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Orientierung für die Lehre

15.12.2022

„Freude am Lernen, um Chancen zu eröffnen.“ So lautet der Kernsatz des neuen Leitbilds Lehre der HTWG. Was das konkret bedeutet? Zur Ausgestaltung der Antwort sind alle Hochschulangehörigen eingeladen.

„Ha“, mag sich manche*r denken. „Hat sich doch prompt in den Leitsatz des Leitbilds Lehre ein Fehler eingeschlichen!“ Sollte im Zentrum nicht das „Lehren“ an Stelle von „Lernen“ stehen?
„Nein“, sagen diejenigen, die sich in den mehrmonatigen Prozess zur Entwicklung des Leitbilds eingebracht haben mit Nachdruck. Und das waren viele. Mehr als 100 Teilnehmer*innen, Lehrende, Studierende und Mitarbeiter*innen der HTWG, hatten sich während des Sommersemesters in fakultätsübergreifenden Workshops mit der Lehre an der HTWG und wie sie sein soll, beschäftigt. Das Ergebnis wurde nun in einer hochschulöffentlichen „Vernissage“ präsentiert - und diskutiert. Denn der Prozess geht weiter. Die Präsentation sei eine „Momentaufnahme“, betonte Prof. Dr. Thomas Birkhölzer, Vizepräsident Lehre, Qualität und digitale Transformation. Auf den Rückblick auf einen Reiseabschnitt mit vielen Eindrücken und Erkenntnissen werden weitere Etappen folgen. „The journey continues – join us“, lautet die Einladung an die Hochschulangehörigen.

Klar wurde aber bereits: Das Lernen steht tatsächlich bewusst im Zentrum des Leitsatzes, schließlich sind alle Hochschulangehörige Lernende, eine „Gemeinschaft derer, die Freude am Lernen hat“. Die gelben Figuren auf dem Campusforum, die den*die nachdenkliche*n Forschende*n darstellen, haben symbolisch eine Ergänzung bekommen: Eine*n enthusiastische*n Lernende*n.

Warum jetzt ein Leitbild Lehre?

Anlass für die Erstellung des Leitbilds war die Frage, wie sich die Lehre an der HTWG angesichts der Megatrends Digitalisierung und Nachhaltigkeit (neu) ausrichten muss. Insbesondere die zurückliegenden „Corona-Semester“ haben die Veränderungen noch stärker sichtbar gemacht: Es werden ganz neue Kompetenzen benötigt - ohne dass man die alten verzichten kann. Die Menge des „zu Wissenden“ wächst exponentiell – und veraltet genauso schnell. Durch Digitalisierung ist fast alles nur einen Klick entfernt – und alles mit allem vernetzt. Angeregt durch diese Veränderungen hat das Präsidium eine Neujustierung der Lehre angeregt. Die neujustierte Lehr- und Lernkultur ist in dem Leitbild Lehre verdichtet zusammengefasst.
Das Leitbild hat eine ‚Ausrichter‘-Funktion, ist also als eine Art Leuchtturm, an den sich alle Hochschulangehörige in ihrem Tun und auch Gremienmitglieder bei lehrrelevanten Entscheidungen ausrichten können.
Für alle, die bei der Vernissage nicht dabei waren bzw. es noch einmal in Ruhe nachlesen wollen, findet sich das Leitbild in einer Präsentation auf einer Übersichtsseite zum Leitbildprozess.

Die Motivation, Begeisterung und Lust für das Lernen, brachten Caroline Schneider und Jens Weber vom Improtheater Konstanz bei der Präsentation des Leitbilds auf die Bühne. Sie griffen die zentralen Aussagen des Leitbilds auf und interpretierten sie witzig, kurios, auch mal albern und nachdenklich.

Worauf die Begeisterung für das Lernen aufgebaut werden kann, markieren sieben inhaltliche Säulen des Leitbilds. Sie sind als Aussagesätze formuliert, sind aber auch als Ziele zu verstehen. Den Weg dahin zu gestalten – dazu sind die Hochschulangehörigen eingeladen.

