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Starker Auftritt

26.09.2019

Im Studium eigene wissenschaftliche Erkenntnisse auf einer renommierten Fachkonferenz vorstellen? Wieso nicht! Studenten des Masterstudiengangs Elektrische Systeme brennen für ihr Thema und präsentiereen es vor internationalem Publikum.

Die „Fusion“ ist mit rund 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmern die größte internationale Fachkonferenz zum Thema Informations- und Datenfusion. In diesem Jahr trafen sich die Expertinnen und Experten in der kanadischen Hauptstadt Ottawa. Mit dabei waren Tim Baur und Patrick Hoher – beide Studierende im Masterstudiengang Elektrische Systeme (EIM). Tim Baur stellte vor Fachpublikum aus Wissenschaft und Wirtschaft die Ergebnisse seiner Masterarbeit mit dem Titel „Tracking of Spline Modeled Extended Targets Using a Gaussian Mixture PHD Filter“ vor.

Bedeutende 20 Minuten

Eine Viertelstunde hatte er hierfür Zeit zuzüglich fünf Minuten Diskussion. 20 Minuten also, auf die er sich gründlich vorbereitet hat. Mindestens zwei Probedurchgänge hatte er noch in Konstanz vor den kritischen Augen und Ohren von Kommilitonen und Mitarbeitern des Instituts für Systemdynamik (ISD) durchgespielt. Mit dabei natürlich auch Prof. Dr. Johannes Reuter. Er ist Studiendekan des Masterstudiengangs Elektrische Systeme und einer der beiden Direktoren des ISD. Für ihn ist die Verzahnung der Lehre in den Bachelor- und Masterstudiengängen der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik mit den Forschungsaktivitäten von zentraler Bedeutung. „Immer wieder ermöglicht diese Interaktion, dass die wissenschaftlichen Resultate von Abschlussarbeiten bereits eine so hohe Qualität erreichen, dass zentrale Ergebnisse auf hoch gerankten internationalen Fachkonferenzen veröffentlicht werden können“, sagt der Professor für Regelungstechnik. Die Sensordatenfusion und -verarbeitung für autonome Systeme ist eines der zentralen Forschungsthemen der Arbeitsgruppe Regelungstechnik am ISD.

Forschungsgebiet ist hochaktuell

In der Vorlesung Multi Sensor Data Fusion kamen die Kommilitonen Tim Baur, Julian Böhler und Patrick Hoher zum ersten Mal vertieft mit dem Themenbereich in Kontakt. In der Vorlesung wird die Datenverarbeitung im Kontext der Filterung, Zustandsschätzung und Datenzuordnung behandelt - und das fesselte sie nachhaltig. Schließlich ist das Forschungsgebiet hochaktuell, liefert es doch Erkenntnisse, die für die Ermöglichung autonomen Fahrens – egal ob auf der Straße oder beispielsweise auch auf dem Wasser – von enormer Bedeutung sind. „Um bei diesem Thema am Ball zu bleiben, muss man sich wirklich in die aktuellen Paper und Fachbücher einarbeiten.“, sagt Julian Böhler. Dabei ist ihm die Freude daran, sich in ein Thema zu vertiefen, neues zu entdecken und weiterzubohren, anzusehen.

Beim Masterprojekt mit Forschervirus infiziert

Den Spaß an der Forschung haben die drei Studenten im Masterprojekt entdeckt. Tim Baur hat es gemeinsam mit Julian Böhler und Dimitri Schönmeier bearbeitet. Das war für ihn die Initialzündung, sich weiterhin mit dem Thema Datenfusion, speziell dem Thema Objektverfolgung (Object Tracking) und Zustandsschätzung, zu beschäftigen. Im Masterprojekt ging es darum, einen Algorithmus aus einem Forschungspaper zu implementieren und zu testen. Dieser verarbeitet die Messdaten von Sensorik und schätzt daraus die Anzahl und den Zustand der realen sich bewegenden Objekte in der Umgebung, wobei Falschmessungen herausgefiltert werden und pro Objekt maximal eine Messung angenommen wird.

Forschungsgegenstand Object Tracking

In seiner Masterarbeit hat Baur auf das Thema des Masterprojekts aufgebaut, indem er ein aktuelles Forschungspaper von 2018 erweitert hat. Ging es im Masterprojekt noch darum, die Objekterkennung mit je einer Messung pro Objekt durchzuführen, übertrug er das Messmodell des Forschungspapers, welches mehrere Messungen pro Objekt verarbeiten kann, auf den Algorithmus des Masterprojekts. Dadurch wurde das Verfolgen von mehreren rechteckigen Objekten, die mehrere Messungen generieren, ermöglicht. Prof. Johannes Reuter ermutigte ihn, seine Ergebnisse als Paper für die Fusion einzureichen – und es wurde angenommen. Ein besonderer Moment war es für Baur, die Forscher vor Ort zu treffen, deren Paper seiner Forschungsaufgabe zugrunde lagen.

