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Endlich wieder Theater in Präsenz

13.06.2022

„Kusslos“ heißt das neue Stück des Theaters der Hochschule. Am 21. Juni feiert es Premiere. Dann wird der Rosengarten der Musikschule Konstanz zum Inselstaat Atlantika.

„Dieses Pack von Geküssten verabscheut mich!“ Mit gepresster Stimme stößt Herr Orca die Worte aus, während er mit gebeugtem Körper auf dem Boden nach etwas sucht. „Das sind Worttiere, lass die hören. Versuch’s mal anders, mit mehr Spannung“, ruft Anna Hertz auf die improvisierte Bühne Herrn Orca zu. Also nochmal: „Dieses Pack von Geküssten verabscheut mich!“, zischt Orca nun mit Energie seiner Tochter Sirene entgegen. Nun ahnt man den Hass nach all den Verletzungen, die Orca erlebt hat und erleben muss. Er gehört zu den Kusslosen, den Ausgegrenzten, den Fehlerhaften, die getreten und verlacht werden in diesem Inselstaat Atlantika, von dem das nächste Stück des Theaters der Hochschule erzählt.

 

Die Proben laufen auf Hochtouren. Während Anna Hertz, Theaterpädagogin an der HTWG, mit einigen Studierenden die Szene mit Herrn Orca und seiner Tochter probt, schreibt eine Gruppe Studierender eine andere Szene um - mal wegen der Einfälle dazu kichernd, mal leidenschaftlich darüber diskutierend, welche Worte wohl die meiste Aussagekraft haben.

Draußen herrscht Badewetter. Drinnen kauern die Studierenden auf Treppenstufen über ihren Laptop gebeugt. Ein „Dramateam“ hat den Text vor Start der Proben geschrieben. Sie wollen ihn noch ein bisschen besser machen.

Das Thema des Stücks geht auf „Der Kaufmann von Venedig“ von Shakespeare zurück. Die Welt hat sich seit der Entstehung im 16. Jahrhundert stark verändert. Das Thema Ausgrenzung und Abwertung von Mitmenschen ist jedoch immer noch aktuell. „Es ist cool, eine eigene Adaption eines Shakespeare-Stücks machen zu können“, erzählt Hadi Ghorbanian. Denn, ehrlich gesagt, so toll finden der Informatikstudent und sein Kommilitone Sebastian Manz Shakespeare im Original gar nicht. Aber das Thema, das die Studierenden nun noch stärker herausgearbeitet haben, treibt sie sehr wohl um: das Ausgrenzen von Mitmenschen, das Verurteilen, das Menschen-in-Schubladen-stecken.

Hochschultheater: Kompetenzen neben dem Fachstudium

Die beiden Studenten sind „alte Hasen“ im Theater der Hochschule. Hadi Ghorbanian stand bereits vor der Pandemie in vier Stücken auf der Bühne. Nun zum fünften Mal. „Und diesmal darf ich zum ersten Mal so richtig ausrasten“, sagt er mit einem schelmischen Grinsen. Die Informatik-Studenten schätzen es in jedem Semester aufs Neue, neben ihrem Studium etwas ganz anderes zu machen, Kommiltion*innen aus anderen Studiengängen kennenzulernen und sich vom Engagement und der Begeisterung von Anna Hertz mitreißen zu lassen.

Davon haben sich auch zwei Studentinnen aus Taiwan anstecken lassen. Sie sind an die HTWG gekommen, um hier ihren Doppelabschluss in Wirtschaftssprache Deutsch und Tourismusmanagement abzulegen. Enya stand schon in Taiwan auf der Theaterbühne, Bianca Tsai aber noch nie. „Ich wollte eigentlich nur Musik machen, aber Anna hat mich für das Theater begeistert“, erzählt sie. Sie wird also neben all den vielen neuen Erfahrungen in Deutschland auch diese machen: Zum ersten Mal vor Publikum eine fremde Rolle spielen.