„Wir gestalten Freiräume und Spielregeln“

Studierende, Lehrende und Mitarbeiter*innen der Hochschule füllten bei der Präsentationsveranstaltung diese Kernaussagen mit Leben, indem sie einen persönlichen Bezug und erste Ausgestaltungsmöglichkeiten darstellten. Sandra Hertlein, Referentin für kompetenzorientiertes Lehren und Lernen, hat beim Blick auf die Hochschule das Bild einer Jazz-Band vor Augen. Sie benötigt lebt von Freiräumen, in denen jede*r einzelne seine Stärken entdecken und einbringen kann, aber auch Spielregeln, um ein qualitativ hochwertiges Ergebnis im Zusammenspiel zu erreichen.

„Wir streben nach Exzellenz“

Prof. Dr. Silke Michaelsen, Senatsbeauftragte für Hochschuldidaktik, stellte beispielhaft Bausteine der Säule „Wir streben nach Exzellenz“ vor: Dazu zählen zum einen methodische und inhaltliche Exzellenz, aber auch das Heranführen der Studierenden an ein lebenslanges Lernen, die Ermutigung, Herausforderungen anzunehmen und über sich selbst hinauszuwachsen. Auch stehe der Satz für den Auftrag, das eigene Tun immer wieder zu reflektieren und weiterzuentwickeln.

„Wir pflegen unsere Lehr- und Lernkultur“

„Ich erinnere mich noch gut, als ich zu meinem Start an der HTWG Labore und Einrichtungen gezeigt bekommen habe. Das Leuchten in den Augen dort hat mich sehr beeindruckt“, erinnerte sich Ansgar Schäfer, Mitarbeiter des Referats Lehre, Qualität und Digitalisierung. Wie die Säule „Wir pflegen unsere Lehr- und Lernkultur“ ausgestaltet werden kann, welche Rolle neben der genannten Begeisterung zum Beispiel Neugier, Verbindlichkeit, Augenhöhe spielen, konnten die Gäste der Vernissage – wie zu allen anderen Kernaussagen – im Anschluss nicht nur bewerten, sondern weiterentwickeln. In lebhaften Gesprächen wurden Beispiele dafür aufgezeigt, wo die Inhalte schon jetzt gelebt werden, aber auch Ideen entwickelt, was noch nötig ist, um sie weiter mit noch mehr Leben zu füllen.

Wie geht es mit dem Leitbildprozess weiter?

Studierende, Lehrende und Mitarbeiter*innen sind eingeladen, Kommentare, Vorschläge und Anregungen einzubringen. Möglichkeiten dazu wird es bei verschiedenen Veranstaltungsformaten geben. Rückmeldungen sind auch jederzeit unter leitbild@htwg-konstanz.de willkommen. Marie-Pierre Locher, Referentin Mediendidaktik im Projekt digitALL, lädt dazu ausdrücklich alle Statusgruppen ein: „Man hat nicht keine Meinung zu Lehre“, ist Marie-Pierre Locher überzeugt.

„Bei uns stehen die Studierenden im Mittelpunkt“

Was bedingt zum Beispiel die Aussage „Bei uns stehen Studierende im Mittelpunkt“? Eine noch stärkere Harmonisierung des Stundenplans? Wie sieht es mit der Feedbackkultur aus? Wo können Future Skills noch besser vermittelt werden? Was bedeutet der Satz für mich in meiner Rolle? Sollte ich mich vielleicht auch als Coach und Mentor für die Persönlichkeitsentwicklung sehen? Das waren Fragen, die Dr. Sabine Allweier, Referentin für E-Learning mit den Gästen diskutierte.