Tipps für Nachwuchswissenschaftler

Was hilft, im Masterstudium eine möglichst hohe Forschungstiefe zu erreichen? Die drei EIM-Studenten empfehlen:

•    Wählt bewusst ein Wahlpflichtfach in dem Themenbereich, der Euch am meisten interessiert.
•    Sucht Euch eine Professorin bzw. einen Professor, deren oder dessen Forschungsbereich sich mit Euren Interessen deckt.
•    Nutzt das Masterprojekt als gute Vorbereitung auf die Masterarbeit.
•    Wählt für das Masterprojekt bereits ein Thema, das Ihr in der Masterarbeit weiter vertiefen könnt und wollt.
•    Und nutzt die Chance, Eure Ergebnisse vor Fachpublikum zu präsentieren.

Bachelor an der DHBW, Master an der HTWG

Auch Julian Böhler war seit dem Masterprojekt von dem Thema der mehrfachen Objektverfolgung angefressen. Während seines Bachelorstudiums an der DHBW in Friedrichshafen hätte er noch nicht erwartet, dass ihn das Forschervirus infizieren könnte. In seiner Masterarbeit beschäftigte er sich ebenfalls mit dem Tracking von mehreren ausgedehnten Objekten. Allerdings lag der Schwerpunkt der Arbeit auf Methoden zur Partitionierung von Sensormessdaten. Er erweiterte einen Tracking-Algorithmus für die Verfolgung elliptischer Objekte mit einer auf Stochastik basierenden Partitionierungsmethode. Dadurch entstand ein noch leistungsfähigerer und präziserer Algorithmus, der auch als Paper für das Symposium „Sensor Data Fusion“ in Bonn eingereicht wurde. Wird das Paper angenommen, so können die Ergebnisse seiner Masterarbeit mit dem Thema „A Gaussian inverse Wishart PHD Filter using Stochastic Partitioning for Multiple Extended Object Tracking“ im Oktober auf der Konferenz vorgestellt werden.

Diskussion mit Experten auf Augenhöhe

Auch Patrick Hoher, der schon bei der Konferenz in Ottawa dabei war und dies als nochmaligen Motivationsschub erlebt hat, ist seit seinem Masterprojekt angefixt. Zusammen mit Rania El Mdaoui hat er einen Algorithmus zur Ausdehnungsschätzung aus einem Forschungspaper nachimplementiert und für nichtlineare Systeme erweitert. Er schreibt wegen eines Auslandssemesters in Südkorea etwas später als seine Kommilitonen an seiner Masterarbeit und will seine Ergebnisse dann auch als Paper einreichen. Er arbeitet an einem Filter der detektierten Objekten sogenannte Label zuweist, was eine eindeutige Identifizierung der Objekte während des Trackings ermöglicht.

Alle drei Nachwuchsforscher sind mittlerweile wissenschaftliche Mitarbeiter im ISD und arbeiten an ihren Forschungsthemen Umfelderkennung, Klassifikation und Tracking für autonome Systeme im maritimen und automotive Umfeld weiter. Sie freuen sich, im Masterstudium eine neue Qualität des Lernens und Vertiefens in ein Thema erfahren konnten. „Man kommt auf einen ganz anderen Wissensstand und es macht Spaß, mit Experten auf Augenhöhe zu diskutieren“, sagt Tim Baur.

Promovieren an der HTWG

Über Kooperationen mit Professorinnen bzw. Fakultäten an Universitäten besteht die Möglichkeit, eine Promotion an der HTWG durchzuführen. Denn als Hochschule für Angewandte Wissenschaft  (HAW) hat sie selbst kein Promotionsrecht inne. Promovieren an der HTWG bedeutet, mit hohem wissenschaftlichen Anspruch und zugleich anwendungsorientiert zu forschen.
Mit dem Kooperativen Promotionskolleg bietet die Hochschule im Rahmen des dritten Bildungszyklus die Möglichkeit, neben der Arbeit am eigenen Promotionsprojekt diese regelmäßig in einem Kreis von Kollegiaten zu präsentieren und an einem weiter qualifizierenden Lehrprogramm teilzunehmen.

Weitere Informationen auf den Seiten des Kooperativen Promotionskollegs

 

Titelbild: Pixabay / jarmoluk