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HTWG-Student*innen machen in fünf Konstanzer Unternehmen CO2-Inventur

05.03.2021

Praxisorientierte Lehre an der HTWG: Eine Gruppe von Student*innen der Hochschule unterstützt fünf Konstanzer Unternehmen dabei, eine positive Wirkung auf das Klima zu bekommen. Wie das funktionieren kann und welche Faktoren bei der Klimabilanz besonders ins Gewicht fallen, erzählen wir hier.

Klimapositiv werden? Ja, gerne! Aber wie? Diese Frage stellen sich immer mehr Unternehmen – auch in Konstanz. Ein Stapel Umweltpapier hier und ein vegetarisches Angebot pro Tag in der Kantine da reichen nicht aus.

Klima-Inventur: Wo entsteht am meisten CO2?

Welche Aktivitäten eines Unternehmens am meisten CO2 verursachen und die besten Angriffspunkte für eine Strategie hin zur Klimapositivität bieten, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich und oftmals gar nicht auf den ersten Blick zu erkennen.

Eine Gruppe von Student*innen aus dem Studiengang Umwelttechnik und Ressourcenmanagement hat sich unter der Leitung von Dr. Maike Sippel, Professorin für Nachhaltige Ökonomie, während des Wintersemesters mit genau diesem Thema beschäftigt – am lebenden Objekt sozusagen.  

Sie haben die CO2-Bilanzen von fünf Konstanzer Unternehmen aufgestellt und Strategien entwickelt, mit deren Hilfe die Firmen zeitnah klimapositiv werden könnten. Während der vergangenen Monate analysierten sie, in welchen Bereichen die Softwareunternehmen combit und SEITENBAU, das Forschungszentrum für Solarenergie ISC Konstanz, das VOGLHAUS CAFÉ UND KAUFHAUS und die Gastronomie der Insel Mainau bisher am meisten CO2 produzieren und wie sie den Ausstoß des Klimagases am effektivsten senken können.

Geschäftsreisen, Stromverbrauch, Heizung – die Liste der CO2-Produzenten ist lang

In einer Abschlussveranstaltung Ende Januar stellten sie den Unternehmen ihre Ergebnisse vor. In ihre Bilanzen flossen direkte und indirekte Emissionen der Unternehmen selbst ein wie zum Beispiel diejenigen, die sie durch Strom- und Wärmeverbrauch oder den Einsatz von Kühlmitteln verursachen.

Sie analysierten aber auch sogenannte vor- und nachgelagerte Aktivitäten wie Geschäftsreisen, die Anfahrt der Mitarbeiter*innen oder die Klimawirkung der verkauften Produkte. Einer der Hauptverursacher von CO2, den die Student*innen sowohl bei combit und SEITENBAU als auch beim ISC Konstanz identifizieren konnten, war die Mobilität.

Fuhrparks, Anfahrtswege der Mitarbeiter*innen und Geschäftsreisen fielen bei der Bilanzierung besonders stark ins Gewicht. Die vorgeschlagenen Gegenmaßnahmen: Mehr E-Fahrzeuge statt Verbrenner, mehr Bahnfahrten statt Flüge, mehr Videokonferenzen statt Vor-Ort-Geschäftstermine.

Die Unternehmen äußerten sich optimistisch zu den Vorschlägen. „Bei der Reduzierung von Geschäftsreisen hat uns Corona bereits einen Schub gegeben. Wir haben mittlerweile viel mehr Kunden, die Online-Termine als zeit- und kostensparende Alternative zu Vor-Ort-Terminen schätzen“, sagte combit-Gründer Peter Magulski. Ähnliches lässt sich bei SEITENBAU beobachten, wo zudem bei den firmeneigenen Geschäftswagen auf E-Mobilität umgestellt wurde.

Fleisch, Pommes und Kuhmilch gehören zu den größten Klimasündern in der Gastronomie

In der Gastronomie der Insel Mainau haben vor allem Fleisch- und stark verarbeitete Gerichte wie Pommes Frites große Auswirkungen auf das Klima. Im VOGLHAUS CAFÉ UND KAUFHAUS, dessen Gastronomieangebot bereits zu 98% auf pflanzlichen Lebensmitteln basiert, treibt vor allem die noch verbleibende Kuhmilch im Kaffee den CO2-Ausstoß in die Höhe.

Beide Unternehmen wollen als Maßnahmen unter anderem auf die Sensibilisierung ihrer Kund*innen setzen. Martina Vogl kann sich vorstellen, den durch die Klimawirkung der Kuhmilch entstehenden gesellschaftlichen Schaden zukünftig in den Preis eines Kuhmilch-Kaffees mit einzupreisen – das wären etwa zehn Cent Aufpreis beim Kaffee mit Kuhmilch, mit dem Kompensationsprojekte unterstützt werden sollen. Daniel Ette, Leiter Nachhaltigkeit und Energie der Mainau GmbH, will Besucher*innen zum Beispiel in Speisekarten auf vegetarische Alternativen zu Fleischgerichten aufmerksam machen.

Einsparungen reichen nicht: Die Unternehmen müssen ihre CO2-Emmissionen kompensieren      

Allein durch Einsparungen kann aber kein Unternehmen eine positive Wirkung auf das Klima erlangen. Um klimapositive Prognosen zu erstellen, bezogen die Student*innen der HTWG deshalb zusätzliche Maßnahmen ein. Abhängig von ihren nach Ausschöpfung der Einsparpotenziale verbleibenden Emissionen investieren die Unternehmen dazu in den Klimaschutz. Sie beteiligen sich zum Beispiel finanziell an Anlagen für erneuerbare Energien, die mehr Energie liefern, als das Unternehmen braucht oder unterstützen Ausgleichsmaßnahmen wie die Wiedervernässung von Mooren oder Projekte für Klimagerechtigkeit in Entwicklungsländern. Weitergehende Beratung bietet die Energieagentur Konstanz an. Sie unterstützt Unternehmen bei der Entwicklung von individuell auf sie zugeschnittenen Klimastrategien.

„Das Projekt war ein voller Erfolg. Beim Klimaschutz geht es jetzt um eine Steigerung der Geschwindigkeit und ein höheres Ambitionsniveau. Die Student*innen konnten hierzu mit ihrer Arbeit bei den Praxispartnern einen echten Impuls setzen. Davon profitieren die Student*innen, die Unternehmen und schließlich die Gesellschaft insgesamt“, resümiert Prof. Dr. Maike Sippel.

Titelbild: Student*innen der HTWG helfen im Rahmen ihres Studiums dabei, Konstanz ein Stück umweltfreundlicher zu machen (Symbolfoto: xikketa / Pixabay).