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Apps für den Lockdown - und danach

23.07.2021

In der Veranstaltung „mobile Anwendungen“ haben Informatik-Student*innen eigene Projekte umgesetzt - von der Idee über den Entwurf und der Programmierung bis zum realen Einsatz. Sie können mächtig stolz sein.

Hand aufs Herz, diese Situation dürfte manchen Mitmenschen bekannt sein: Bei der Suche nach einem richtig guten Film für den Abend geht so viel Zeit bei der Auswahl verloren, dass der Abend schon gar nicht mehr so richtig gut werden kann. Ganz im Eimer ist er, wenn die Suche mehrere Streamingdienste und gefühlt Stunden umfasst. Informatik-Student*innen haben sich des Dilemmas angenommen und für Leidensgenoss*innen eine App programmiert. Diese gibt streamingdienstübergreifend Tipps für die Filmauswahl.

Das ist ein Beispiel für die Apps, die in der Veranstaltung „mobile Anwendungen“ bei Prof. Dr. Ralf Schimkat entstanden sind. Student*innen der Studiengänge Gesundheitsinformatik und Angewandte Informatik haben hier 13 Apps entwickelt und programmiert, die im näheren oder weiteren Sinne einen Corona-Bezug haben. Entstanden sind Anwendungen, die auch über die Pandemie hinaus wertvolle Gesundheitstipps, Unterstützung bei einer nachhaltigen Lebensführung, zur Pflege sozialer Kontakte und Spaß und Unterhaltung bieten. Die Apps sind tatsächlich in Gebrauch, die Student*innen haben sie untereinander bereits weitergegeben - und so sind sie weiterhin im Praxistest.

Konkrete Umsetzung einer App - von der Idee bis zur Nutzung

„Es war schön, das Funkeln in den Augen zu sehen und die Student*innen von ‚meiner App‘ sprechen zu hören“, sagt Prof. Schimkat. Sein Ziel war nicht nur die Vermittlung der Programmierkenntnisse, sondern die konkrete Umsetzung eines Projektes in Zweier- oder Dreierteams – von der Idee bis zur Nutzung. Dazu gehörten im Rahmen eines Rapid Prototyping alle Phasen des klassischen Software Engineerings. Unter anderem sollten die Student*innen immer die Nutzer*innen als Zielgruppe im Blick behalten. So haben sie Personas entworfen, spezifische Nutzer*innen mit eigenen Interessen und Zielen.

Eine App für den Studenten Markus

Da ist zum Beispiel der Philosophie-Student Markus. Markus kocht sehr gerne. Markus lebt umweltbewusst und hält viel von Nachhaltigkeit. Gemüse oder Obst wegwerfen? Das muss dank der App „Gift your locals“ nicht mehr sein, so die Überlegung der Informatik-Student*innen. Dank einer intuitiven Bedienung kann Markus seine Vorräte online stellen und auf diesem Weg verschenken, bevor er zu seinen Eltern fährt.

 

Für Gesundheit und mehr Wohlbefinden: Memento

Wie geht es Dir heute? Die App Memento fragt die Nutzer*innen nach Ihrem Wohlbefinden und ihren bisherigen Aktivitäten. Bildquelle: Tanja Heinrich und Semine Imeri

Eine andere Persona ist ein Student, der im Homeoffice unter Rückenproblemen und Kopfschmerzen leidet und das Gefühl hat, im Homeoffice mit dem PC eins zu werden. Ihm hilft die App „Memento“, den eigenen Gesundheitsstatus zu überwachen und aktiv zu bleiben, erläutert Studentin Tanja Heinrich. „Habe ich genug getrunken, mich bewegt, fühle ich mich gestresst?“, sind zum Beispiel Fragen, auf die die App Antworten liefert. Interaktiv können die Nutzer*innen in den vier Kategorien Ernährung, Bewegung, Schlaf und Trinken ihren Status anklicken. Ein Algorithmus checkt die Daten und zeigt mit Hilfe von Smileys an, was der Student ausreichend für seine Gesundheit getan hat und wo Nachholbedarf besteht.

„Es muss Spaß machen, die App zu nutzen“, war ein Ziel der beiden Gesundheitsinformatik-Studentinnen Semine Imeri und Tanja Heinrich. Dazu haben sie auch Mini-Games eingebaut, zum Beispiel Aufmerksamkeitsspiele, um die Konzentration zur Entspannung auf etwas anderes zu lenken. „Wir hatten jede Menge Spaß, weil wir mit recht wenig Aufwand etwas Großes schaffen konnten“, erinnert sich Tanja Heinrich an die Projektumsetzung. Sie sind überzeugt davon, dass es gerade im Gesundheitswesen noch viele Anwendungsfälle von Apps gibt, in denen man für die Gesundheit der Nutzer*innen viel erreichen und so Behandlungskosten sparen könnte.

Rauskommen aus der eigenen Musik-Blase

Sascha Villing, der im siebten Semester Angewandte Informatik studiert, hat über das Wahlfach das Thema seiner Bachelor-Arbeit gefunden – die Weiterentwicklung der App „Fluttify“, die er gemeinsam mit Sascha Ivan entwickelt hat (Foto oben). Der Name leitet sich aus der Kombination des App-Entwicklungsprogramms „Flutter“ und dem des Musikstreamingdiensts „Spotify“ ab. Die Idee dahinter? Die beiden Studenten fanden frustrierend, aufgrund der Corona-Maßnahmen ihren Musikhorizont nicht erweitern zu können. „Davor lernte man Neues zum Beispiel bei WG-Partys kennen“, erinnert sich Sascha Villing. Nun dümpelten sie in ihrer eigenen Musik-Blase. Aus der wollten sie raus. Also entsprach die Persona, auf die sie die App ausrichteten, eigentlich ihnen selbst.

Austausch mit Playlisten von Freund*innen

Fluttify macht es ihnen möglich, die aktuellen Lieblingslieder von Freund*innen in einer eigenen Playlist zusammenzuführen. Sie wird automatisiert aktualisiert, so dass Spotify-Hörer*innen über die Entdeckungen ihrer Freund*innen auf dem Laufenden bleiben können. „Design und Aufbau der App waren eine Herausforderung“, sagt Sascha Villing. Die Nutzerorientierung und das Ziel einer intuitiven Bedienung sei für sie als Studenten der „angewandten Informatik“ bisher weniger im Vordergrund gestanden, erläutert Sascha Ivan. Deshalb hätten sie etwas mehr Austausch mit Kommiliton*innen während der Veranstaltung begrüßt, was in der Online-Veranstaltung nur eingeschränkt möglich war. Abgesehen davon war es für sie kein Problem, das gesamte Projekt von der Ideeentwicklung bis zur Fertigstellung in online-Teamarbeit zu stemmen. „Wir sind Informatiker. Wir sind gewohnt online zu arbeiten“, lacht Sascha Villing.
Ziel ist, die App im Google- bzw. App-Store zur Verfügung zu stellen. Bis dahin sind noch datenschutzrechtliche Fragen zu klären. Aber schon jetzt haben sie Fluttify täglich im Gebrauch. Die beiden Entwickler freuen sich sehr, dass die App nun auch bei ersten Treffen mit Freunden ihre Anwendungstauglichkeit zeigte. Denn sie hat noch einen Vorteil: Über die Synchronisierung der Playlisten kann Fluttify genau die Musikauswahl treffen, die allen gefällt.