Gleichstellung und Diversity

    FAQ zur Umfrage "Sexualisierte Gewalt an der HTWG"

    • Warum wurde eine Umfrage zu Sexualisierter Gewalt an der HTWG unter den Studierenden durchgeführt?

      Sexuelle Belästigung ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das die Hochschuleinrichtungen ebenso betrifft wie andere Teile der Gesellschaft. Gerade im Hochschulkontext sind Studierende aufgrund der bestehenden Abhängigkeiten und/oder einer engen Zusammenarbeit mit Professor*innen auf besondere Weise gefährdet. Nicht zu unterschätzen ist die Befürchtung, dass ein Ansprechen von Grenzüberschreitungen sich negativ auf den Verlauf des Studiums auswirken könnte. 

      2019 wurde der deutsche Länderbericht einer EU-weiten Studie über sexuelle Belästigung und Gewalt an weiblichen Studierenden publiziert. Demnach sind 54,7 % der befragten Studentinnen – also jede zweite – während der Zeit des Studiums sexuell belästigt worden, 3,3 % waren sogar sexueller Gewalt ausgesetzt. Ein Drittel der Angriffe kam aus dem Umfeld der Hochschule; zu den übergriffigen Personen zählen neben Lehrenden und anderen Hochschulangestellten auch Kommiliton*innen. (vgl. Feltes/List/Schneider/Höfker, Gender-based Violence, Stalking and Fear of Crime. Länderbericht Deutschland, Bochum, S. 19 ff.) 

      Laut des Kölner Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften erleben rund ein Drittel der Studierenden und/oder Mitarbeitenden an Hochschulen oder Universitäten sexuelle Belästigung. (vgl.https://www.gesis.org/cews/drittmittelprojekte/aktuelle-projekte/unisafe)

      Vor diesem Hintergrund wollten das Team Gleich und die Hochschulleitung proaktiv herausfinden, ob und in welcher Form sexuelle Belästigung an der HTWG Konstanz vorkommt/vorkam. 

      Im Sinne des Schutz- und Präventionsauftrags der HTWG (§ 4 a LHG) sieht die Hochschulleitung grundsätzlich den Bedarf, für das Thema zu sensibilisieren und die Unterstützungsangebote der Hochschule sichtbarer zu machen.

    • Wann wurde die Befragung durchgeführt?

      Die Umfrage wurde im Sommersemester 2023 an der HTWG Konstanz vom Team Gleich der HTWG durchgeführt. Die Teilnahme war Studierenden sowohl im Rahmen von Lehrveranstaltungen als auch online möglich.

    • Wer hat den Fragebogen erstellt?

      Der Umfrage liegt ein bereits bewährter Fragebogen der FU Berlin zugrunde. Das Margherita-von-Brentano-Zentrum für Geschlechterforschung, die Zentralen Frauenbeauftragten und das Genderprofil des ZI Lateinamerika-Instituts haben die Umfrage im Rahmen eines internationalen Kooperationsprojekts mit Universitäten aus Costa Rica, Kolumbien, Peru, Mexiko und Südkorea entwickelt.

    • Mussten die Studierenden bei der Umfrage teilnehmen?

      Nein, die Teilnahme an der Befragung war freiwillig.

    • Wie viele Studierende haben an der Befragung teilgenommen?

      Studierende aller Fakultäten, ausgenommen Erstsemester, konnten sich an der Umfrage beteiligen. 1.104 Personen haben an der Umfrage teilgenommen, das entspricht im Schnitt 28 % der Gesamtstudierendenzahl. 647 Personen haben sich als männlich, 446 als weiblich, 1 als divers bezeichnet, 10 machten keine Angabe. In Prozentangaben waren 59 % der Teilnehmenden männlich, 40 % weiblich, 1 % machte keine Angabe. Der Anteil der diversen Personen kann aufgrund fehlender Statistik nicht ermittelt werden. Im Verhältnis zur Gesamtstudierendenzahl haben 33 % der weiblichen und 25 % der männlichen Studierenden teilgenommen.

    • Ist die Studie repräsentativ?

      Es wurde versucht, möglichst viele Studierende zur Teilnahme zu motivieren, indem in den Fakultäten die Studie vorgestellt und den Studierenden vor Ort und online Zeit zur Teilnahme gegeben wurde. Da es sich um keine Zufallsstichprobe handelt, sondern auf Freiwilligkeit zur Teilnahme gesetzt wurde, ist keine Repräsentativität gewährleistet, sondern eine Verzerrung über die Selbstselektion zur Teilnahme zu erwarten.

    • Wo finde ich die Umfrageergebnisse?

      Die Ergebnisse der Umfrage wurden am 15.01. und 01.02.2024 in hochschulöffentlichen Infoveranstaltungen präsentiert. Alle Mitglieder der Hochschule wurden am 08.01. bzw. 26.01.2024 per Email dazu eingeladen.

    • Was ist mit sexueller Belästigung gemeint?

