Klassenbester, dann nicht mehr“, sagt der gebürtige Bonner lachend. Denn von nun an hatte das Go-Spielen einen höheren Stellenwert als Hausaufgaben. Zu seinem Glück ist gerade in der Region Bonn das Spiel verbreitet, so dass er bald erste persönliche Kontakte zu Go-Spielern knüpfen konnte. Ein Jahr später trat er beim ersten Turnier an. Drei Mal wurde er Europäischer Jugendmeister. Während seines Bachelor-Studiums der Ostasienwissenschaften in Bonn perfektionierte er das Spielen.


„Go ist unglaublich komplex, noch viel mehr als Schach.“ Lukas Krämer.

Dass dem wohl so ist, zeigt der Vergleich: Schon seit vielen Jahren gibt es Schach-Computer. Bereits 1996 gelang es Deep Blue als erstem Computer, den damals amtierenden Schachweltmeister Garri Kasparow in einer Partie zu schlagen. Go galt als viel größere Herausforderung. Erst knapp 20 Jahre später, im Jahr 2015, verlor der europäische Go-Meister Fan Hui gegen AlphaGo, einer bei Google entwickelten Software. Das Programm hat die Künstliche-Intelligenz-Technologie auf bahnbrechende Weise revolutioniert.
„Das Spiel erfordert eine andere Art zu denken“, erläutert Lukas Krämer. Es verlange die Fähigkeit, vernetzt zu denken und viele Arten des Denkens miteinander zu verknüpfen. In asiatischen Ländern gibt es ein eigenes philosophisches und literarisches Genre mit Go im Fokus, in China, Japan und Korea gibt es eigene Fernsehkanäle.

In Korea kann man Go an der Uni studieren

In Korea kann man Go (auf Koreanisch: Baduk) an der Myongji Universität studieren. Berühmte Go Spieler sind in Südkorea Werbegesichter z.b. für Candycrush. Besonders in China ist heutzutage die staatliche Förderung zu spüren. Der Präsident selbst ist auch Go Spieler. Aber die Förderung erfolgt nicht nur staatlich, sondern auch durch private Stiftungen – so zum Beispiel durch einen Zusammenschluss chinesischer Millionäre. Deren Stiftung hat Lukas Krämer für ein halbes Jahr zum Training nach China eingeladen. Von morgens bis abends spielte er Go. In der mehr als 4000 Jahre – manche sagen gar 6000 Jahre – alten Tradition des Spiels hat sich die asiatische Denke und Hierarchie von Lehrmeister und Schüler etabliert. Profis haben die Aufgabe, ihr Wissen im Unterricht weiterzugeben, Schüler haben die Aufgabe, gewissenhaft zu lernen.

Ein Spiel kann über acht Stunden dauern

Konzentrationsfähigkeit und Durchhaltevermögen sind zwingend für den Erfolg. Ein Spiel unter Meistern kann schnell mal acht Stunden dauern. „Ich habe mir angewöhnt, auf Turnieren wenig zu essen, aber viel zu trinken – das steigert die Konzentrationsfähigkeit“, sagt Lukas Krämer. Eine mehrstündige Prüfung während des Studiums ist für ihn dagegen ein Kinderspiel – zumindest was die Konzentrationsfähigkeit angeht. Auch in anderer Hinsicht hilft ihm das Spiel: „Die Art, an Fragestellungen heranzugehen, ist einfach eine andere“, so Krämer. Und beim Blick auf seinen künftigen Berufsweg könnte ihm das Spiel die eine oder andere Türe öffnen. „Ich habe inzwischen sehr viele Kontakte in China und weltweit“, schmunzelt Krämer.

Neben China sind auch in Japan Go-Spieler hoch angesehen. Der internationale Name des Spiels ist eine Kurzform seines japanischen Namens Igo. Das Spiel war zwar in China erfunden worden, doch hatte es in Japan immer einen besonderen Status. Und nicht zuletzt hat vermutlich Japan das Spiel international bekannt gemacht. Die Öffnung Japans im 19. Jahrhundert kann als Startschuss betrachtet werden für die weltweite Verbreitung des Go. Weltweit wird es heute schätzungsweise von 40 bis 60 Millionen Menschen gespielt. An der Weltmeisterschaft nehmen Vertreter aus 60 Ländern teil. Ob auch im nächsten Jahr Lukas Krämer wieder der Teilnehmer aus Deutschland sein wird, hängt von seinem Punktestand ab, den er sich in den kommenden Turnieren erspielt.

Weitere Informationen:

Im Internet gibt es Tutorials als Einführung ins Spiel

Hier der Kontakt zu Verbänden:
Deutscher Go-Bund
Badischer Go-Verein

Go kann man auch in Konstanz spielen:

(Anfänger sind auch willkommen)
mittwochs ab 19 in der Kneipe: "Seekuh", Konzilstr. 1

Weitere Informationen bei Konstanzer Go-Spielern:
Christoph Adelsberger
Norbert Kolassa