„Wir schaffen einladende Räume“

Antworten auf sämtliche Fragen zur Umsetzung können sich mit der Verflechtung weiterer Kernsätze des Leitbilds ergeben, so zu den Themen Verantwortung, Vernetzung und Interdisziplinarität und auch dem Schaffen geeigneter Räume. Mihai Ganea, Leiter des Projekts DigitALL zeigte auf, dass ganz konkret die Ausstattung von Räumen mit moderner Infrastruktur eine Voraussetzung ist, betonte aber auch den übertragenen Sinn: „Nur wenn die Atmosphäre stimmt, ist gutes Lernen und Lehren möglich“.

„Wir übernehmen Verantwortung“

Auf den Aspekt „Verantworung“ im Leitbild ging Studentin Ilayda Tokoglu ein. „Veränderung fängt mit uns an“, betonte sie – bezogen auf jede*n einzelne*n Hochschulangehörigen. So sei jede*r aufgerufen, Verantwortung für sich selber und für andere zu übernehmen, aber auch die Auswirkungen eigenen Handelns auf die Welt zu überprüfen.

„Wir vernetzen uns und arbeiten interdisziplinär“

Sahin Karakoc stellte aus studentischer Sicht den Wunsch nach Vernetzung und interdisziplinärem Arbeiten vor. „Unsere Welt ist komplex. Im Studium müssen uns Kompetenzen beigebracht werden, damit umzugehen“, so eine seiner Schlussfolgerungen. Für das Gelingen ist Austausch und Offenheit nötig.
Zustimmung und herzliche Lacher provozierten die Impro-Theaterschauspieler zum Thema Interdisizplinarität mit einem – natürlich improvisierten – Gedicht, in dem die taiwanesische Poetin Wu (Caroline Schneider) Einwürfe aus dem Publikum verarbeitete, dessen Inhalte Jens Weber spontan übersetzte. „Was ist Maschinenbau?“, fragte sie, „ohne Elektrotechnik und die angrenzenden Wissenschaften?“ Der Schlusssatz trotz Improvisation ganz im Sinne des Leitbilds: „Zusammen sind sie unschlagbar. Jawoll.“

„Lernen“ im Leitbild Lehre der HTWG

„Wir als HTWG Konstanz sehen unsere Aufgabe und Rolle als Ort, Organisation und Gemeinschaft, an dem und in der Freude am Lernen und die dafür notwendigen Voraussetzungen vermittelt und gelebt werden.
Fähigkeit und Freude am Lernen und an Weiterentwicklung ist eine zentrale Voraussetzung, um in einer Zukunft, die durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit (VUCA) geprägt sein wird, Chancen ergreifen und nutzen, eigene Lebenswege finden und Beiträge zur Gesellschaft leisten zu können.
Wir verstehen den Begriff Lernen dabei sehr breit: “Lernen” von Wissen und Kompetenzen im Rahmen des Studiums, “Lernen” von neuen Einsichten und Erkenntnissen im Rahmen der Forschung, “Lernen” von neuen Anwendungen im Rahmen des Transfers, “Lernen” der Mitarbeitenden und der Organisation im Sinne von kontinuierlichen Verbesserungen, “Lernen” von uns allen im Rahmen unserer Persönlichkeitsentwicklung.
In diesem breiten Verständnis sind wir alle - Studierende, Lehrende, Forschende, Mitarbeitende - eine Gemeinschaft derer, die Freude am Lernen hat und haben kann, Freude auch an dieser Stelle sehr breit verstanden als Engagement, Begeisterung, Motivation und Selbstverpflichtung.
Um Freude am Lernen zu vermitteln und zu leben, etablieren wir eine wertschätzende Lehr- und Lernkultur, verpflichten uns zu Verantwortung, stellen die Studierenden in den Mittelpunkt, streben nach Exzellenz, Interdisziplinarität und Vernetzung, beachten Freiräume und Spielregeln und wünschen uns die Hochschule als inspirierenden Lern- und Lebensort.
In einer sich ständig verändernden Welt ist die Hochschule Konstanz ein Ort, an dem Lernen und Freude daran vermittelt und gelebt werden."