Zurück zur Übersicht

Zwischen Präsenz- und E-Learning: Student*innen entwickeln Ideen für die Klinik der Zukunft

15.08.2022

Selbstständiges Lernen mit hybriden Mentoring-Sessions am Beispiel realer Herausforderungen eines Unternehmens – das alles bietet die „Innovation Challenge“ von Kilometer 1 im Rahmen der Vorlesung „Strategic Innovation“ (Prof. Dr. Guido Baltes) Master-Student*innen der HTWG. Im Sommer haben fünf Teilnehmergruppen Lösungen für die Klinik der Zukunft entwickelt.

Der Alltag in einer Klinik ist eine logistische Herausforderung. Patient*innen müssen genauso von A nach B gebracht werden, wie medizinisches Material oder größere Hilfsmittel wie Rollstühle. So auch bei den Kliniken Schmieder in Allensbach bei Konstanz. Das neurologische Fach- und Rehabilitationskrankenhaus war Partner der diesjährigen „Innovation Challenge“ von Kilometer1.

Unterstützung für Gründer*innen: Die Startup-Initiative Kilometer1

Kilometer1 ist die gemeinsame Startup-Initiative der Universität Konstanz und HTWG Konstanz. Ihr Auftrag ist es, den Gründergeist und die Gründerkultur an den beiden Hochschulen zu stärken und Hochschulangehörigen bei der Verwirklichung und Umsetzung ihrer Ideen zu helfen. Die Initiative informiert über die neusten Ereignisse und Veranstaltungen rund um das Thema Gründung und dient als Plattform für Gründer*innen, um sich mit anderen Gründungsinteressierten zu vernetzen. Zudem berät sie Interessierte zu ihrem Gründungsvorhaben, bietet Events und Vorlesungen an den Hochschulen an und unterstützt bei der Beantragung von Fördermitteln wie dem EXIST-Gründerstipendium.

Mehr Informationen über die Startup-Initiative gibt es auf www.kilometer1.de

Die „Innovation Challenge“ vermittelt motivierende praktische Erfahrungen

Die Klinik hatte den Teilnehmer*innen der Vorlesung fünf Fragestellungen aus dem Klinikalltag im Themenbereich „Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen“ zur Lösungsfindung präsentiert. „Die Student*innen beteiligen sich bei der 'Innovation Challenge' an der Unternehmensentwicklung der Partnerunternehmen. So lernen sie, ihr Wissen aus dem Studium praktisch anzuwenden und erfahren dabei große Wertschätzung“, sagt Isabella Fitzky, Kilometer1-Mitarbeiterin und Organisatorin der Veranstaltung im Sommersemester 2022.

„Wir arbeiten bei der Innovation Challenge mit Unternehmen aus der Region, die ungewöhnliche Ideen und alternative Herangehensweisen suchen. Die Veranstaltung führt dazu gezielt die Fragestellung des Unternehmens mit dem kreativen Potenzial der Student*innen zusammen. Daraus entstehen mit überschaubarem Aufwand für das Unternehmen oft wertvolle und innovative Lösungsansätze für die Praxis. Solche niederschwelligen Angebote für den Wissenstransfer in die Praxis sind uns im Institut für Strategische Innovation und Technologiemanagement (IST) ein besonderes Anliegen“, ergänzt Prof. Guido Baltes, Wissenschaftlicher Direktor des IST und Dozent der Innovation Challenge. Entsprechend motivierend ist in der Regel das Feedback, das die Student*innen für ihre Arbeit bekommen. Die besten Lösungen erhalten zusätzlich Preise.

Das Format der „Innovation Challenge“

Die Innovation Challenge ist ein Innovations-Wettbewerb, bei dem eine definierte Fragestellung eines Unternehmens gelöst werden muss. Dabei entwickeln interdisziplinäre Teams aus Master-Student*innen, zusammen mit Vertreter*innen eines Unternehmens, in einem Zeitraum von sechs bis acht Wochen Lösungen für reale Herausforderungen. Die besten Ideen werden durch eine Jury bewertet und mit Preisen ausgezeichnet.

Mehr Informationen über die "Innovation Challenge" gibt es auf www.kilometer1.de

Zudem lernen die Student*innen bei der Veranstaltung häufig neue Branchen kennen, in denen sie ihr Wissen aus dem Studium einsetzen können. „Eine Klinik ist nicht unbedingt ein typischer Arbeitgeber für beispielweise Maschinenbauer*innen“, sagt Isabella Fitzky. Ein Team aus Student*innen der Fakultät Maschinenbau machte den Kliniken Schmieder in diesem Semester aber einen so praktikablen Lösungsvorschlag für ihre logistischen Herausforderungen, dass der Projektpartner sich direkt darangemacht hat, ihn weiterzuverfolgen.

Der Vorschlag der Student*innen: Sie übertrugen eine Methode, die im Maschinenbau häufig zur Produktionsprozesssteuerung verwendet wird, auf das zu lösende Problem: das Kanban-System. Einzelne Arbeitsschritte werden dabei auf Karten notiert. Die Karten sind unterschiedlichen Spalten auf einer Tafel zugeordnet. Ändert sich der Status eines Arbeitsschrittes, wandert die Karte in eine neue Spalte. So können sich alle Mitarbeitenden zu jedem Zeitpunkt einen Überblick über das Projekt verschaffen.

