Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten betreffen potenziell 13 Millionen Fahrzeuge. Aber eine Umrüstung wäre möglich, ca. 2.000 € würden betroffene Fahrzeuge „stadttauglich" machen, eine Investition von etwa 26 Mrd. Eur also. Die Frage ist nur, wer soll das zahlen?
Warum nicht die Automobilindustrie, alleine VW hat 2017 einen Rekordgewinn von 11 Mrd. Eur ausgewiesen.
Aber das Schreckgespenst, das in Deutschland etwa 1,8 Mio Arbeitsplätze direkt oder indirekt an der Automobilindustrie hängen, scheint die Politik davon abzuhalten, die Schadensverursacher konsequent in die Pflicht zu nehmen. Doch es wird wenig helfen, die Asche zu bewahren, am High-Tech Standort Deutschland Technologien und Geschäftsmodelle von gestern politisch zu protektionieren.
Im Gegenteil sollte die Politik regulativ die Zeichen deutlich auf Zukunft stellen, die Automobilhersteller so zu ihrem Glück zwingen und Investitionen in Elektromobilität und alternative Mobilitätskonzepte aufnötigen. Dann haben Vorstände auch bessere Argumente gegenüber ihren Shareholdern, mehr in die Zukunft des eigenen Unternehmens zu investieren – und nicht einen Rekordgewinn nach dem anderen auszuweisen.
Ein Blick zurück hilft:
Ende des 19ten Jahrhunderts hingen auch bereits eine Menge Arbeitsplätze an der Mobilitätsindustrie. Alleine 6 Mio Hektar Landwirtschaft wurden betrieben, um die Pferde der innerstädtischen Mobilität in den USA zu ernähren. Pferdeäpfelsammler taten, was der Name nahelegt, und verkauften ihre „Ware" an Kleingärtner. „Crossing Sweepers" reinigten die Straßenübergänge für feine Leute, die am anderen Ende nicht mit schmutzigen Schuhen ankommen wollten. Eine Menge Menschen waren damit beschäftigt, die 1.800 Tonnen Pferdemist aufzunehmen und zu entsorgen, die alleine in New York anfielen.
Und dann kam das Automobil, hat alle diese Jobs überflüssig gemacht. Geht es uns deswegen heute schlechter? Wohl kaum.
Wie sollte die Pferdekutschen-Industrie darauf reagieren? Das hat William C. Durant vorgemacht:
Er hat von 1886 an, mit nur $ 2.000 Startkapital ausgestattet, den größten amerikanischen Pferdekutschenhersteller aufgebaut, Durant-Dort Carriage. Die Zeichen der Zeit erkennend, stieg er dort Anfang des 20ten Jahrhunderts aus und kaufte 1904 den lokalen Automobilhersteller Buick, fünf Jahre später erfolgreichster Automobilhersteller in USA. Und Durant investierte weiter, gründete 1909 General Motors und kaufte Marken wie Cadillac und Oldsmobile. Es war also ein Pferdekutschenhersteller, der das größte Automobilkonglomerat der USA aufgebaut hat.
Wir dagegen feiern gerade die letzte Party auf der Titanic... Die Kapelle spielt, wir haben schick den Smoking an - aber wir wissen, wie die Geschichte ausgehen wird. Deswegen ist es an der Zeit, das einzig Vernünftige zu tun und die Party zu verlassen. Sicher, das Rettungsboot wird nicht annähernd so angenehm sein wie der Ballsaal.
Aber es ist lange an der Zeit, die Zeichen auf Zukunft zu stellen. Auf in die Boote!