      Sexualisierte Diskriminierung und Gewalt (SDG) bezeichnet jedes psychische, physische oder verbale Verhalten mit sexuellem Bezug, das von der betroffenen Person als grenzüberschreitend, d.h. unerwünscht und entwürdigend/verletzend empfunden wird oder darauf gerichtet ist, diese Wirkung zu erzielen. 

      Sexualisierte Gewalt äußert sich auch durch sexuelle Belästigung. Sexuelle Belästigung ist als Form unzulässiger Benachteiligung durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (kurz: AGG) §3 verboten. 

      SDG ist eine spezifische Form der Macht- und Kontrollausübung und des Machtmissbrauchs und hat nichts mit Sexualität als einem grundsätzlich positiv gedeuteten Geschehen zu tun. Täter*innen handeln nicht (nur) aus einer sexuellen Intention heraus und es geht ihnen nicht um konsensualen sexuellen Kontakt. Stattdessen nutzen Täter*innen sexuelle, sexuell konnotierte sowie durch sie selbst sexuell aufgeladene Äußerungen und Handlungen, um Macht und Überlegenheit auszuüben. Daher wird auch der Begriff „sexualisiert“ statt „sexuell“ benutzt. 

      SDG kann auch unbeabsichtigt und von der ausübenden Person unbemerkt erfolgen, wenn die übergriffige Person nicht sensibel mit den Grenzen anderer Personen umgeht. Wann eine Grenze überschritten ist, ist subjektiv und hängt von der Perspektive der betroffenen Person ab. Jede Person entscheidet selbst, wo ihre Grenzen liegen, wann diese überschritten und ihre Würde verletzt wurden. Zum Beispiel lässt sich daraus, dass eine Person einen obszönen Witz unproblematisch und witzig findet, keinesfalls schließen, dass andere Personen sich vom selben Witz nicht belästigt fühlen. Individuelle Grenzen gilt es jederzeit zu respektieren und vor jeglichen sexualisierten Verhaltensweisen das freie Einverständnis der anderen Person(en) einzuholen. Hierbei müssen Abhängigkeitsverhältnisse stets mitgedacht werden.

      Weitere Infos zu dieser Definition und den rechtlichen Hintergründen: www.bukof.de/inhalte/sexualisierte-diskriminierung-und-gewalt/

    • Welche Situationen werden in der Umfrage als Beispiele für sexuelle Belästigung herangezogen?

      In der Umfrage wurden verschiedene Situationen mit sexualisierten Handlungen oder sexuell aufgeladenen Umgebungen beispielhaft beschrieben. Diese Situationen reichen von der ungefragten Thematisierung sexueller Inhalte im persönlichen Gespräch, über Kommentare mit sexuell aufgeladenen Inhalten (auch in sozialen Medien), anzügliche Blicke bis hin zu unerwünschten Berührungen und Nötigung zu sexuellen Handlungen, für die im Gegenzug gute Noten oder Vorteile im Studium in Aussicht gestellt wurden.

      Die Befragung gliederte sich in unterschiedliche Teile. Erstens wurde gefragt, ob eine oder mehrere der beschriebenen Situationen von SDG erlebt wurden. Zweitens wurde gefragt, ob eine oder mehrere beschriebene Situationen beobachtet wurden oder man davon gehört hat. Drittens wurde gefragt, wie auf die erlebte bzw. beobachtete Situation reagiert wurde.

    • Gibt/gab es sexuelle Belästigung an der HTWG?

      Sexuelle Belästigung ist eine Herausforderung, der sich auch die HTWG stellen muss. Insgesamt haben 25 % der Studienteilnehmer*innen Formen von sexueller Belästigung an der HTWG erlebt, 28 % haben sie beobachtet oder davon gehört.

      Als häufigste Art der Belästigung wurden unangenehme Kommentare mit sexuell aufgeladenem Inhalt genannt, die in der Nähe der betroffenen Person oder in sozialen Medien gemacht wurden. Auch das Gefühl, mit Blicken ausgezogen zu werden, haben Studierende häufig erlebt. Belästigendes Verhalten auf der körperlichen Ebene wurde selten genannt.

    • Wie oft kam es zu Übergriffen?

      Wie häufig eine spezifische Situation vorgekommen ist, lässt sich aus den Daten nicht erschließen. Die HTWG nimmt jedoch jede Erfahrung mit belästigendem Verhalten unabhängig von ihrer Häufigkeit sehr ernst und toleriert keine Form von sexualisierter Diskriminierung und Gewalt.

    • Was berichten Frauen vs Männer?

      Weibliche Teilnehmerinnen berichten überwiegend davon, über ihr Sexualleben ausgefragt zu werden oder unangenehme Kommentare in diese Richtung zu erfahren. Männliche Teilnehmer schildern, dass mit ihnen über sexuelle Inhalte gesprochen werde, ohne dass sie danach gefragt hätten.

    • Wer sind die handelnden Personen?

