Architektur

    Bachelor und Master

    Dekoratives grafisches Element

    Ein Rückblick auf die Werkschau im Wintersemester 2022/23

    (2/23) Die Fakultät Architektur präsentierte im Rahmen der Werkschau vom 10. bis 14. Februar alle Semester- und Abschlussarbeiten mit einer Vernissage, Preisverleihungen und vier anschließenden Ausstellungstagen.

    In sinnlich erfahrbaren Ausstellungswelten luden die Studierenden unter dem Motto sinnesrausch auf zugängliche und unterhaltsame Art und Weise zur Auseinandersetzung mit ihren Studieninhalten ein. Die Räume der Fakultät Architektur wurden dabei ganz unterschiedlich gestaltet, um so spielerisch Zugänge zum Ideenreichtum der Studierenden zu schaffen, die dort ihre Entwürfe, Abschlussarbeiten und Modelle präsentierten. 

    Im Rahmen der Vernissage wurden die besten Arbeiten des Semesters mit den Preisen seestern* und grenzstein von einer dreiköpfigen internationalen Jury ausgezeichnet. Die Jury setzte sich zusammen aus Miriam Dobler (Freie Architektin DI, Feldkirch), Alexander Nägele (Architekt BDA, SoHo Architektur, Memmingen), Florian Schrott (Dipl. Arch. ETH, Spanou Schrott Architekten, Zürich).

    Der Studienpreis des ArchitekturFORUMs KonstanzKreuzlingen, der »grenzstein«, ist ein bi-nationaler Lokal-Preis für herausragende Arbeiten im Raum Konstanz/Kreuzlingen. Dieser geht im Wintersemester 2022/23 an Lena Conrad und ihre Masterthesis Kartographie des Erinnerns. Rückblick. Austausch. Ausblick – Ein Pfad entlang des Kreuzlinger Festungsgürtels. Die selbstgewählte Aufgabe wurde betreut von Prof. Myriam Gautschi. Gewonnen hat damit ein sehr poetisch angelegtes Projekt mit dem Grundgedanken, ausgehend von der Beschäftigung mit der Vergangenheit und aktuellen, gegenwärtigen Themen für die Zukunft lernen zu können. Entlang des bestehenden Kreuzlinger Festungsgürtels aus dem Zweiten Weltkrieg zeigt die Arbeit eine Nutzungsvision für vier ausgewählte Bunker. Ein Wanderpfad auf dem Kreuzlinger Seerücken soll diese Bunker zu einem Erinnerungsweg zusammenführen – wobei soziale Beziehungen, der direkte Austausch, sowie das Lernen voneinander dabei den Schwerpunkt bilden. Der Umgang mit dem Grenzverlauf zwischen Deutschland und der Schweiz soll weiter aufgearbeitet werden – in Form von Dialog-Orten, Spuren und Fragmente eines Gegenübers auf der Konstanzer Seite. Die Arbeit besticht laut Jury durch den weit gezogenen stadträumlichen Ansatz, ihre gedankliche Tiefe, ihr klares Konzept und ihre Ausarbeitung bis in kleinste Details. Sie bringt die Anwohner und Anwohnerinnen von Kreuzlingen und Konstanz zusammen und macht ihnen bewusst, welche Auswirkungen eine Grenze haben kann, wie man sie durchschreiten und wieder zusammenfinden kann. 

    
Die Studienpreise »seestern*« wurden in insgesamt sechs Kategorien vergeben. Gewonnen haben:

    Sandro Kohlert in der Kategorie Bachelor Grundstudium (1. Semester, Projekt Wohnen und Arbeiten im Turm im Fach Gebäudelehre bei Dipl.-Ing. Laura Egger, M.A. Julian Beutter). Anhand eines 4-geschossigen Turmgebäudes werden im Gebäudelehre-Seminar Entwurfsthemen wie Ausblick und Erschließung bearbeitet. Das Projekt ist in eine fiktive Hangsituation gesetzt, wodurch die ersten zwei Geschosse den Bezug zum Boden, und die oberen Geschosse die Weite genießen. Der Entwurf überzeugt wegen seines spannend gewählten Erschließungsweges durch den Turm, der in jedem Geschoss unterschiedliche räumliche Konfigurationen erzeugt und Ausblicke in verschiedene Himmelsrichtungen ermöglicht. Nutzungsbereiche wie Essen oder Schlafen werden geschickt in Nischen positioniert. Eine erste Auseinandersetzung mit minimalen Platzanforderungen und maximalem Raumgewinn ist immanent.