Termine und Kartenvorverkauf

„Kusslos“ feiert am 21. Juni Premiere. Weitere Vorstellungstermine sind am 23., 24. und 25. Juni. Alle Vorstellungen beginnen um 20 Uhr open air im Rosengarten im Hof der Musikschule Konstanz, Benediktinerplatz 6 (wettergerechte Kleidung empfiehlt sich, auch bei kleineren Schauern wird draußen gespielt, bei starkem Regen ist ein Umzug in die Musikschule möglich)

Karten können am 13., 14., 15. und 17. Juni zwischen 11 und 14 Uhr in der Mensa der HTWG erworben werden (7€ ermäßigt, 10€ normal) sowie an der Abendkasse (9€ ermäßigt, 12 € normal)
Ticketreservierung ist möglich unter theater@htwg-konstanz.de Reservierte Tickets müssen am Veranstaltungstag bis 19:30 Uhr abgeholt werden, später gehen sie wieder in den freien Verkauf.
Vor dem Stück und in der Pause werden im Rosengarten gekühlte Getränke verkauft.

Doch nicht alle der rund 40 Studierenden, die bei der Produktion mitwirken, werden für das Publikum sichtbar sein. Zum ersten Mal hat Anna Hertz im Studium generale auch „Veranstaltungstechnik“ angeboten. Ton- und Lichttechnik, der Bühnenaufbau und vieles mehr muss für einen gelungenen Theaterabend funktionieren. Das ist umso herausfordernder, da „Kusslos“ nicht auf dem Campus der HTWG zu sehen sein wird, sondern im Rosengarten der Musikschule Konstanz.

Kooperaton mit Musikschule bietet noch mehr Optionen

„Da es ja schon lange ein gute Zusammenarbeit mit der Philharmonie Konstanz gibt und die Musikschule Konstanz seit kurzem mit dazu gehört, interessierte uns das. Schließlich ist die Musikschule auch eine Stätte des Lernens, wie die HTWG, nur mit einem anderen Schwerpunkt. Und da wir Musik mit einbinden wollten, war das natürlich eine perfekte Kombination. So konnten wir einen Pianisten der Musikschule mit einbinden, was uns sehr freut. Für die Zukunft stellen wir uns aber noch ein größeres Ineinandergreifen vor, dieses Projekt ist mal ein erster Anfang“, erzählt Anna Hertz. Ihr ist wichtig, die Produktionen der Hochschule und damit auch die HTWG in der Stadt sichtbar zu machen. Und schließlich gibt es Atlantis überall.

Darum geht es in „Kusslos“

Im Inselstaat Atlantika herrscht ein striktes Wertesystem, in dem "Geküsste" sich von "Kusslosen" unterscheiden. Die Geküssten, sind privilegiert, die Kusslosen können es hier kaum weiter als zu Dienenden der Oberschicht bringen.
Nur der Kusslose, Herr Orca, hat sich durch die Tätigkeit als Geldverleiher eine besondere Stellung in Atlantika erarbeitet, die für ihn und seine Familie in der Vergangenheit viele Opfer gekostet hat. Durch eine "glückliche" Fügung, bekommt er die Gelegenheit, sich für alle Ungerechtigkeiten zu rächen, die ihm und Seinesgleichen in Atlantika widerfahren sind, und er spielt ein gefährliches Spiel mit dem geküssten Geschäftsmann Herrn Stör.

Herr Stör ist wohlhabend, aber unglücklich verliebt in seinen jungen Freund Scampi. Dieser wiederum liebt Delfin von Pazifika, die hohe Ansprüche an einen Mann und die Liebe stellt. Sie hat sich ein kompliziertes Auswahlverfahren ausgedacht, um "den Richtigen" zu finden. Er muss nicht nur wohlhabend sein, sondern auch intelligent und humorvoll. Ob Scampi der Mann ihrer Träume ist?
Scampi bittet Herrn Stör, ihm Geld zu leihen, damit er als Bewerber für Delfin in Frage kommen kann. Da sich dessen Güter jedoch zur Zeit auf hoher See befinden, wird auch Herr Stör sich Geld leihen müssen. Und da kommt Herr Orca ins Spiel ...
Darüber hinaus entspinnt sich eine Geschichte, die von der kusslosen Tochter Orcas erzählt, die den geküssten Nautilus liebt, von der alternativen Band "Algengrütze“, von merkwürdigen Prinzen und dem Babysitter Boje, der mit allem überhaupt nicht einverstanden ist.