      Die notwendige Sensibilisierung und Schulung zum Thema sexualisierte Diskriminierung und Gewalt betrifft alle Mitglieder der Hochschule unabhängig ihres Geschlechts. Sowohl weibliche, männliche als auch diverse Personen wurden in der Studie als belästigend handelnde Personen genannt. Weibliche Personen benennen zu 89 % Männer als handelnde Personen. Männliche Personen schreiben in 44 % der Fälle belästigendes Verhalten Frauen und in 45 % der Fälle Männern zu. 

      Belästigendes Verhalten findet den Umfrageergebnissen zufolge mehrheitlich zwischen Studierenden statt. Dennoch zeigt sich, dass auch Dozierende und Mitarbeitende zu den handelnden Personen zählen. Das Team Gleich und die Hochschulleitung sind sich dem erhöhten Handlungsbedarf einer Sensibilisierung für das Thema sexuelle Belästigung in diesen Personengruppen bewusst. Maßnahmen sind bereits eingeleitet (Näheres siehe Frage "Was unternimmt die HTWG zum Schutz vor sexueller Belästigung).

    • Sind die handelnden Personen der Hochschule namentlich bekannt?

      Die Umfrage fand anonymisiert statt. Namen wurden demnach nicht erfragt. Im Rahmen der Umfrage ist die Hochschule auf Grund der Datenschutzbestimmung verpflichtet, alle Personenbezüge unmittelbar und dauerhaft zu löschen. Der Umgang mit konkreten Fällen, die dem Team Gleich gemeldet werden, wird in der Antwort auf die Frage "Was passiert, wenn eine handelnde Person beim Team Gleich gemeldet wird" beschrieben.

    • Was passiert, wenn eine handelnde Person beim Team Gleich gemeldet wird?

      Informationen über persönliche und sachliche Verhältnisse behandelt das Team Gleich streng vertraulich. Eine Meldung an die Hochschule erfolgt grundsätzlich nur mit Zustimmung der beschwerdeführenden Person. Jedem vorgebrachten Fall sowie Verdacht auf belästigendes Verhalten, ob im Rahmen der Studie oder dem regulären Beratungsangebot an der Hochschule gemeldet, wird nachgegangen. Das Prüfverfahren erfolgt gemäß der Satzung zum Schutz vor Benachteiligung, sexueller Belästigung, Stalking und Mobbing (Link: /Hochschule Konstanz/Hochschule/Gleichstellung und Diversity/Download/). Unabhängig von der Personengruppe, der die beschuldigte Person zuzuordnen ist, gelten bis zum Abschluss des Prüfprozesses die Unschuldsvermutung und die Geheimhaltungspflicht zum Schutz vor Benachteiligung der beschwerdeführenden sowie der betroffenen Person.

    • Wie betroffen ist die HTWG im deutschlandweiten Durchschnitt?

      Die HTWG nimmt mit der Befragung ihrer Studierenden eine Vorreiterrolle ein. Vergleiche mit anderen Hochschulen sind aufgrund nicht vorhandener Datenlage aktuell nicht möglich. Ziel der HTWG ist es, die Hochschule als sicheren Raum zu stärken. Es gilt Nulltoleranz bei jeglicher Form von sexualisierter Diskriminierung und Gewalt.

    • Was unternimmt die HTWG zum Schutz vor sexueller Belästigung?

      Zur Prävention von sexueller Belästigung sind mehrere Maßnahmen in Vorbereitung:

      • Bis zum Sommer 2024 soll ein Schutzkonzept für die gesamte Hochschule erarbeitet werden
      • Zusätzlich wird für die Hochschule ein Code of Conduct erstellt. Im Studiengang Kommunikationsdesign hat der Prozess im Wintersemester 2023/24 bereits begonnen
      • Verstärkt soll an der Sichtbarkeit des Beratungsangebots durch das Team Gleich gearbeitet werden. Die Studierenden sollen ermutigt werden, belästigendes Verhalten zu melden. Im Januar 2024 fanden deshalb zwei Aktionstage auf dem Campus statt, an denen sich auch die feministische Aktionsgruppe Catcalls of Konstanz beteiligte
      • Es soll ein Tool eingeführt werden, mit dem die Meldung von Fällen noch niedrigschwelliger erfolgen kann
      • Eine Evaluation von sexueller Belästigung an der HTWG soll auf weitere Personengruppen der Hochschule ausgeweitet werden
      • Die Umfrage zu sexueller Belästigung unter den Studierenden soll regelmäßig wiederholt werden, um die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen zu können.

       

    • Ich habe weitere Fragen.

      Mitglieder der Hochschule können sich bei weiteren Fragen zur Umfrage „Sexuelle Belästigung an der HTWG“ an Vera Maier-Tragmann wenden: vmaier@htwg-konstanz.de


      Pressevertreter*innen wenden sich bitte direkt an die Pressestelle: Dr. Janna Heine, presse@htwg-konstanz.de