    Florian Lummel, Kim Bermetz und Paul-David Liebermann in der Kategorie Bachelor Hauptstudium (4. Semester, Projekt agroverticale im Fach Baukonstruktion – Stahlbau bei Prof. Lydia Haack). In unmittelbarer Nähe der Fondazione Prada war auf einer Brache ein Hochhaus zu planen, welches Urban Farming in hoher Dichte ermöglicht und diese neue Art der Landwirtschaft gleichzeitig der Öffentlichkeit näherbringt. Die prämierte Arbeit vereint das Bedürfnis der Pflanzen nach Licht und den Wunsch der Besucher nach einem anregenden Raumerlebnis auf bestehende Art und Weise. Die besonders schlüssige Führung der Erschließung macht die komplexe innere Raumfigur vielfältig erfahrbar. Die Verfasser entwickeln die Leichtigkeit, die wir von Gewächshausbauten kennen, in einer äußerst filigranen Hülle in die Vertikale und holen damit ein Maximum aus den Möglichkeiten des Stahlbaus heraus. Nicht zuletzt stellen sie den architektonischen Ausdruck sehr überzeugend im Modell dar.

    Daniel Mertke in der Kategorie Bachelor Abschlussarbeiten im 6. Semester (Projekt living.lofts bei Prof. Myriam Gautschi, Much Untertrifaller). Daniel Mertke versteht es, der rigiden Struktur des Bestandes auf sehr selbstverständliche Art und Weise einen völlig neuen Geist einzuhauchen und stellt dies in einer sorgfältig erstellten Modellfotografie dar. Die neue Art des Wohnens in den Türmen ist offen, großzügig und gewagt. Die neu entstehenden Räume sind beinahe durchwegs nutzungsneutral. Mit Ausnahme der Küche kann in allen Räumen in Bettnischen geschlafen werden, die sich tagsüber ausblenden lassen, so dass alle Räume multifunktional und in unterschiedlichen Konstellationen genutzt werden können. 

    Svenja Lehmler in der Kategorie Bachelor Abschlussarbeiten im 8. Semester (Projekt G2K bei Prof. Nicolas Schwager). Das kompakte Volumen des Quartierzentrums ist sorgfältig gesetzt und spielt an der Straßenkreuzung der Nutzung angemessene öffentliche Räume frei. Die großen gemeinschaftlichen Nutzungen des Zentrums entwickeln sich spiralförmig um das Zentrum in die Höhe. Die Raumfolge entspricht dem Wesen der jeweiligen Funktion, die inneren Zusammenhänge und räumlichen Verbindungen sind schlüssig. Eine interessante Spannung entsteht durch den Gegensatz zwischen dem skulpturalen Hervortreten des komplexen Innenlebens und dessen Verhüllung durch ein einfaches, regelmäßiges Fassadenraster. 

    Lukas Nerb und Nico Gumpel in der Kategorie Masterstudium (Projekt Dorf.Werk.Stadt bei Prof. Hans Kazzer). Das Thema des Entwurfsstudios wird sehr positiv wahrgenommen, da es sich um ein spannendes Gehöft mit unterschiedlichen Nutzungen handelt. Bauen im Bestand, Wohnen, Arbeiten und die Schaffung eines ruralen Zentrums sind Themen, die hier nebeneinander bearbeitet wurden. Das Konzept überzeugt durch den Umgang mit den bestehenden Gebäuden. Das Stallgebäude wird im Inneren mit einem zweigeschossigen Bürokörper ausgebaut. Durch Möblierungen entstehen abgeschlossene Büroräume, aber auch Galerieräume, die im Gebälk des alten Stalls großzügige und innovative Arbeitsräume entstehen lassen. Die Fassade des Stalls wird gelichtet, Latten werden herausgenommen, wodurch der hölzerne Baukörper eine Feingliedrigkeit erlangt, der sehr spannungsvoll auf einem soliden, ruhigen Sockel ruht. Die Adaptierung des Wohnhauses in Clusterwohnungen und deren Ausarbeitung im Projekt wurde positiv bewertet. Die Pläne und die Modelle sind auf hohem Niveau und sehr detailreich ausgearbeitet.

    Johanna Kuder in der Kategorie Master Thesis (Projekt Dokumentationszentrum.plus bei Prof. Franziska Hauser). Der Entwurf überzeugt durch eine klare und präzise Ausarbeitung – von der Themenwahl, über die Forschung, bis zum Entwurf und der Materialisierung. Die Erweiterung und der Umbau der ehemaligen Spinnereianlage in ein Forschungs- und Ausstellungszentrum für Saatgut, wird besonders behutsam und durch wenige Maßnahmen erreicht. Das Ausstellungsgebäude, ein turmartiger solider Baukörper, positioniert sich als Hochpunkt in der Flusslandschaft. Über eine topografische Vertiefung taucht man in eine Art unterirdischen Patio, einen künstlich geschaffenen Innenhof, ein und nähert sich so mit allen Sinnen dem Thema Erde, Samen. Die reduzierten runden Fensteröffnungen verleihen dem Baukörper eine Plastizität, die durch die gewählte Materialisierung – gestampfter Lehm – noch verstärkt wird. Lediglich eine Brücke schafft eine räumliche Verbindung zwischen Bestandsgebäude (Forschungsbereich) und Neubau, was sehr positiv bewertet wird und zur Klarheit im Entwurf beiträgt.

    Text: Tobias Stilz