Effiziente Logistik: Mit Hilfe von Smart Watches wandern Rollstühle in der Klinik von A nach B

Die Student*innen schlugen vor, solche Karten in digitaler Form auch in der Klinik zu verwenden. Wenn das Pflegepersonal in einem Teil der Klinik zum Beispiel Rollstühle benötigt, könnte es eine Karte mit dem Bedarf erstellen, so ihre Idee. Die Karte würde auf einer digitalen Tafel landen. Alle zuständigen Mitarbeitenden könnten dann über Smart Watches über die neue Aufgabe benachrichtigt werden.

Mitarbeitende, die sich in einem Teil der Klinik befinden, wo Rollstühle vorhanden sind und in der entsprechenden Richtung unterwegs sind, könnten sich die Aufgabe bzw. Karte selbst zuweisen, und sie erledigen. Um die Idee umzusetzen, holten sich die Kliniken Unterstützung beim Hackathon „Hack and Harvest“ in der farm in Konstanz.

Biogas und Ersatzteile aus dem 3D-Drucker: Kreislaufwirtschaft in der Klinik der Zukunft

„Häufig hilft die ‚Innovation Challenge‘ Teilnehmer*innen auch, ein Unternehmen zu finden, bei dem sie ihre Masterarbeit schreiben, später arbeiten oder bei der Weiterentwicklung ihrer Ideen als Werkstudent*in mitarbeiten können“, sagt Isabella Fitzky.

Ein anderes Team der „Innovation Challenge“ überzeugte die Auftraggeber*innen ebenfalls. Es setzte sich mit dem Thema Kreislaufwirtschaft auseinander. Denn von Kantinen- über medizinische Abfälle bis hin zu kaputten Geräten und Einrichtungsgegenständen fällt in einer Klinik jede Menge Müll und Schrott an.

Blended Learning: Die Methoden für die Ideenfindung erarbeiten die Student*innen mit Hilfe einer digitalen Plattform

Das Team entwickelte einen Plan für die gemeinschaftliche Nutzung einer Biogasanlage zum Beispiel mit anderen Unternehmen, um Speisereste zu recyceln. Zusätzlich überlegten sie sich, wie die Klinik 3D-Drucker effizient nutzen könnte. Denn häufig müssen Geräte oder Einrichtungsgegenstände wie Leuchten komplett erneuert werden, weil ein kleines Ersatzteil fehlt. Mit Teilen aus dem 3D-Drucker könnten sie dagegen repariert werden. Damit sich die Anschaffung lohnt, muss der Drucker aber ausgelastet sein. Die Lösung der Student*innen: Er könnte zusätzlich Pfandboxen für Essen zum Mitnehmen aus der hauseigenen Kantine drucken.

Natürlich unterstützt die „Innovation Challenge“ die Student*innen auf dem Weg zur innovativen Lösung mit Methodenwissen – und das seit diesem Semester im besonders flexiblen Format. Statt mit Vorträgen arbeiten Prof. Baltes und Kilometer1 mit einer digitalen Lernplattform. In regelmäßigen Abständen erhalten die Teilnehmer*innen dort Materialien wie wissenschaftliche Paper, Texte, Bilder aber auch Videos, mit Hilfe derer sie sich Methoden selbst aneignen können.

Eine 360-Grade-Kamera ermöglicht die Teilnahme an Vorlesungen von zu Hause aus und vor Ort

Ein terminierter Arbeitsauftrag zu jeder Methode gibt der Lehrveranstaltung einen zeitlichen Rahmen, die Student*innen können sich ihre Arbeitszeiten bis zur Abgabe aber frei einteilen. Bei Treffen können die Teilnehmer*innen genauso Fragen stellen, wie in einem Diskussionsforum auf der Lernplattform. Mit Hilfe einer 360-Grad-Kamera inklusive Lautsprecher und Mikrofon können sie zudem sowohl vor Ort als auch von zu Hause aus an Treffen per Videokonferenz teilnehmen.

Die sogenannte „Eule“ nimmt Bild und Ton des ganzen Raumes auf und überträgt sie in die Konferenz, während sie das, was Teilnehmer*innen vor ihrem Computer zu Hause sagen, in den Raum überträgt. So können alle miteinander sprechen, als säßen sie im gleichen Raum. Auf die gleiche Art und Weise finden die Mentoring-Sessions statt, in denen das Partnerunternehmen – im Sommersemester die Kliniken Schmieder – den Teilnehmer*innen wichtige Einblicke in die Unternehmensanforderungen gibt.

„Die Student*innen waren mindestens so begeistert von der neuen Lehrmethode, wie die Kliniken Schmieder von den Lösungsansätzen. Eine rundum gelungene Veranstaltung“, sagt Isabella Fitzky. Auch Simon Flockerzie, Leiter Unternehmensentwicklung der Kliniken Schmieder findet, dass die „Innovation Challenge“ eine „tolle und gelungene Veranstaltung“ ist. „Die Präsentationen, deren Qualität und Inhalt haben mich positiv überrascht. Vor allem freut es mich, dass ich die Ergebnisse direkt in einzelne Projekte einfließen lassen kann“, sagt er über die Kooperation.

Titelbild: Um Blended Learning sowie die Teilnahme vor Ort und von zu Hause aus zu ermöglichen, nutzt Kilometer1 bei der Innovation Challenge moderne Techniken (Foto: Philipp Uricher).